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# taz.de -- Hamburgs Fernwärmenetz-Rückkauf: Fetz ums Netz
> Nach dem Beschluss des Hamburger Senats, das Fernwärmenetz
> zurückzukaufen, gibt es heftige Debatten. Die wichtigsten Streitpunkte –
> und wer wo punktet.
Bild: Bürgerschaftsdebatte zum Netz-Rückkauf: Jens Kerstan (l) und Katharina …
Hamburg taz | Eine erhitzte Debatte um Sinn und Unsinn des vom Senat
beschlossenen Rückkaufs des Fernwärmenetzes haben sich die rot-grüne
Landesregierung und die Opposition am Mittwoch im Rathaus geliefert.
Nach einer nüchtern-sachlichen Regierungserklärung von Bürgermeister Peter
Tschentscher (SPD) droschen die Abgeordneten verbal aufeinander ein. Und
konnten an unterschiedlichen Punkten Treffer erzielen.
## Direkte Demokratie
„Wir setzen den Volksentscheid von 2013 ohne Wenn und Aber um“, betont
Tschentscher. Damals entschieden sich die Hamburger für einen schnellen
Rückkauf des Strom-, Gas- und Fernwärmenetzes. Mit dem Rückkauf ist die
Umsetzung des Volksentscheides abgeschlossen, alle drei Netze sind wieder
in Hamburger Hand. Das loben die Umweltverbände in höchsten Tönen. CDU und
FDP lehnen den Netzkauf, wie der Senat ihn beschloss, ab. Sie machten
deutlich, dass sie Volkes Willen nur mit Abstrichen und in ferner Zukunft
realisieren wollen. Klarer Punkt für Rot-Grün.
## Der Preis
Die Achillesverse der Netzübernahme. Ein vom Senat in Auftrag gegebenes
Gutachten kam zu dem Schluss, dass der „objektive“ Wert für das Netz 645
Millionen Euro beträgt, die Stadt muss Vattenfall aber über 950 Millionen
Euro zahlen. Weil die Landeshaushaltsordnung überteuerte Ankäufe verbietet,
gaben die Umwelt- und die Finanzbehörde mit neuen Prämissen
Schnell-Gutachten in Auftrag, die nun zu einem Wert des Netzes zwischen 920
Millionen und 1,3 Milliarden Euro kommen – wobei sich die beiden
Senatsexpertisen zum Teil auch noch widersprechen. „Hier wurden solange
Gutachten beauftragt, bis endlich ein passendes dabei war“, wettert
Oppositionsführer André Trepoll (CDU) und spricht von einem „miserablen
Verhandlungsergebnis des rot-grünen Senats“. Punkt für die Opposition.
## Das Recht
Unklar ist, ob der Deal wegen des hohen Preises rechtlich Bestand hat.
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) hat sogar ein Gutachten zu der Frage
anfertigen lassen, ob dem Senat „Untreue“ vorgeworfen werden und
Senatsmitglieder strafrechtlich belangt werden können. Die Opposition
kündigte zwar noch keine rechtlichen Schritte an, klar aber ist, dass der
Deal rechtlich auf wackligen Füßen steht. Erneuter Punkt für die
Opposition.
## Die Kohlebilanz
„Mit Wedel wird die Laufzeit des dreckigsten Kohlekraftwerks der Republik
verlängert, damit Moorburg, das sauberste Kohlekraftwerk des Landes, nicht
ans Fernwärmenetz angeschlossen werden muss“, bringt Michael Kruse (FDP)
die Kohlebilanz aus Sicht der Opposition auf den Punkt. Tatsächlich geht
die Dreckschleuder Wedel nicht wie geplant 2021, sondern frühestens 2024
vom Netz, weil Fernwärmequellen fehlen. Langfristig setzt Rot-Grün auf
regenerative Fernwärmeerzeugung, doch dafür gibt es noch keinen
detaillierten Plan. Hier punktet keine Seite.
## Rot gegen Grün
Bei der öffentlichen Verkündung des Netzrückkaufs durch Tschentscher und
Dressel durfte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) nicht mitmischen. Er
machte dafür zwei Tage später seine eigene Pressekonferenz. In der
Bürgerschaft hatte hinter den Kulissen bis zuletzt der Streit darum getobt,
ob nach Tschentscher Dressel oder Kerstan für den Senat sprechen darf –
Kerstan gewann. Beim Poker um den Fernwärmenetz-Rückkauf, den die SPD
lieber später vollzogen hätte, und bei der Frage, wer nun den Rückkauf
erfolgreicher für sich reklamiert, sieht nicht nur der CDU-Abgeordnete
Stephan Gamm die Grünen als „klaren Sieger“. Der Punkt geht an die Grünen.
18 Oct 2018
## AUTOREN
Marco Carini
## TAGS
Fernwärme
Rekommunalisierung
Vattenfall
Umweltbehörde Hamburg
Rot-Grün Hamburg
FDP Hamburg
CDU Hamburg
Fernwärme
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Moorburg
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