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# taz.de -- Seenotrettung im Mittelmeer: Die Abriegelung ist komplett
> Panama entzieht dem Rettungsschiff „Aquarius 2“ die Flagge, offenbar auf
> Druck aus Italien. Matteo Salvinis Abschottungspolitik geht auf.
Bild: Schon im Juni hatte Salvini der „Aquarius“ die Einfahrt in einen ital…
Rom taz | Panama hat dem Team der „Aquarius 2“ mitgeteilt, dass das von
Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterrannée betriebene Rettungsschiff nicht
mehr unter der Flagge des mittelamerikanischen Staates fahren darf. Damit
wäre der weitere Einsatz des letzten noch im Mittelmeer zwischen Libyen und
Italien kreuzenden NGO-Schiffs unmöglich.
Zurzeit hat die „Aquarius 2“ 58 Flüchtlinge an Bord, die am Wochenende vor
der libyschen Küste gerettet wurden. Wo sie an Land gehen werden, ist
unklar. Italien verweigert den Zugang zu seinen Häfen und setzt damit die
vom Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini eingeleitete Politik der
totalen Abschottung gegen Bootsflüchtlinge fort. Schon im Juni hatte
Salvini der zu dem Zeitpunkt noch unter der Flagge von Gibraltar fahrenden
„Aquarius“ die Einfahrt in einen italienischen Hafen verweigert. Damals war
das Schiff mit 630 Flüchtlingen [1][tagelang im Mittelmeer unterwegs], ehe
sich Spanien zu deren Aufnahme bereit erklärte.
Anfang August entzog Gibraltar dem Schiff die Registrierung, die daraufhin
in Panama unter dem Namen „Aquarius 2“ erfolgte. Panama ließ durchblicken,
dass es jetzt auf italienischen Druck reagiert. Salvini behauptet, er habe
keinerlei Einfluss ausgeübt, er kenne „nicht einmal die Vorwahlnummer von
Panama“.
Salvini hat die Abriegelung der italienischen Seegrenze zu seinem
politischen Hauptanliegen gemacht. Unter seiner Ägide hat sich die
Küstenwache komplett aus der Koordinierung von Rettungseinsätzen in den
Gewässern zwischen Libyen und Italien zurückgezogen. Diese Aufgabe ist
jetzt Libyen überlassen, das alle von seiner Küstenwache aufgegriffenen
Flüchtlinge in den nordafrikanischen Staat zurückbringt.
## Das Risiko für Flüchtlinge ist dramatisch gestiegen
Salvini behauptet, er unterbinde so das Geschäft der Schleuser und die
Tätigkeit der privaten Seenotretter, die er als „Helfershelfer der
Schleuser“ schmäht. Er geht aber völlig über die Tatsache hinweg, dass die
Menschen in Libyen in Lagern landen, in denen sie unter menschenunwürdigen
Umständen gefangengehalten werden.
Weder aus der italienischen Politik noch aus der Gesellschaft schlugen
Salvini größere Proteste entgegen. Stattdessen darf der Innenminister, der
unter dem Slogan „Italiener zuerst!“ seine fremdenfeindliche Politik
vertritt, sich über wachsende Popularität freuen. In Umfragen äußern 60 bis
70 Prozent der Italiener Zustimmung. Salvinis Lega, die im März bei der
Wahl 17 Prozent der Stimmen geholt hatte, ist allen Umfragen zufolge mit
über 30 Prozent zur stärksten Partei aufgestiegen.
Die private Seenotrettung im zentralen Mittelmeer steht mit dem neuen
Schlag gegen die „Aquarius“ vor dem Aus. Damit hat Salvini seinen Kurs
weitgehend durchgesetzt. Die Zahl der in Italien eintreffenden Flüchtlinge
– von Januar bis September waren es gut 20.000 – ist so niedrig wie seit
Jahren nicht mehr. Zugleich ist das Risiko für die Flüchtlinge dramatisch
gestiegen. Auf der zentralen Mittelmeerroute ertranken dieses Jahr schon
1.250 Menschen.
24 Sep 2018
## LINKS
[1] /Kommentar-Seenotrettung-im-Mittelmeer/!5528495
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Seenotrettung
Schwerpunkt Flucht
Mittelmeer
Aquarius
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Spanien
Lesestück Recherche und Reportage
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