# taz.de -- Kommentar Hartz-IV-Sanktionen: Abmildern ja, abschaffen nein | |
> Besondere Strafen für jüngere Hartz-IV-Empfänger gehören gestrichen. Alle | |
> Sanktionen zu streichen wäre aber nicht sinnvoll. | |
Bild: Hinweis auf eine Hartz-IV-Betratung in Berlin-Neukölln | |
Es ist der Albtraum für so manche Sozialpolitiker: Der junge Mensch aus | |
einem sogenannten sozialen Brennpunkt, vielleicht Berlin-Neukölln, der auf | |
die Frage nach seiner beruflichen Zukunft vor laufender Kamera antwortet: | |
„Ich werde Hartz IV.“ Der Albtraum war vor einigen Jahren so bedrückend, | |
dass man in Deutschland die [1][Sanktionen für jüngere EmpfängerInnen von | |
Hartz IV] verschärfte. | |
Wer als Mensch unter 25 Jahren im Hartz-IV-Bezug eine | |
Berufsbildungsmaßnahme ohne Grund einfach abbricht, dem kann die | |
Regelleistung sofort gekürzt werden, im Wiederholungsfall fällt sogar die | |
ganze Leistung inklusive der Mietkosten weg. Bei älteren EmpfängerInnen | |
erfolgt diese Kürzung hingegen in kleineren Schritten. | |
Die stärkere Sanktionierung ist ein Teil der Disziplinierungspakete der | |
Jobcenter. Dazu gehört auch eine vielfältige Latte an | |
Berufsbildungsmaßnahmen, in die man junge Menschen steckt, so dass nur ja | |
niemand auf die Idee kommt, sich an den Hartz-IV-Bezug zu gewöhnen. Dieser | |
Disziplinierungsgedanke für Jüngere hat allerdings mit der Praxis oft wenig | |
zu tun. | |
In Berlin beispielsweise hatten die Sanktionen zur Folge, dass viele junge | |
Leute abtauchten, sich beim Jobcenter nicht mehr meldeten, vielleicht sogar | |
obdachlos wurden und als junge Bettler mit Psychoknacks und Suchtproblemen | |
vor den U-Bahnhöfen landeten. Hauptsache, man hat Ruhe vor den Behörden. | |
[2][Die Forderung] ist daher richtig, wieder zurückzurudern: Die schärferen | |
Sanktionen müssen gestrichen und nur noch einheitliche Sanktionen für alle | |
Altersgruppen festgelegt werden, wie es heute die Bundesarbeitsagentur | |
selbst fordert. Grundsätzlich alle Kürzungen für Hartz-IV-Empfänger | |
abzuschaffen, die jede Mitwirkung ablehnen, wie es die Linke etwa | |
vorschlägt, wäre äußerst fragwürdig. | |
Hartz IV würde damit zu einer Art Grundeinkommen ohne jede Gegenleistung. | |
Die Spaltung zwischen SteuerzahlerInnen, die Hartz IV finanzieren, und den | |
Leistungsempfängern würde sich vertiefen. Das Verhetzungspotenzial ist | |
groß. Es wäre einfach keine gute Idee. | |
19 Aug 2018 | |
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[2] /Sozialpolitik-in-Deutschland/!5525636 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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