| # taz.de -- Kommentar Eltern in der Politik: Windeln, Brüste und Tabus | |
| > Eine Abgeordnete in Thüringen wurde des Saals verwiesen – weil sie ihr | |
| > Baby dabei hatte. Das zeigt, wie männlich die deutsche Gesellschaft | |
| > tickt. | |
| Bild: In anderen Parlamenten willkommen: Ein Baby im EU-Parlament | |
| In Landtagen, im Bundestag und im Leben gibt es zwei Möglichkeiten für | |
| Frauen: Als egoistische Rabenmütter zu gelten, weil sie nach der Geburt | |
| ihres Kindes schnell wieder arbeiten. Oder sich rechtfertigen zu müssen, | |
| weil sie nicht arbeiten. | |
| Wie männlich Politik (und mit ihr die deutsche Gesellschaft) war und noch | |
| ist, das ist derzeit exemplarisch im Thüringer Landtag zu sehen. Dort hat | |
| die grüne Abgeordnete Madeleine Henfling ihren sechs Wochen alten Säugling | |
| mit ins Parlament gebracht. Und Christian Carius, Unions-Landtagspräsident, | |
| verwies sie des Saals. Kleinkinder hätten dort nichts zu suchen – so stehe | |
| das nun mal in der Geschäftsordnung. | |
| Für Abgeordnete gelten in Deutschland besondere Regeln: Elternzeit gibt es | |
| nicht. Eine Vertretung wäre für eineN gewählteN PolitikerIn tatsächlich | |
| auch schwierig zu organisieren. Historisch allerdings lassen sich die | |
| fehlenden Strukturen auch schlicht und einfach damit herleiten, dass Babys | |
| in der Politik die längste Zeit kein Thema waren. Es gab sie nicht, weil | |
| Männer sie nicht mitbrachten. | |
| Dass Frauen mit ihrem „Gedöns“ nun die heiligen Hallen stören, mag manchem | |
| Politiker nicht passen. Auch solche müssen sich aber doch fragen lassen: | |
| Was könnte passieren, mit so einem Baby im Parlament? Windeln voll? Merkt | |
| niemand. Geschrei? Die Frau könnte rausgehen. Hunger? Die Frau [1][würde | |
| vielleicht stillen]. Weltweit zum ersten Mal so geschehen [2][vergangenes | |
| Jahr in Australien]. Ganz legal übrigens: Das Land hat die Geschäftsordnung | |
| geändert, um familienfreundlicher zu werden. | |
| Das stünde nun auch Thüringen gut an, will es nicht restlos | |
| rückwärtsgewandt dastehen. Die menschenfeindlichen Vorstellungen, die dazu | |
| führen, Mütter, Babys und Brüste aus der Öffentlichkeit fernzuhalten, | |
| zementieren die fehlenden Möglichkeiten von Frauen, die Familie und Beruf | |
| unter einen Hut bringen wollen. Aber Kinder gehören in eine Gesellschaft – | |
| und deshalb, ein Stück weit, auch in die Politik. | |
| 30 Aug 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Stillen-auf-dem-Catwalk/!5522634 | |
| [2] /Kolumne-Mithulogie/!5406304 | |
| ## AUTOREN | |
| Patricia Hecht | |
| ## TAGS | |
| Frauen | |
| Politik | |
| Thüringer Landtag | |
| Mutterschaft | |
| Silke Gebel | |
| Abgeordnetenhaus | |
| Stillen | |
| Mithulogie | |
| Stillen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Grünen-Politikerin über ihre „Elternzeit“: „Männern stellt man die Fra… | |
| Frauen brauchen mehr Regenerationszeit, sagt Berlin-Fraktionschefin Silke | |
| Gebel nach der Geburt ihres dritten Kindes. Sie fordert eine Elternzeit | |
| light für Abgeordnete. | |
| Auszeit vom Parlament: Kinder und die Macht | |
| Grünen-Fraktionschefin Silke Gebel vermisst eine Parlaments-Elternzeit und | |
| fordert Verbesserungen. Hildegard Bentele (CDU) lehnt das ab: Das sei kein | |
| Job wie jeder andere. | |
| Stillen auf dem Catwalk: Babys als neue Trend-Accessoires | |
| Das US-Topmodel Mara Martin stillte ihr Baby auf dem Laufsteg. Das löste | |
| einen Begeisterungssturm aus. Dabei steckt dahinter ein bedenklicher Trend. | |
| Kolumne Mithulogie: Ein Baby ist keine Geste | |
| Schönen Muttertag! Wir brauchen mehr Babys im Parlament, mehr | |
| Kindergeschrei bei Kulturveranstaltungen. | |
| Urteil zum Mutterschutz: Polizistin darf im Dienst stillen | |
| In einer einstweiligen Anordnung hat ein Gericht einer Polizistin erlaubt, | |
| während der Dienstzeit ihr Kind zu stillen. Wie alt das Kind ist, ist dabei | |
| egal. |