# taz.de -- Verbot von linksunten.indymedia.org: Outings haben zugenommen | |
> Postings wandern nun zur Schwesterseite „de.indymedia.org“. Die Berliner | |
> Polizei ermittelt wegen veröffentlichter Fotos von PolizistInnen. | |
Bild: Protest gegen das linksunten-Verbot im Oktober 2017 in Frankfurt am Main | |
Berlin taz | Kurz vor Weihnachten standen die Fotos im Netz: Auf der Seite | |
de.indymedia.org veröffentlichten Autonome mehr als 50 Fotos von | |
PolizistInnen, die an der Räumung von Häusern in der [1][Rigaer Straße in | |
Berlin-Friedrichshain] beteiligt gewesen sein sollen. „Neben der Teilnahme | |
an der Räumung können sie bedenkenlos für die Gewalt der drei Wochen der | |
Belagerung verantwortlich gemacht werden“, hieß es im dazugestellten Text. | |
„Wir freuen uns über Hinweise, wo sie wohnen oder privat anzutreffen sind.“ | |
Dieses Posting war die wohl aufsehenerregendste Aktion, die seit der | |
Schließung von linksunten.indymedia.org auf der Schwesterseite | |
de.indymedia.org gepostet wurde – und die bis August wohl auf linksunten | |
öffentlich gemacht worden wäre. Beide Plattformen waren beziehungsweise | |
sind Teil des weltweiten Indymedia-Netzwerks, das 1999 von | |
GlobalisierungskritikerInnen gegründet wurde und in vielen Ländern über | |
regionale Ableger verfügt. | |
Im deutschsprachigen Raum gab es zuerst de.indymedia.org, nach internem | |
Streit vor allem über das Outen von Rechten spalteten sich AktivistInnen | |
aus Süddeutschland 2009 ab und gründeten ihr eigenes Portal, das die | |
anonymen Postings weniger stark moderierte. Kriterien dafür wurden | |
öffentlich recht vage gehalten. Autonome Gruppen nutzten seit dem Streit | |
vor allem linksunten, um Bekennerschreiben, Outings oder Aufrufe zu posten. | |
Nun gibt es offenkundig eine Wanderungsbewegung. AktivistInnen aus dem | |
Umfeld von linksunten wollen sich derzeit zwar nicht äußern. Die ihrer | |
Schwesterseite aber schon: „Wir haben nach der Schließung von linksunten | |
beschlossen, die radikale Linke wieder stärker in den Vordergrund zu | |
rücken“, sagte ein Hamburger Aktivist von de.indymedia.org der taz. | |
„Outings und Aufrufe aus radikal linken Zusammenhängen haben zugenommen, | |
ein Teil wandert zu uns.“ | |
## Überwachung in Echtzeit läuft sowieso | |
Konkrete Zahlen werde es in etwa einem halben Jahr geben, so der Aktivist, | |
der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Zwar gebe es noch immer | |
eine strengere Moderation als auf linksunten, was Outings oder die | |
Veröffentlichung von Aktionserklärungen angehe, es gebe aber weniger | |
Kriterien, die erfüllt sein müssten. „Wir sind hundert Prozent solidarisch | |
mit linksunten und finden gut und richtig, dass Teile der Szene wieder bei | |
uns posten.“ | |
Sorgen, dass die Überwachung auch von de.indymedia.org nun deutlich | |
zunehme, mache er sich wegen solcher Postings nicht, sagte der Aktivist. | |
„Wir wurden sowieso schon immer und mit allen technischen Mitteln in | |
Echtzeit überwacht.“ | |
Dass nun auch gegen de.indymedia.org ermittelt wird, bestätigte der | |
Sprecher der Berliner Polizei, Winfried Wenzel. Im Zusammenhang mit den | |
Postings der Fotos der Polizisten habe das LKA Berlin Ermittlungen wegen | |
der Verletzung des Rechts auf das eigene Bild der Polizisten und wegen der | |
öffentlichen Aufforderung zu Straftaten eingeleitet. Die würden zwar gegen | |
unbekannt geführt – „Indymedia steht aber eindeutig im Fokus der | |
Ermittlungen“, sagte Wenzel. Zum Stand der Ermittlungen könne er derzeit | |
nichts sagen. Die Ermittlungen seien aber „eine Herausforderung“: „Es ist | |
ja ein offenes Geheimnis, dass deren Serverstrukturen nicht so trivial | |
sind, wie wir uns das wünschen würden.“ | |
Entsprechend gelassen gibt sich der Hamburger Indymedia-Aktivist. Ihm ist | |
wichtig, dass die Solidarität für linksunten zunimmt. „Bisher ist das alles | |
etwas mau“, sagt er. „Aber die brauchen dringend Geld für zerstörte | |
Hardware und Verfahrenskosten.“ Er halte es zudem für problematisch, dass | |
viele linke Gruppen zunehmend über kommerzielle Kanäle wie Facebook oder | |
Twitter auf ihre Aktionen aufmerksam machten. „Das kann man jederzeit und | |
viel leichter überwachen“, sagt er. Noch gebe es keine Seite, die die | |
Funktion von linksunten vollständig übernehme. „Aber wir fänden es gut, | |
wenn es mehr regionale Ableger von Indymedia geben würde, die auch | |
regionale Politik machen könnten.“ | |
7 Mar 2018 | |
## LINKS | |
[1] /!5466436/ | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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