Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Görlitzer Park Berlin: Kreuzberger Auslese
> Im Görlitzer Park in Kreuzberg ist der erste Parkrat Deutschlands gewählt
> worden. Das elfköpfige Gremium soll die Interessen der Parknutzer
> vertreten.
Bild: Görlitzer Park in Kreuzberg
Im Görlitzer Park wird es Nacht. Die Wege sind nahezu leer, nur auf dem
Vorplatz des Jugendklubs Kreuzer tobt das Leben: Hunde bellen, Kinder
tollen um Erwachsene herum. Die stehen in kleinen Gruppen zusammen, manche
mit Bierflasche in der Hand. Drinnen zählt eine Gruppe von Frauen und
Männer Wahlzettel aus, umringt von Zuschauern. Bei der Wahl von
Deutschlands erstem Parkrat geht es transparent zu.
Elf Posten für das Ehrenamt sind zu vergeben, 53 Personen haben kandidiert.
Altkreuzberger und neu Hinzugezogene, Akademiker, Arbeiter, Arbeitslose,
Junge, Alte mit und ohne Migrationshintergrund, Geflüchtete. Vor einer
Woche haben sich die Kandidatinnen und Kandidaten öffentlich vorgestellt.
Der Parkrat hat die Funktion, bei Belangen, die den Görli betreffen,
gegenüber dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die Interessen der
Parknutzer zu vertreten. Wählen konnte jeder, der älter ist als 14 Jahre.
An diesem Donnerstagabend wird ausgezählt.
Es ist 21 Uhr, als das Wahlkomitee das Ergebnis bekannt gibt: 1.248
Wahlzettel seien abgegeben worden, 16 davon ungültig. „Das ist
sensationell“, sagt ein Mann, der, wie sich herausstellt, Referent von
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) ist. Die steht mit glühenden
Wangen in der Menge und strahlt. Am Ende wird sie sagen: „Der Kiez hat klug
entschieden.“
Ausgemacht war das nicht. Eine sogenannte Görli-Group, die eine eigene
Facebook-Seite hat, war angetreten, mit einer Crew möglichst den gesamten
Parkrat zu übernehmen. Schnell machte sich im Kiez das Gerücht breit, die
„Group“ verfolge kommerzielle Interessen. Eine Bestätigung dafür gibt es
nicht, aber wie es in Kreuzberg so ist, formierte sich eine Gegenbewegung.
Zwei Kandidatinnen, die der Görli-Group angehören, schaffen es am Ende dann
aber doch in den Parkrat. Die eine ist Kristin Soldner. Sie gehört zum
Verein Bantabaa, der sich um Geflüchtete kümmert. Mit 305 Stimmen erzielt
Soldner bei der Wahl den vierten Platz.
Die meisten Stimmen (380) fährt der Kandidat mit der Nummer 10 auf der
Liste ein: Kora Cherno, 2013 von Gambia nach Berlin gekommen. Er kenne
viele der „African-People“ im Park, hatte Cherno bei seiner Vorstellung
gesagt: „I want to make the park a better place for all.“ Der 15-jährige
Abdelkarim Assaf vom Jugendklub Kreuzer erzielt mit 340 Stimmen das
zweitbeste Ergebnis. Er wolle die Stimme der Jugendlichen sein, hatte er
angekündigt.
Es folgen: Lorenz Rollhäuser von der Anwohnerinitiative Görlitzer Park
(309). Der 32-jährige Alpha Berry, der 2012 aus Gambia nach Deutschland
geflüchtet ist (285). Florian Fleischmann (278) war schon im Gründungsrat
und hat die Satzung für den Parkrat mitgeschrieben. Die Aktivistin Anna
Younes (277) unterrichtet Anti-Rassismus, Gender und Sexualität (277).
Der 62-jährige Martin Storck (272) kommt aus der Anti-Atom- und
Hausbesetzerbewegung und lebt im Kiez in dem selbstverwalteten Hausprojekt
„Kerngehäuse“. Fatma Bıyıkli (270), ist seit 30 Jahren Kreuzbergin. Die
Frau mit dem Kopftuch ist angetreten, um im Parkrat „alle Frauen mit und
ohne Kopftuch“ zu vertreten. Dann sind da noch der Musiker Ahmed Asiri,
Künstlername Ray Asery (256) und Nadja Berseck von der Görli-Group (255),
die den Park „bunter, gemütlicher und wohnlicher“ machen möchte.
Die Verlierer sind gute Verlierer. Nur ein gebürtiger Kurde, von Beruf
Personenschützer – „ich kann euch alle schützen“ –, verlässt den Rau…
Protest. „Schwindelbude, ich bin die Nummer eins auf der Liste!“, ruft er.
„Jetzt müsst ihr euch selber kümmern.“ Kommende Woche wird geklärt, wann
der Parkrat zum ersten Mal tagt.
28 Sep 2018
## AUTOREN
Plutonia Plarre
## TAGS
Görlitzer Park
Monika Herrmann
Friedrichshain-Kreuzberg
Görlitzer Park
Umweltschutz
BSR
Görlitzer Park
Schwerpunkt 1. Mai in Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar Medien und Görlitzer Park: Die sinnfreie Empörung der Heuchler
Der Parkranger vom Görlitzer Park äußert eine Idee, wie man Dealer und
Parkbesucher besser integrieren kann. Sofort wird er in der Luft zerrissen.
Solidarität mit Hambi-BesetzerInnen: Baumhaus im Görlitzer Park errichtet
UmweltaktivistInnen besetzen einem Baum in dem Kreuzberger Park. Sie wollen
damit auch in Berlin einen Ort des Protests gegen den Klimawandel schaffen.
Berliner Stadtreinigung: Besen schwingen im Park
Die Chefin der Stadtreinigung möchte alle Berliner Grünanlagen von der BSR
reinigen lassen. 130 Millionen soll das im Jahr kosten. Bezirke bekommen
viel weniger.
Kate-Bush-Flashmob in Kreuzberg: Der Görli ganz in Rot
Sturmhöhe im Görlitzer Park: Fans, Nostalgiker und Tanzbegeisterte feierten
dort am Samstag Kate Bushs Hit von 1978, „Wuthering Heights“
Nach dem 1. Mai: Myfest raus aus Kreuzberg?
Zu viel Gesaufe, Kacke im Durchgang: AnwohnerInnen fordern, zumindest einen
Teil der Party aus dem Bezirk wegzuverlegen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.