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# taz.de -- Suchtforscher über E-Sport: „Ein Reinwaschen der Sucht“
> Schleswig-Holsteins Landtag will das Computerspielen unter dem Label
> E-Sport fördern. Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf ist davon nicht
> begeistert.
Bild: Da kommt keiner ins Schwitzen: E-Sportler beim Wettkampf in Hamburg
taz: Herr Rumpf, Computerspielen soll in Schleswig-Holstein offiziell zum
Sport werden. Halten Sie das für eine gute Idee?
Hans-Jürgen Rumpf: E-Sport klingt zwar positiv – wegen des Wortes „Sport“
–, es suggeriert einen gesunden Eindruck, damit darf man aber nicht so
leichtfertig umgehen. Es ist eher ein Reinwaschen von suchtgefährdenden
Aktivitäten. Mittlerweile ist jeder zwölfte Junge oder männliche Erwachsene
zwischen zwölf und 15 Jahren süchtig nach Computerspielen. Das geht aus
einer Forsa-Umfrage hervor.
Sie selbst arbeiten in einer Lübecker Forschungsgruppe zum Thema. Haben die
Politiker Sie nach Ihrer fachlichen Einschätzung gefragt?
Nein. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Jamaika-Koalition schlicht
nicht daran gedacht hat. Dass E-Sport auch süchtig machen kann, sollten sie
berücksichtigen. Deswegen wäre es wünschenswert gewesen, wenn Suchtforscher
gefragt worden wären.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther will das Land mit
einer Akademie für E-Sport für junge Leute attraktiver machen. Schießt er
damit über das Ziel hinaus?
Ja. Weil er dabei die Risiken nicht berücksichtigt. Man kann natürlich aus
wirtschaftlicher Sicht erwägen, eine E-Sport-Akademie zu eröffnen. Aber wir
dürfen den Jugendschutz nicht vernachlässigen. Jugendliche sind in der
Regel ja die Zielgruppe für Computerspiele, zumindest fangen junge Menschen
immer früher mit Computerspielen an. Allerdings ist das kontrollierte
Planen und zielgerichtete Handeln erst im 21. Lebensjahr voll ausgebildet.
Bis zu diesem Alter reift das Gehirn noch und dadurch sind Jugendliche für
Süchte besonders empfänglich. Die Einordnung als Sport trägt dazu bei,
extensives Spielen zu legitimieren und stellt dadurch eine Gefährdung dar.
Die Idee wird damit begründet, dass sich durch eine Akademie mehr
Jugendliche in Sportvereinen engagieren könnten. Halten Sie das Argument
für vorgeschoben?
Ja. Ich denke der Vorschlag, eine E-Sport-Akademie in Schleswig-Holstein zu
eröffnen, entsteht aus wirtschaftlichen Interessen. Und es ist nicht
ausgeschlossen, dass es auch der Wunsch der Spieleindustrie selbst ist,
eine solche Akademie zu gründen. Dass Ministerpräsident Günther den
Standort Schleswig-Holstein attraktiver machen möchte, ist auch
nachvollziehbar. Allerdings darf man die Signalwirkung durch die Einordnung
als Sport nicht unterschätzen. Jugendliche können ermuntert werden, noch
mehr zu spielen, was eine Suchtentwicklung bei gefährdeten Personen
befördern kann.
Kann man den digitalen Wandel, auch im Spielverhalten von Jugendlichen,
einfach so ausklammern?
Ich denke, dass wir bei allen digitalen Angeboten, gerade wenn sie für
Kinder und Jugendliche sind, achtsamer sein müssen. Natürlich bringen sie
nicht nur Vorteile. Es macht keinen Sinn, beispielsweise das Buch durch ein
anderes Gerät zu ersetzen. Eltern sollten auch immer die Gefahren im Auge
behalten, dass solche Spiele oder andere Internetanwendungen mitunter auch
zur Emotionsregulation von Jugendlichen genutzt werden.
Inwiefern?
Das Belohnungssystem in den Spielen ermutigt die Jugendlichen
weiterzuspielen. Und auf einfache und schnelle Weise bekommt man solche
Belohnungen nicht durch andere Freizeitaktivitäten. Man kann es schon mit
der Sucht nach Substanzen wie Drogen, Alkohol oder Tabak vergleichen.
Was fordern Sie von der Politik als Suchtforscher?
Ein großer Fortschritt wäre, die Altersfreigabe bei Computerspielen
hochzuschrauben. Bis jetzt wird die Altersfreigabe nur an der Gewalt und
sexuellen Inhalten gemessen. Die Hersteller der Spiele sollten aber auch
ein Stufensystem entwickeln, wie stark abhängig das Spiel machen kann. Sie
sollten einen Warnhinweis einprogrammieren – nach zwei Stunden Spielzeit.
11 Oct 2018
## AUTOREN
Yasemin Fusco
## TAGS
eSport
Schleswig-Holstein
Computerspiel
Sucht
Digitalisierung
Schwerpunkt Coronavirus
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