| # taz.de -- Klagen gegen Verbot von indymedia.org: Extrem dünne Faktenlage | |
| > Ein halbes Jahr nach dem Verbot der linksradikalen Plattform nimmt der | |
| > Widerstand an Fahrt auf. Es gibt fünf Klagen und 40 Verfahren. | |
| Bild: „Das Verbot ist ein fachlich erbärmlicher Schnellschuss“ nach G20 | |
| Berlin taz | Die Aufregung in der linken Szene war groß. [1][Ende August | |
| ließ Bundesinnenminister Thomas de Maizière die linksradikale Plattform | |
| linksunten.indymedia.org, die als eine der einflussreichsten Seiten der | |
| radikalen Linken galt, aus dem Netz nehmen]. Die Begründung: Sie sei von | |
| einem Verein betrieben worden, der sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung | |
| richte. Die Internetseite ermögliche es, anonyme Propaganda und Aufrufe zur | |
| Gewalt zu verbreiten, so de Maizière. Sogar Reporter ohne Grenzen | |
| kritisierte eine „rechtsstaatlich gefährliche Entwicklung“. Pressefreiheit, | |
| sagte Geschäftsführer Christian Mihr, „gilt auch für unbequeme, ja selbst | |
| für schwer erträgliche Veröffentlichungen“. | |
| Nun, ein halbes Jahr später, nimmt der Kampf gegen das Verbot an Fahrt auf: | |
| Anhängig sind fünf Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig und mehr | |
| als 40 verschiedene Verfahren in Freiburg, Karlsruhe und Mannheim. Derzeit | |
| bereiten die AnwältInnen der fünf Betroffenen die Begründung der Klagen vor | |
| dem Bundesverwaltungsgericht vor, die bis Anfang April eingereicht werden | |
| sollen, wie Sven Adam, einer der Anwälte, der taz sagte. | |
| Nachdem er kürzlich Akteneinsicht bekommen habe, sagte Adam, sei klar: „Das | |
| Verbot ist ein fachlich erbärmlicher Schnellschuss.“ Dieser sei vor allem | |
| politisch motiviert gewesen: „Das war offenbar Wahlkampfgetöse in Reaktion | |
| auf G20 und im Vorfeld der Bundestagswahl.“ Die KlägerInnen würden das | |
| Verbot nun „umfassend angreifen“. | |
| Konkret geht es um fünf Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die | |
| individuell zugestellten Verbotsverfügungen. Darüber hinaus sind | |
| Beschwerdeverfahren etwa wegen der Beschlagnahmung von Post, der | |
| Sicherstellung von E-Mail-Adressen und gegen die Hausdurchsuchung bei den | |
| Betroffenen und bei einem linksradikalen Zentrum in Freiburg anhängig, der | |
| KTS. | |
| ## „Dafür gibt es keinerlei Beweise“ | |
| Juristisch werde man vor allem dagegen angehen, dass das Vereinsgesetz | |
| überhaupt angewendet wurde, sagte Adam – denn es sei das falsche Recht, um | |
| gegen linksunten vorzugehen. Erstens sei linksunten kein Verein, sondern | |
| ein Nachrichtenportal. Und zweitens wäre so oder so die Anwendung des | |
| Telemedienrechts korrekt gewesen, das allerdings strenge Regeln für das | |
| Vorgehen gegen unliebsame Medien vorsehe. „Auch wenn eine redaktionelle | |
| Aufbereitung bei linksunten nicht in dem Maß wie in Redaktionen stattfand, | |
| war die Seite unstrittig ein Multiplikator von Meinungen“, sagte Adam. „Da | |
| wurde also Presse im rechtlichen Sinn angegangen.“ | |
| Die Faktenlage, auf der das Verbot gründe, sei zudem außerordentlich dünn. | |
| „Im Prinzip gibt es nur Behauptungen wie ‚Person XY ist führender Kopf von | |
| linksunten‘. Aber dafür gibt es keinerlei Beweise“, sagte Adam. Schon die | |
| Zuordnung der fünf betroffenen Personen zu linksunten sei anhand der Akte | |
| „überhaupt nicht nachvollziehbar“. | |
| Wer auf linksunten publiziert habe, sei völlig unklar. Möglicherweise, so | |
| Adam, habe auch der Verfassungsschutz selbst Beiträge verfasst. „An so | |
| etwas sind schon Verbotsverfahren gegen Parteien gescheitert“, sagte er mit | |
| Blick auf das NPD-Verbotsverfahren von 2003, bei dem nicht mehr klar war, | |
| welche Aktivitäten der Partei selbst und welche dem Verfassungsschutz | |
| zugeordnet werden konnten. | |
| Wenn die Klagebegründungen eingereicht seien, sei das Innenministerium | |
| wieder am Ball: Es müsse dann das Verbot verteidigen. Sofern keine der | |
| Parteien von den jeweiligen Positionen abweiche, stehe am Ende eine | |
| mündliche Verhandlung in Leipzig. Bis es dazu kommt, schätzt Adam, könnten | |
| aber gut und gerne zwei Jahre vergehen. | |
| 6 Mar 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
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