Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Dossier des „Antifaschistischen Infoblatts“: Wie der Verfassung…
> Das „AIB“ veröffentlicht ein Dossier über Neonazis und Verfassungsschut…
> Sein Fazit: Die Behörde nützt Neonazis eher, als dass sie ihnen schadet.
Bild: Bezahlten die Unfähigkeit des Verfassungsschutzes mit dem Leben: Gedenke…
Mitte der 90er Jahre [1][prahlt Michael Wobbe in der taz], wie er
Jugendliche angeworben und geschult habe, um eine Neonazi-Gruppe
aufzubauen: „Da entstand langsam eine unabhängige Kameradschaft, die sich
ohne mich nie gegründet hätte.“ Das Pikante an der Geschichte: Wobbe war
V-Mann des niedersächsischen Verfassungsschutzes und sagte, dass sein
Kontaktmann in der Behörde ihn angestachelt habe. Später seien die
Kameradschaftsmitglieder allesamt im Gefängnis gelandet: „Ich habe
gegründet, damit das Amt zuschlagen kann.“
Von solchen Geschichten wimmelt es in [2][einem Dossier, dass das
Antifaschistische Infoblatt] nun veröffentlicht hat. Das Fazit der
Fachzeitung: Der Verfassungsschutz habe als Frühwarnsystem versagt. Mehr
noch: Das System der V-Leute, das der Verfassungsschutz nutzt, war Neonazis
eher dienlich, als dass es ihnen geschadet habe. Der Verfassungsschutz habe
damit sein eigenes erklärtes Ziel untergraben. Mehrere Beiträge des
Dossiers fordern wohl deshalb: Den Verfassungsschutz abschaffen.
Auch Peter Schulz, der [3][Gründer des „Heimatschutzkorps
Ostwestfalen-Lippe“], einer Gruppe, die in SS-Uniformen aufmarschierte und
mit Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg „Sturmangriffe“ übte, war V-Mann.
Bernd Schmitt, [4][in dessen Kampfsportschule sich die Neonazis
radikalisierten], die in Solingen fünf Menschen bei einem Brandanschlag
ermordeten, war V-Mann. Und Tino Brandt, der mit rund 200.000 DM vom
Thüringer Verfassungsschutz die Neonazigruppe „Thüringer Heimatschutz“
aufbaute und wahrscheinlich [5][mit Falschinformationen an die Behörde die
Rechtsterroristen des NSU deckte], war V-Mann. Die Liste lässt sich –
[6][gerade in Bezug auf den NSU] – lange weiterführen.
Angesichts solcher indirekt durch den Staat mitfinanzierten oder gestützten
Verbrecherbanden, scheinen die fragwürdigen Aktionen des
Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen schon fast geringfügig. Er soll
[7][die rechtsradikale AfD beraten haben], deren völkische Argumentation
sich lediglich in der Wortwahl von der der rechtsextremen NPD
unterscheidet, [8][soll Informationen an die AfD weitergegeben haben] und
befeuerte rechte Verschwörungstheorien mit der unbelegten Behauptung, ein
Video aus Chemnitz, in dem Neonazis nichtweiße Menschen jagen, [9][sei
„gezielte Falschinformation“].
Doch überraschend ist Maaßens Verhalten angesichts der Geschichte des
Verfassungsschutzes nicht. Entsprechend argumentiert
Grundrechtekomitee-Vorstand Heiner Busch deshalb schon 2012 im AIB, dass
der Verfassungsschutz mitsamt V-Leute-System geschlossen gehöre: Die
Informationen von V-Leuten seien oft nicht vor Gericht verwertbar und
ohnehin von fragwürdiger Qualität. Andererseits habe die Finanzierung von
V-Leuten, rechtsextreme Strukturen eher gestärkt.
## Medien und Forscher sind besser informiert
Ähnlich argumentieren die [10][antifaschistischen Gruppen AKKU] [11][und
Avanti] in eigenen Beiträgen: Als Inlandsgeheimdienst habe der
Verfassungsschutz systematisch versagt. Seit 1990 habe es mehr als 180 Tote
durch rechtsextreme Gewalt gegeben, sowohl beim NSU sei der
Verfassungsschutz gescheitert, als auch bei islamistischen Gruppen, wie der
um Mohammed Atta, die vor genau 17 Jahren den Anschlag vom 11. September in
den USA verübten.
Avanti weist außerdem darauf hin, dass die Verfassungsschutzberichte keinen
wirklichen Mehrwert liefern: Diese „geben an Informationen lediglich
wieder, was engagierte JournalistInnen, WissenschaftlerInnen und
AntifaschistInnen sowieso, meistens sogar besser, wissen. Eine
wissenschaftliche, quellenkritische Nachprüfbarkeit der Arbeit des Dienstes
ist nicht möglich“.
So schließt sich auch der Kreis zur heutigen Zeit: AntifaschistInnen und
JournalistInnen liefern die Belege für [12][die Zusammenarbeit] und
[13][Kontakte der AfD] [14][mit Neonazis]. Während von zahlreichen
AfD-Führungskadern völkische, holocaustverharmlosende und rassistische
Äußerungen zu hören sind, diese offen über „Systemwechsel“ oder
„Revolution“ sprechen und sogar mit bekannten Rechtsextremen gemeinsame
Sache machen, heißt es aus dem Innenministerium, dass es für eine
Beobachtung durch den Verfassungsschutz „keine Voraussetzung“ gebe.
Stattdessen finden sich [15][im aktuellen Verfassungsschutzbericht]
Einträge wie der zur „Gruppe ArbeiterInnenmacht“ in der Rubrik
„Linksextremismus“. Das 40-köpfige Kollektiv aus Berlin biete bei
Lesekreisen und Vortragsreihen „Diskussionen und Schulungen“ an und
beteilige sich an 1.-Mai-Demonstrationen.
11 Sep 2018
## LINKS
[1] /!1457452/
[2] https://www.antifainfoblatt.de/dossier/verfassungsschutz-neonazis
[3] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/mehr-nutzen-als-schaden-informanten-…
[4] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-05/anschlag-solingen-neonazis-…
[5] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-v-leute-unwesen-mehr-schaden-als…
[6] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/verfassungsschutz-aufl%C3%B6sen-%E2%…
[7] https://www.welt.de/politik/deutschland/article180963008/Verfassungsschutzc…
[8] https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/debatte-um-hans-georg-maas…
[9] /Relativierung-von-Chemnitz-Uebergriffen/!5531451
[10] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/verfassungsschutz-aufl%C3%B6sen-%E2…
[11] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/verfassungsschutz-abschaffen
[12] /Schwerpunkt-Netzwerk-AfD/!t5495296/
[13] https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-03/afd-bundestag-mitarbeiter-…
[14] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/rassistische-mobilisierungen-chemni…
[15] https://www.verfassungsschutz.de/embed/vsbericht-2017.pdf
## AUTOREN
Lalon Sander
## TAGS
Hans-Georg Maaßen
Bundesamt für Verfassungsschutz
Rechtsextremismus
Antifaschismus
Lesestück Interview
Junge Alternative (AfD)
Hans-Georg Maaßen
Schwerpunkt AfD
Antifaschismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Grüne Mihalic über Verfassungsschutz: „Wir brauchen einen radikalen Cut“
Ein bloßer Wechsel an der Spitze des Verfassungsschutzes reiche nicht, sagt
die Grüne Irene Mihalic. Das Bundesamt müsse ganz neu strukturiert werden.
Strategien gegen drohende Beobachtung: AfD will Verfassungsschutz abwehren
Die AfD bereitet sich auf eine drohende Beobachtung durch den
Verfassungsschutz vor. Fraktionschefin Weidel will interne Sonderermittler
einsetzen.
Kommentar Maaßen und Chemnitz: Der Diener der Rechten
Nicht nur Verfassungsschutz-Präsident Maaßen ist untragbar. Die ganze
Institution ist nicht gewappnet, dem Rechtsextremismus zu begegnen.
Kolumne Geht's noch?: Kein Verfassungsschutz
Ausgerechnet die NSU-Schredderbehörde soll die Nazinähe der AfD
untersuchen? Das funktioniert nicht, vor allem nicht mit Maaßen.
30 Jahre Antifaschistisches Infoblatt: „Niemals den Chefredakteur gegrüßt“
Das Antifaschistische Infoblatt feiert 30. Geburtstag. Aus dem
fotokopierten Blättchen ist ein angesehenes Fachmagazin geworden. 10 Fragen
an die Redaktion.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.