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# taz.de -- Kachelmann über Sommer-Aktion: „Ziemlich gerissene PR“
> Der Meteorologe Jörg Kachelmann hält wenig von der Ankündigung der
> Berliner Stadtreinigung, die Straßen mit Wasser herunterzukühlen.
Bild: So könnte es doch noch klappen mit der Straßen-Erfrischung. Wasser mars…
Am Anfang stand ein [1][Pressebericht über eine Aktion der BSR]: Die hatte
angekündigt, Spülwagen loszuschicken, um die große Hitze erträglicher zu
machen. Twitterer verbreiteten die frohe Botschaft, freilich mit Skepsis
gewürzt. Und Wettermann Kachelmann [2][ließ wissen, dass er herzlich wenig
von dieser tollen Idee hält]. Warum eigentlich?
Herr Kachelmann, die Berliner Stadtreinigung hat angekündigt, des Nachts
Wasser auf den Straßen zu verspritzen, um für Kühlung in der Stadt zu
sorgen. Gute Idee?
Nein, das ist ganz großer Schwachsinn. Oder ziemlich gerissene PR.
Wie, gerissene PR?
In der Nacht zum Freitag zieht ohnehin eine Kaltfront über Berlin, die Luft
wird sich also deutlich abkühlen. Vielleicht hat man bei der BSR ja diese
Prognose gesehen und die Aktion zeitlich darauf abgestimmt. Und es ist
nicht ausgeschlossen, dass eine substanzielle Zahl von Menschen am Freitag
die heroische BSR loben und preisen werden, weil sie diese Abkühlung
vermeintlich mit dem Nassspritzen von ein paar Straßen geschafft hat. In
der allgemeinen Absenz von naturwissenschaftlicher Bildung und Interesse
werden viele Menschen das für möglich halten.
Aber dass verdunstendes Wasser Kälte erzeugt, habe ich auch mal gelernt.
Dieses bisschen Wasser, von dem hier die Rede ist, bringt überhaupt nichts.
Null. Um eine substanzielle Verdunstungskälte herzustellen, müsste man
Unmengen von Wasser nehmen, man müsste Berlin überschwemmen! Und auch dann
würde es nur funktionieren, wenn die Luft trocken ist und noch viel
Feuchtigkeit aufnehmen kann.
Das Verspritzen von Wasser hätte auch lokal überhaupt keinen Effekt?
Natürlich gäbe es einen messbaren Effekt. Um den zu wahrzunehmen, müssten
sich alle mal auf die Straße legen und würden kurz ein paar Zehntel Grad
Erleichterung verspüren, bis der Wind das wieder verteilt hat.
Man müsste theoretisch so viel Wasser verspritzen, wie bei einem
Wolkenbruch herunterkommt. Danach merkt man ja schon einen Unterschied.
Ja sicher, aber das ist die kalte Luft aus dem Gewitter! Nicht die
Verdunstungskälte durch den Regen.
Sie sehen, dass auch bemühte Laien sich an falsche Annahmen halten, weil
sie vermeintlich so offensichtlich sind. Eine andere Analogie wäre die,
dass ich mich durchaus abkühlen kann, indem ich mich befeuchte und das
Wasser auf der Haut trocknen lasse.
Die BSR will ja nicht die Menschen nassspritzen, sondern die Straßen. Okay,
vielleicht muss man es so sehen: Straßen sind auch Lebewesen, nach der
Sache mit den Elfen auf der A2 halte ich alles für möglich. Vielleicht
findet's die Straße ja supi, wenn sie mal kurz nassgespritzt wird,
vielleicht ist die ganz dankbar dafür. Wer weiß. Ich sag's nochmal: Die
Aktion ist einfach Schwachsinn oder aber gute PR, die mit der
Ahnungslosigkeit des Bildungsprekariats baut. Oder noch eine dritte
Möglichkeit: Wir haben zu viel Wasser und wollen das endlich loswerden.
Halte ich aber für ziemlich unwahrscheinlich.
9 Aug 2018
## LINKS
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/gegen-die-hitze-die-bsr-schickt-das-sond…
[2] https://twitter.com/Kachelmann/status/1027212302741897216
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Jörg Kachelmann
Hitzewelle
BSR
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Sommer
Stadtplanung
Hitze
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