# taz.de -- Katholische Kirche verurteilt Todesstrafe: Abschied vom Strang | |
> Jahrhundertelang ermordete die Katholische Kirche Heiden, Hexen und | |
> Ketzer. Nun erklärt sie in ihrer Lehre die Todesstrafe offiziell für | |
> „unzulässig“. | |
Bild: 150 Jahre nach der letzten Hinrichtung kommt die formelle Abschaffung der… | |
BERLIN taz | Dass Papst Franziskus entschiedener Gegner der Todesstrafe | |
ist, war bekannt, nun aber ist es offiziell: Seit Donnerstag hält der | |
Katechismus fest, dass „die Todesstrafe unzulässig“ ist, weil sie „gegen | |
die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt“. Die katholische Kirche | |
will sich mit Entschiedenheit für die Abschaffung in der ganzen Welt | |
einsetzen. | |
Es bestehe heute „ein wachsendes Bewusstsein dafür, dass die Würde der | |
Person auch dann nicht verloren geht, wenn jemand schwerste Verbrechen | |
begangen hat“, heißt es in einer Erklärung des Vatikans zur geänderten | |
Kirchenlehre. Es gäbe wirksamere Sanktionen, die die „pflichtgemäße | |
Verteidigung der Bürger garantieren, zugleich aber dem Täter nicht | |
endgültig die Möglichkeit der Besserung nehmen“. | |
Bislang sah der Katechismus Strafen vor, die der Schwere des Verbrechens | |
angemessen seien, „ohne in schwerwiegendsten Fällen die Todesstrafe | |
auszuschließen“. Dabei handelte es sich jedoch um eine theoretische | |
Klausel, denn die katholische Kirche, die im Mittelalter Heiden, Hexen und | |
Ketzer blutrünstig verfolgte, hat seit rund 150 Jahren keinen Menschen mehr | |
hingerichtet. Auch der Vatikan hatte die Strafe bereits Ende der 60er Jahre | |
formell abgeschafft. | |
Dennoch ist die Neuerung des Katechismus von symbolischer Bedeutung für | |
christlich geprägte Staaten, die bis heute an der Todesstrafe festhalten, | |
allen voran die USA. In seiner Rede vor dem Kongress hatte Papst Franziskus | |
bereits im September 2015 die weltweite Abschaffung der Todesstrafe | |
gefordert, die er wiederholt als „grausam, unmenschlich und erniedrigend“ | |
bezeichnete, und die eine Vergebung unmöglich mache. | |
## Auch Verbrecher haben ein Recht auf Leben | |
Das katholische Kirchenoberhaupt warnte später zudem vor Justizirrtümern. | |
Den Opfern sei mit der Todesstrafe nicht geholfen. Auch Verbrechern stehe | |
das „unantastbare Recht auf Leben“ zu, bei dem es sich letztendlich um „e… | |
Geschenk Gottes“ handelte. | |
Einer im Oktober letzten Jahres veröffentlichten Umfrage des Instituts | |
Gallup zufolge, unterstützen noch 55 Prozent der US-Bürger Hinrichtungen | |
von Schwerverbrechern. Die Untersuchung vermerkt indes einen Rückgang um | |
fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aktuell warten in den USA 2.700 | |
Häftlinge auf die Vollstreckung des gegen sie verhängten Todesurteils, so | |
berichtet der Guardian. | |
Die meisten Todesurteile weltweit verhängt China. So vermutet die britische | |
Tageszeitung im selben Artikel, dass der veränderte Katechismus die | |
Bemühungen erschweren könnte, die Beziehungen zwischen dem Vatikan und | |
China wiederherzustellen, die „vor fast 70 Jahren abgebrochen wurden“. | |
## Weltweit geht die Zahl der Hinrichtungen zurück | |
Die Evangelische Kirche begrüßte die Neuerung. „Jeder Mensch soll die | |
Chance haben, eine Wende zum Besseren zu vollziehen“, sagte Thies Gundlach, | |
Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes dem epd. Am Ende sei „Gott Richter über | |
den Menschen sowie das Leben und den Tod“. | |
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) berichtete im | |
April über einen Rückgang der Hinrichtungen weltweit. Ohne Berücksichtigung | |
der Zahlen aus China, das keine Angaben zur Anzahl der verhängten | |
Todesurteilen macht, seien im vergangenen Jahr weltweit 993 Menschen | |
hingerichtet worden, vier Prozent weniger als im Vorjahr. Die | |
Menschenrechtsorganisation vermutet, dass in China die Anzahl der | |
Todesstrafen in die Tausende geht. An zweiter Stelle nach China werden die | |
meisten Todesurteile im Iran verhängt, gefolgt von Saudi-Arabien. | |
Die Bundesrepublik schaffte die Todesstrafe kurz nach dem Zweiten Weltkrieg | |
ab, die DDR erst in den 80er Jahren. Die vermutlich letzte Hinrichtung soll | |
1981 in Leipzig stattgefunden haben. Der 30-jährige Stasi-Hauptmann Werner | |
Teske war wegen Spionage verurteilt und kurz darauf mit einem Kopfschuss | |
hingerichtet worden. | |
3 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
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