Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berliner Stadtreinigung: Besen schwingen im Park
> Die Chefin der Stadtreinigung möchte alle Berliner Grünanlagen von der
> BSR reinigen lassen. 130 Millionen soll das im Jahr kosten. Bezirke
> bekommen viel weniger.
Bild: Reinigungsarbeiten im Monbijoupark
Verärgerung, Irritation, Begeisterung: Tanja Wielgoß, Chefin der Berliner
Stadtreinigung (BSR), hat mit ihrem Vorschlag bei den Bezirken und
Senatsverwaltungen unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. In einem am
Sonntag erschienenen Zeitungsinterview hatte die BSR-Chefin dem Senat
angeboten, dass die Stadtreinigung künftig alle Parks und Grünanlagen der
Stadt säubert.
Zustimmung kommt aus Friedrichshain-Kreuzberg. „Wir fordern das schon seit
Jahren und finden das eine sehr gute Idee“, so die Sprecherin des
Bezirksamts, Sarah Lühmann. Oliver Schruoffeneger, grüner Umweltstadtrat
von Charlottenburg-Wilmersdorf, dagegen kann seine Verärgerung über das
Ansinnen nicht verhehlen, wenn er sagt: „Für das viele Geld können wir das
auch.“ Andere in Bezirken und Senatsverwaltungen Gefragte bekunden ihre
Meinung nicht so offen, lassen aber durchblicken, dass sie Wielgoß’
Vorhaben vermessen finden.
In einem Interview hatte die BSR-Chefin folgende Rechnung aufgemacht: Wenn
die Stadtreinigung alle Parks und Grünanlagen der Stadt säubern würde,
würde das das Land Berlin circa 130 Millionen Euro im Jahr kosten. Je nach
Zählweise handele es sich dabei um 2.400 bis 2.700 Grünanlagen. In einem
Pilotprojekt, das seit 2016 läuft, im Juni 2018 erweitert wurde und bis
Ende 2019 befristet ist, schwingen die Orangen bereits in 49 Grünanlagen
den Besen. Eine davon ist der Görlitzer Park in Kreuzberg.
Bei der Bevölkerung kommt das sehr gut an. In dem Interview verwies Wielgoß
denn auch auf die hohen Zustimmungswerte in der Bevölkerung im Zuge vom
Umfragen, die die BSR durchgeführt hat. Die Zufriedenheit der Menschen über
die Sauberkeit der Parks sei deutlich gestiegen. Wenn das Vorhaben vom
rot-rot-grünen Senat politisch gewollt sei, müsse das landeseigene
Unternehmen einen Zehnjahresplan aufstellen, 1.000 neue Kräfte einstellen
und in Maschinen und Liegenschaften investieren, wo sich Leute umziehen und
duschen können. Angesichts der positiven Effekte sei das „relativ günstig�…
findet die BSR-Chefin. Für Berlin wäre das „ein Wohlfühlprogramm“.
An sich ist es die Aufgabe der Bezirke, die Parks innerhalb ihrer
Bezirksgrenzen zu pflegen und zu reinigen. Für Grünpflege und Reinigung
bekommen alle Bezirke zusammen 105 Millionen Euro aus dem Landesetat.
Einzige Ausnahme sind die 49 Parks, die die BSR im Rahmen des Pilotprojekts
reinigt. Ausgewählt wurden sogenannte Hotspots, die auch von Touristen
stark genutzt und vermüllt werden. Für die Reinigung der 49 Parks bekommt
die BSR rund zehn Millionen Euro im Jahr aus dem Landesetat.
Hinter der Forderung von 130 Millionen Euro pro Jahr für alle Parks für die
Reinigung vermutet der Umweltstadtrat von Charlottenburg-Wilmersdorf
Schruoeffeneger „rein wirtschaftliche Erwägungen“. Wenn er sich angucke,
was die Bezirke für Reinigung und Grünpflege bekommen, sei das ein
schreiendes Missverhältnis. Auf den Quadratmeter runtergerechnet, bekämen
die Bezirke für Reinigung und Grünpflege 6 Cent pro Quadratmeter, die BSR
25 bis 30 Cent nur für die Reinigung. „Da stimmt was nicht.“
Dass die Grünflächenämter chronisch unterfinanziert sind, ist kein
Geheimnis. 80 Prozent der Arbeiten in den Parks müssten outgesourct werden,
weil Privatfirmen billiger seien, sagt Schruoffeneger. Die Qualität, die
abgeliefert werde, sei sehr unterschiedlich „Ich wäre froh, wenn wir das
Geld bekommen würden und es selbst machen könnten.“
Es gehe nicht darum, eine Konkurrenz zwischen Bezirken und BSR aufzumachen,
hält BSR-Sprecherin Sabine Thümler entgegen. Wenn die BSR die
Reinigungstätigkeiten in allen Parks übernähme, könnten sich die
Grünflächenämter mehr um die Pflege kümmern. Schruoffeneger, der zu seiner
Abgeordnetenhauszeit finanzpolitischer Experte der Grünen war, hält das für
ein hohles Versprechen: Im ersten Jahr bekämen die Bezirke vielleicht noch
das gleiche Geld. „Aber dann wird es Schritt für Schritt weniger.“
Finanzsenator Matthias Kollatz, der das BSR-Pilotprojekt 2016 angeschoben
hatte, kommentierte den Vorstoß der BSR-Chefin so: „Haushaltsverhandlungen
führt man nicht über die Zeitungen.“
5 Sep 2018
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
BSR
Matthias Kollatz-Ahnen
Görlitzer Park
Berlin-Mitte
Umweltpädagogik
Görlitzer Park
Steglitz
Jörg Kachelmann
Müll
Görlitzer Park
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit um zwei Theater in Berlin: „Und wenn sie nicht gestorben sind“
…, dann spielen sie noch heute: Im Monbijoupark streiten zwei
Märchentheater mit dem Bezirk Mitte und gegeneinander. Jetzt beginnt die
Wintersaison.
„Zero Waste“-Strategie des Berliner Senats: Die Welt ist im Eimer
Workshops sollen SchülerInnen für Müllvermeidung sensibilisieren. Noch
fällt in Berlin jedes Jahr knapp eine Million Tonnen Haushaltsmüll an.
Görlitzer Park Berlin: Kreuzberger Auslese
Im Görlitzer Park in Kreuzberg ist der erste Parkrat Deutschlands gewählt
worden. Das elfköpfige Gremium soll die Interessen der Parknutzer
vertreten.
Streit um landeseigene Grundstücke: Land und Bezirke blockieren Fortschritt
Senat und Bezirke zanken sich um die letzten Grundstücke in Landesbesitz.
Starke Argumente haben beiden Seiten, wie ein Beispiel aus Lichterfelde
zeigt.
Kachelmann über Sommer-Aktion: „Ziemlich gerissene PR“
Der Meteorologe Jörg Kachelmann hält wenig von der Ankündigung der Berliner
Stadtreinigung, die Straßen mit Wasser herunterzukühlen.
Müllpolitik in Berlin: Ganz Berlin ist reif für die Bio-Tonne
Die BSR macht auf grünen Druck hin die braune Tonne zur Pflicht für alle
Hauseigentümer. Ein Bundesgesetz fordert das bereits seit 2015.
Görlitzer Park Berlin: So sauber wie nie
Die Berliner Stadtreinigung macht jetzt im Görlitzer Park sauber. Sonst ist
alles wie immer, nur gedealt wird etwas dezenter. Nun gibt es ein neues
Handlungskonzept.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.