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# taz.de -- Machtteilungsabkommen in Südsudan: Warlords belohnen sich selbst
> Südsudans Präsident Salva Kiir und Rebellenführer Riek Machar einigen
> sich auf eine gemeinsame Regierung. Das ist bereits einmal gescheitert.
Bild: Es wird dennoch gefeiert: Südsudanesen in Juba
Berlin taz | Nachdem Südsudans Bürgerkrieg schon bald so lange dauert wie
der Zweite Weltkrieg und die größte grenzüberschreitende Flüchtlingskrise
Afrikas im 21. Jahrhundert angerichtet hat, belohnen sich die
Kriegsparteien des Landes jetzt mit üppig dotierten Posten.
Das Machtteilungsabkommen, das Südsudans Präsident Salva Kiir und
Rebellenführer Riek Machar am Sonntag in Sudans Hauptstadt Khartum
unterzeichneten, setzt dem seit Ende 2013 wütenden Bürgerkrieg mit 4,2
Millionen Vertriebenen und mutmaßlich mehreren Hunderttausend Toten kein
formelles Ende. Aber es sorgt dafür, dass die beiden seit Jahrzehnten
verfeindeten wichtigsten politischen Führer des Landes bald wieder
gemeinsam regieren – als Teil einer der größten Übergangsregierungen der
Welt.
Neben Präsident Kiir bekommt Südsudan mit 12 Millionen Einwohnern, ein
Drittel davon auf der Flucht, zukünftig fünf Vizepräsidenten, darunter
Machar, eine Übergangsregierung mit 45 Ministern und ein Übergangsparlament
mit 550 Abgeordneten, gestellt von den Kriegsparteien. Die
Übergangsinstitutionen sollen innerhalb von drei Monaten gebildet werden
und dann drei Jahre lang im Amt sein, bis zu Wahlen, was im derzeitigen
Zustand Südsudans eine völlige Fiktion darstellt.
Südsudans Regierung ist traditionell fürsorglich, was Mandatsträger angeht:
Die 452 derzeitigen Parlamentarier erhalten im Staatshaushalt 2017/18 je
40.000 US-Dollar zum Kauf eines Dienstwagens – macht 18 Millionen Dollar,
was rund zwei Drittel der von der UNO gemeldeten deutschen Hilfszahlungen
für humanitäre Hilfe im Südsudan entspricht. Es ist schwer denkbar, dass
die zukünftigen Übergangsparlamentarier schlechter dotiert werden.
## Erster Schritt zu einem Friedensvertrag?
Offiziell gilt das Machtteilungsabkommen als Schritt zu einem umfassenden
Friedensvertrag. Südsudan war Ende 2013 nach zweieinhalb Jahren
Unabhängigkeit im Bürgerkrieg zwischen der Armee von Präsident Kiir und den
Kämpfern des wenige Monate zuvor entlassenen Vizepräsidenten Machar
versunken – ein Bürgerkrieg, der schnell in wechselseitige ethnische
Massaker zwischen Kämpfern von Kiirs Dinka-Volk und Machars Nuer-Volk
ausartete. 2,5 Millionen Einwohner sind innerhalb des Landes auf der
Flucht, weitere 1,7 Millionen in Nachbarländern.
Ein erstes Machtteilungsabkommen von 2015, das Machar zurück in die
Regierung holte, [1][scheiterte im Juli 2016]. Nach schweren Kämpfen in der
Hauptstadt Juba floh Machar schwer verletzt durch den Busch in den Kongo
und musste dort von der UNO evakuiert werden. Er kam nach Südafrika, dann
nach Sudan, und Südsudans Krieg tobte heftiger denn je zuvor, mit schweren
Hungersnöten.
Es dauerte zwei Jahre, bis die beiden Kriegsführer wieder zusammenkamen.
Sie trafen sich am 20. Juni in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba zu neuen
Friedensgesprächen unter ostafrikanischer Schirmherrschaft. Ein nach einer
Woche vereinbarter Waffenstillstand, der am 30. Juni in Kraft treten
sollte, wurde allerdings nicht eingehalten. Daraufhin schaltete sich Sudans
international geächteter Präsident Omar Hassan al-Bashir als Vermittler
ein.
## Waffennachschub aus Sudan
Bashir hatte jetzt Erfolg, was auch an der Geschichte liegen kann: Als
Südsudan noch zu Sudan gehörte, war Machar ein Verbündeter Bashirs gegen
die Guerillabewegung SPLA von Salva Kiir und seinem Vorgänger John Garang.
Bashir hat Übung darin, Südsudans Politiker nach Belieben zusammenzubringen
oder auch gegeneinander auszuspielen.
Insofern könnte das wichtigste Ergebnis des neuen Abkommens weniger der
erhoffte Friedensprozess sein, sondern die Rückkehr Sudans als
Ordnungsmacht im Südsudan. Ein wesentlicher Faktor, der die Verhandlungen
beschleunigte, war eine Drohung des UN-Sicherheitsrats mit Sanktionen gegen
Südsudans Kriegsführer und am 13. Juli die Verhängung eines umfassenden
Waffenembargos, das es in den viereinhalb Jahren Krieg nicht gegeben hatte.
Südsudans Warlords müssen in Zukunft ihren Nachschub im Sudan besorgen,
dessen Regierung sich um internationale Sanktionen nicht schert und
militärisch eng mit Russland und China zusammenarbeitet. Wohl nicht ohne
Hintergedanken enthielten sich diese zwei Vetomächte im UN-Sicherheitsrat
bei der entscheidenden Abstimmung über den von den USA eingebrachten
Resolutionsentwurf, statt ihr Veto einzulegen. Zu einem echten
Friedensprozess im Südsudan ist der Weg noch weit.
6 Aug 2018
## LINKS
[1] /Machtkampf-im-Suedsudan/!5321850
## AUTOREN
Dominic Johnson
## TAGS
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