# taz.de -- Verbot von linksradikaler Website: Bürgerrechtler für Indymedia | |
> Vor einem Jahr wurde die Seite „Linksunten“ verboten. Laut Gesellschaft | |
> für Freiheitsrechte wurde dabei das Vereinsrecht missbraucht. | |
Bild: Nach dem Verbot von linkunten.indymedia gingen zahlreiche Sympathisanten … | |
FREIBURG taz | Beim Verbot der linksradikalen Internet-Plattform | |
linksunten.indymedia habe der Bundesinnenminister „das Vereinsrecht | |
missbraucht“. So heißt es in einem Schriftsatz der Gesellschaft für | |
Freiheitsrechte (GFF) an das Bundesverwaltungsgericht. Das 32-seitige | |
Papier liegt der taz vor. Die GFF ist eine 2015 gegründete Organisation zum | |
juristischen Schutz der Grundrechte. | |
Im August 2017 hatte der damalige Innenminister Thomas de Maizière (CDU) | |
linksunten.indymedia dicht gemacht. Die Webseite laufe den Strafgesetzen | |
zuwider, denn sie habe es „ermöglicht und erleichtert“, dass dort | |
Straftaten gebilligt und Anleitungen zu Straftaten veröffentlicht wurden, | |
so die Begründung. De Maizière versuchte damit, kurz nach den autonomen | |
Ausschreitungen beim Hamburger G 20-Gipfel Stärke des Staates zu | |
demonstrieren. | |
Fünf Freiburger klagen gegen das Verbot. Sie sollen als vermeintliche | |
Betreiber der Seite den Verein „linksunten.indymedia“ gebildet haben. Nur | |
durch die Konstruktion eines Vereins konnte der Innenminister das Verbot | |
auf das Vereinsgesetz stützen. | |
Nun schaltete sich die GFF in das Verfahren ein – „wegen dessen zentraler | |
Bedeutung für die Freiheit der Medien“. Die GFF kritisiert vor allem die | |
Nutzung des Vereinsgesetz zur Schließung eines „unbequemen“ Online-Mediums. | |
Für die Medienaufsicht sei der Bund nämlich gar nicht zuständig, sondern | |
die Bundesländer, hier die Landesmedienanstalt Baden-Württemberg. Die | |
linksunten-Webseite sei ein Telemedium, dessen inhaltliche Kontrolle im | |
Rundfunk-Staatsvertrag geregelt sei, argumentiert die GFF. Immer wenn es um | |
die Kontrolle von Presse und Medieninhalten gehe, sei der Rückgriff auf das | |
Vereinsgesetz blockiert, so GFF-Vorstandsmitglied Boris Burghardt. | |
## Technische Hilfe für den „Bürger-Journalismus“ | |
Das vereinsrechtliche Verbot sei auch „unverhältnismäßig“, meint die | |
Organisation weiter. Statt die Webseite ganz und dauerhaft zu schließen, | |
hätte es genügt, konkrete strafbare Inhalte zu entfernen oder zu sperren. | |
Dann wären viele legale Inhalte – etwa Demoberichte und Enthüllungen über | |
Rechtsextremisten – weiter im Netz zugänglich geblieben. | |
Doch war linksunten.indymedia überhaupt ein journalistisches Produkt? Die | |
GFF bejaht dies. Zwar konnte dort jeder anonym veröffentlichen, was er | |
will. Allerdings hätten sich die Betreiber durchaus inhaltlich mit den | |
Beiträgen beschäftigt. Sie hätten entschieden, was auf der Seite bleiben | |
kann und was nachträglich gelöscht wird. Die Beiträge seien von den | |
Betreibern auch kategorisiert und teilweise hervorgehoben worden. Außerdem | |
hätten die linksunten-Betreiber technische Hilfe für so genannten | |
„Bürger-Journalismus“ geleistet. | |
Die Einstufung von linksunten.indymedia als presseähnliches Medium ist | |
interessant. In der Klage der fünf Freiburger wird noch bestritten, dass es | |
sich um ein Medium handelte, denn die Betreiber hätten sich die strafbaren | |
Posts nicht zu eigen gemacht und seien nur „Host-Provider“ gewesen. Doch | |
auch die Anwälte der Kläger kamen letztlich zum Schluss, dass das | |
Vereinsgesetz nicht anwendbar sei. | |
Über die Klagen gegen das Verbot wird das Bundesverwaltungsgericht ab dem | |
15. Januar 2019 an drei Tagen verhandeln. Dabei geht es nur um den Verein | |
und die Webseite. Strafrechtlich wurde den fünf Freiburgern bisher kein | |
Vorwurf gemacht – während die Betreiber der rechtsextremistischen Webseite | |
Altermedia im Februar 2018 wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen | |
Vereinigung verurteilt wurden. | |
9 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Indymedia | |
Innenminister Thomas de Maizière | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Indymedia | |
Indymedia | |
Rote Hilfe | |
Indymedia | |
Indymedia | |
G20 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verfahren gegen Linksunten eingestellt: Das Verbot muss gekippt werden | |
Elf Strafverfahren sind eingestellt. Der nächste Schritt muss sein, das | |
Verbot der linksradikalen Plattform zu kippen. Sonst droht ein | |
Präzendenzfall. | |
indymedia fordert Pressefreiheit: Plattform oder Zeitung? | |
Seit zwei Jahren ist „linksunten.indymedia“ verboten. Eine ehemalige | |
Autorin hat nun beantragt, das Verbot aufzuheben. | |
Verein zur Unterstützung linker Aktivisten: Rote Hilfe unter Druck | |
Seit mehr als 40 Jahren unterstützt die Rote Hilfe Linke vor Gericht. Nun | |
deutet sich an, dass sie verboten werden könnte. Doch es formiert sich | |
Protest. | |
Verfahren um „linksunten.indymedia“: Verbot auf dem Prüfstand | |
Das Verbot der linksradikalen Onlineplattform sorgte für große Furore kurz | |
vor der Bundestagswahl. Nun wurde die Klagebegründung eingereicht. | |
Verbot von linksunten.indymedia.org: Outings haben zugenommen | |
Postings wandern nun zur Schwesterseite „de.indymedia.org“. Die Berliner | |
Polizei ermittelt wegen veröffentlichter Fotos von PolizistInnen. | |
Klagen gegen Verbot von indymedia.org: Extrem dünne Faktenlage | |
Ein halbes Jahr nach dem Verbot der linksradikalen Plattform nimmt der | |
Widerstand an Fahrt auf. Es gibt fünf Klagen und 40 Verfahren. |