# taz.de -- Kommentar Grenzschutzagentur Frontex: Der Juncker-Populismus | |
> Die massive Aufstockung von Frontex dient nicht der Seenotrettung, | |
> sondern einzig der Abschottung. Es ist eine Verneigung vor den Rechten. | |
Bild: Abschottung statt Seenotrettung von Flüchtlingen: Frontex setzt die fals… | |
Wir haben verstanden! Dieses Signal will EU-Kommissionschef Jean-Claude | |
Juncker bei seiner letzten großen Rede im Europaparlament aussenden. Nach | |
dem überraschenden [1][Schwenk bei der Sommerzeit] soll nun der massive | |
Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex folgen. Mit beiden Maßnahmen will | |
sich Juncker bürgernah geben. | |
Doch wofür brauchen wir 10.000 Küsten- und Grenzschützer? Was soll der | |
Ausbau von Frontex bringen, wenn er erst – wie geplant – 2020 beendet ist? | |
Die Pläne, die vor Junckers Rede am Mittwoch in Brüssel durchgesickert | |
sind, lassen nichts Gutes ahnen. Dem EU-Chef geht es nämlich nicht etwa | |
darum, die Rettung von Flüchtlingen in Seenot zu erleichtern. | |
Es geht auch nicht darum, die selbst in Not geratene [2][Frontex-Mission | |
„Sophia“] zu retten. Nein, Juncker hat ganz andere Pläne. Statt die | |
Seenotrettung endlich (wieder) zu einer Aufgabe der EU zu machen, ist | |
geplant, die Abschiebungen auf EU-Ebene durchzuführen um die Zahl der | |
Abschiebungen insgesamt deutlich zu vergrößern. Darüber hinaus sollen die | |
Grenzschützer sogar bewaffnet und zur Not auch gegen den Willen eines | |
Mitgliedsstaates eingesetzt werden, um etwa eine EU-Außengrenze dicht zu | |
machen. | |
Der Schutz der Außengrenzen und des Schengen-Raums steht im Vordergrund – | |
nicht der Schutz der Flüchtlinge. Juncker folgt damit einem Wunsch der | |
Staats- und Regierungschefs (Kanzlerin Angela Merkel eingeschlossen), aber | |
auch dem Druck der Rechtspopulisten in vielen europäischen Ländern. Der AfD | |
gefällt's; sie jubelt, dass Juncker nun eine ihrer Forderungen übernommen | |
habe! | |
Wenn das bürgernah sein soll, dann ist es ein merkwürdiges Verständnis von | |
Bürgern und Nähe. Tatsächlich sieht es eher so aus, als sei der Populismus | |
nun auch in der Brüsseler EU-Kommission angekommen. Dabei kommen die | |
Aufstockung – wenn sie überhaupt einen Nutzen haben sollte – um Jahre zu | |
spät. Denn die Flüchtlinge, vor denen die EU künftig ihre Grenzen | |
„schützen“ will, sind längst da. | |
Auch die politischen Reaktionen und Nebenwirkungen sind bereits vorhanden, | |
wie der Rechtsruck in vielen anderen EU-Ländern zeigt. Den Rechtspopulisten | |
wird man mit derlei populistischen Maßnahmen nicht mehr den Wind aus den | |
Segeln nehmen können. Im Gegenteil: Sie dürften sich in ihrem Ruf nach | |
Abschottung und Abschiebung bestätigt fühlen. | |
Dabei wäre jetzt anderes nötig. Juncker müsste ein Maßnahmen-Paket | |
vorlegen, das die Integration von Migranten mit Bleiberecht fördert und | |
auch den Einheimischen hilft. Es geht darum, der Folgen der | |
Flüchtlingskrise Herr zu werden und die sozialen Probleme zu lösen, die sie | |
mit sich bringt. Wer behauptet, diese Probleme ließen sich durch mehr oder | |
gar bewaffnete Grenzschützer lösen, streut den Bürgern Sand in die Augen. | |
11 Sep 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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