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# taz.de -- Stillen auf dem Catwalk: Babys als neue Trend-Accessoires
> Das US-Topmodel Mara Martin stillte ihr Baby auf dem Laufsteg. Das löste
> einen Begeisterungssturm aus. Dabei steckt dahinter ein bedenklicher
> Trend.
Bild: Mara Martins auf dem Laufsteg: Es muss nicht immer glitzern beim Stillen
Wir müssen mal wieder [1][über Stillen in der Öffentlichkeit reden]. Was
das verständlichste der Welt sein sollte, nämlich dass Mütter ihre Babys im
Café, am Arbeitsplatz oder im Park stillen dürfen, erregt immer wieder die
(männlichen) Gemüter. Dieses mal ist aber das genaue Gegenteil passiert.
Am vergangenen Sonntag lief das US-amerikanische Victoria Secret-Model Mara
Martin bei einer Bademoden-Show des Magazins Sports Illustrated mit ihrem
Baby über den Laufsteg. Martin trug einen gold-glitzernden Bikini, auf
ihrem Arm lag ihr fünf Monate altes Baby in einer grün gehäkelten Unterhose
über der Windel und blauen Kopfhörern auf den Ohren. Das Besondere daran:
Martin stillte ihr Kind während sie barfuß die neuste Bademode
präsentierte.
Auf dem Blog der der Bademoden-Marke schreiben die Verantwortlichen, es
wäre eine spontane Aktion gewesen. „Ich habe die Idee geliebt, Mara zu
erlauben auf dem Laufsteg zu stillen und dabei hervorzuheben wie
unglaublich und wunderschön Frauen sind“, sagte der Verantwortliche MJ Day
[2][zum Blog swimsuit von Sports Illustrated]. Und die Idee kam gut an.
Unter dem Instagram-Post des Models bezeichnen viele Mara Martin als
„Heldin“ und bewundern den „Mut der wunderschönen Frau“ – einzelne n…
Stimmen blieben natürlich nicht aus.
Und auch verschiedene US-amerikanische und internationale Medien feierten
den Gang über den Laufsteg als empowernden Akt. ABC News beschrieb in ihrer
morgendlichen Show Martin als „Modelmutter, die mit ihrem wertvollsten
Accessoire den Laufsteg revolutioniert“. Und hier liegt auch das Problem
des Ganzen, in dem das Baby zu einem trendigen Accessoire wird.
Es steht nicht zur Diskussion, dass Frauen in der Öffentlichkeit stillen
sollten, ohne dass Außenstehende sich darüber ärgern sollten. Und es ist
auch allein Mara Martins Entscheidung, ob sie ihr Baby auf dem Laufsteg
stillen möchte oder nicht.
## Keine revolutionäre Aktion
Doch revolutionär ist das nicht. Die Aktion reiht sich in einen Trend ein,
der ein Ideal prägt, wie Frauen beim Stillen auszusehen haben. Denn Mara
Martin ist Topmodel, sie entspricht dem westlich geprägten Schönheitsideal
und erfüllt nach fünf Monaten wieder die Maße eines 90-60-90-Models. So
auch Gisele Bündchen, die Bilder bei Instagram postet, in denen sie ihr
Baby stillt während ihr die Nägel lackiert und die Haare geföhnt werden.
Oder das russische Topmodel Natalia Vodianova, die nackt auf einem Sofa
liegt, während ihr Baby an ihrer Brust trinkt. Sie alle sind normschöne
Stars, die mit ihren inszenierten Instgram-Bildern versuchen Tabus zu
brechen.
Doch mit diesen Bildern und Aktionen wird Stillen in der Öffentlichkeit –
wie am Arbeitsplatz oder im Restaurant – nicht enttabuisiert, sondern als
etwas Glamuröses inszeniert. Doch eine Frau muss nicht glamurös sein, wenn
sie stillt. Und die Maße eines Topmodels fünf Monate nach der Geburt eines
Babys zu haben ist okay – aber muss nicht das Ziel von Müttern oder Frauen
überhaupt sein. Diese Vorbilder setzen Mütter unter zusätzlichem
gesellschaftlichem Druck, dem sie ohnehin schon ausgesetzt sind.
Da sind es doch eher die Aktionen, wie die Mitte August in Hannover, die
das Tabu aufbrechen können. Die Künstler*innen Marianne Iser und Thomas
Duda laden Frauen ein, in der Innenstadt Babys in der Öffentlichkeit zu
stillen. Und hier spielt es keine Rolle, welche Klamotten sie dabei tragen,
wie ihre Körpermaße sind und ob ihre Haare mit der Rundbürste frisiert
wurden. Sondern das Stillen zu lediglich zu dem zu machen, was es ist:
etwas vollkommen natürlichem.
18 Jul 2018
## LINKS
[1] /Stillende-Abgeordnete-im-Parlament/!5348790
[2] https://www.si.com/swim-daily/2018/07/16/model-breastfeeding-runway-show-sw…
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Stillen
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