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# taz.de -- Flüchtlinge in Österreich: Abschiebung während der Ausbildung
> In Österreich sind Hunderte Auszubildende von einer Abschiebung bedroht.
> Die Rechtsregierung verteidigt sich mit der Durchsetzung des
> Rechtsstaats.
Bild: Viele Geflüchtete in der Ausbildung sind in Österreich von einer Abschi…
Wien taz | „Wenn fünf Mitarbeiter von heute auf morgen gehen müssen, fehlt
mir ein Viertel meiner Kapazität“, machte der Gastwirt Hans Windisch,
Betreiber des Hügellandhofes bei Graz, in einem Radio-Interview seinem
Ärger Luft: „Entweder wir brauchen einen zweiten oder dritten Ruhetag oder
wir müssen schließen.“ Von sieben Lehrlingen sind nur zwei Österreicher,
die anderen stammen aus Afghanistan und Bangladesch. Einer hat schon einen
rechtskräftigen negativen Asylbescheid.
Windisch ist mit seinem Problem nicht allein. Hunderte Lehrlinge, teils mit
abgeschlossener Ausbildung, teils mitten in der Lehre, sind in Österreich
von Abschiebung bedroht. Viele jugendliche Asylbewerber lassen sich für
einen Mangelberuf ausbilden – die einzige Ausbildung, die ihnen offensteht.
Der Appell an wirtschaftliche Vernunft stößt bei der Rechtsregierung aus
FPÖ und ÖVP auf taube Ohren.
Selbst die parteilose Außenministerin Karin Kneissl, die auf einem
FPÖ-Ticket sitzt, stellt sich hinter die Regierungspolitik. „Warum lässt
man jemanden in Österreich eine Lehre beginnen, wenn man ihn mittendrin
abschiebt?“, [1][fragte sie „Zeit im Bild 2“-Moderator Armin Wolf letzte
Woche.] Es handle sich nur um eine kleine Gruppe, von 800 bis 900 Personen,
sagte Kneissl. Da gehe es um Einzelschicksale und die Durchsetzung des
Rechtsstaates.
Die Regierung genießt zwar hohe Zustimmungsraten von um die 60 Prozent,
doch in dieser Frage denkt eine Mehrheit anders. Laut einer kürzlich
veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Unique research
sind [2][fast drei Viertel der Österreicher gegen die Abschiebung von
Lehrlingen], die einen negativen Asylbescheid erhalten haben.
## Nur 21 Prozent teilen die Regierungslinie
43 Prozent finden, die abgelehnten Asylwerber sollten zumindest die Lehre
beenden dürfen. Weitere 29 Prozent befürworten ein generelles Bleiberecht
nach der Lehre. Nur 21 Prozent unterstützen die Regierungslinie, wonach die
Asylwerber gleich abgeschoben werden sollen.
Der oberösterreichische Landesrat Rudi Anschober (Grüne) glaubte, die
besseren Argumente für sich zu haben, als er im vergangenen November
[3][die Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“] ins Leben rief. Über
56.000 Personen und mehr als 600 Firmen unterstützen eine entsprechende
Petition. Die meisten setzen sich für das deutsche Modell „3plus2“ ein, das
vorsieht, dass Lehrlinge während der dreijährigen Lehrzeit und den ersten
beiden vollen Arbeitsjahren nicht abgeschoben werden.
Der Chef der Wirtschaftskammer, Harald Mahrer (ÖVP), lässt die
Wirtschaftstreibenden im Stich: Recht müsse Recht bleiben. Daher wird
munter abgeschoben.
14 Aug 2018
## LINKS
[1] https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-2/1211/ZIB-2/13985230/Ministerin-Kneissl-…
[2] https://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/5467944/Mehrheit-der-Oester…
[3] http://ausbildung-statt-abschiebung.at/
## AUTOREN
Ralf Leonhard
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