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# taz.de -- Trumps Iran-Sanktionen treten in Kraft: USA verschärfen die Wirtsc…
> Die katastrophale wirtschaftliche Lage löst im Iran Unruhen aus. Jetzt
> wird die Lage durch die US-Sanktionen weiter eskaliert.
Bild: Trumps Sanktionen könnten den Iran politisch auf den Kopf stellen: Demon…
BERLIN taz | Seit Tagen protestieren sie in verschiedenen Städten des
Landes. Der Unmut der Menschen in Iran wendet sich vor allem gegen die
Wirtschaftspolitik von Präsident Hassan Rohani, die verbreitete Korruption
und die gravierende Wasserknappheit, unter der Menschen in weiten Teilen
des Landes seit Monaten leiden. Die von US-Präsident Donald Trump wieder
eingesetzten Sanktionen gegen das Land, die am Dienstagmorgen in Kraft
treten sollen, dürften die iranische Wirtschaftskrise bloß noch weiter
verschärfen.
Immer wieder war es in den vergangenen Monaten in Iran vermehrt zu Streiks
und Protesten gekommen. Die Menschen in Teheran und Städten wie Isfahan,
Maschhad und Schiras richten sich nun aber weit vehementer als bei früheren
Demonstrationen gegen das gesamte System Irans, insbesondere gegen den
herrschenden Klerus. Am Freitagabend etwa hatten rund 500 Demonstranten
eine Religionsschule in Karadsch nahe Teheran angegriffen. Sie versuchten,
die Türen aufzubrechen und das Gebäude in Brand zu stecken. „Nieder mit der
Diktatur!“, skandierten sie, und: „Nieder mit der Islamischen Republik!“.
Während die Ereignisse in den sozialen Netzwerken ausführlich kommentiert
werden, erwähnen die iranischen Medien sie kaum. Die Regierung behauptet,
die landesweit verbreiteten Videos seien Propaganda von Exiliranern, die
von den USA, Israel und Saudi-Arabien finanziert würden. „Sie glauben, wenn
sich 50 bis 200 Leute versammeln, gerate das Land außer Kontrolle“, sagte
der iranische Innenminister Abdulresa Rahmani Fasli. „Sie irren sich
gewaltig.“
Grund für die Unruhen ist die katastrophale wirtschaftliche Lage in Iran.
Die Landeswährung befindet sich seit Wochen im freien Fall. Seit April hat
der iranische Rial fast 50 Prozent seines Werts eingebüßt. Die
Lebensmittelpreise steigen, und besonders unter Jugendlichen ist die
Arbeitslosigkeit hoch. Hinzu kommt ein dramatischer Mangel an Brauch- und
Trinkwasser in vielen Gegenden des Landes. Für die Bürgerinnen und Bürger
wird das Leben immer unerträglicher.
Diese Wirtschaftskrise hat mehrere Ursachen: Misswirtschaft, Mangel an
notwendigen Reformen, die himmelschreiende Korruption und nicht zuletzt die
neu eingesetzten, seit Monaten diskutierten US-Sanktionen. Die gemäßigte
Regierung von Hassan Rohani hatte jahrelang mit den UN-Vetomächten und
Deutschland über das Atomabkommen verhandelt, das die Aufhebung der
Sanktionen vorsah. 2015 wurde es schließlich unterzeichnet.
Die Regierung in Teheran wollte damit einen wirtschaftlichen Aufschwung
herbeiführen. Das ist ihr nicht gelungen: Für notwendige Erneuerungen war
Rohanis Regierung zu schwach. Hardliner und Konservative torpedierten ihre
Pläne. Inzwischen sind die Millionen Iraner und Iranerinnen, die Rohani
gewählt und von ihm grundlegende Veränderungen erwartet haben, bitter
enttäuscht.
Kaum noch jemand in Iran hofft auf eine Besserung der Lage. Im Gegenteil:
Die neuen US-Sanktionen lassen noch schlimmere Zeiten befürchten. Die USA
wollen verhindern, dass Iran US-Dollar erwirbt und mit Gold und anderen
Edelmetallen handeln kann. Iran soll keine internationalen
Finanztransaktionen mehr tätigen können. Auch der Handel mit bestimmten
Metallen, Rohstoffen und Industriewaren soll unterbunden werden. Darunter
fallen auch Autos und Flugzeugersatzteile.
Zudem soll der Import iranischer Produkte wie Teppiche, Pistazien und
Kaviar verboten werden. Nach dieser ersten Phase sollen am 4. November
weitere Sanktionen in Kraft treten. Diese sollen den Export iranischen Öls
sowie den internationalen Zahlungsverkehr mit dem Land verhindern. Wichtige
Abnehmer wie Indien, China und die Türkei wollen aber auch weiterhin
iranisches Öl kaufen.
## USA wollen Protest unterstützen
Die US-Regierung unter Trump hatte das internationale Atomabkommen mit Iran
im Mai einseitig aufgekündigt. Sie will dadurch den wirtschaftlichen Druck
auf Teheran so verstärken, dass das Regime die Bedingungen Washingtons zu
einem neuen Abkommen akzeptiert. Die USA seien zwar offen für Fortschritte
in den Beziehungen mit Teheran, sagte US-Außenminister Mike Pompeo. Dafür
müsse es beim „iranischen Regime“ aber enorme Veränderungen geben. An das
iranische Volk gerichtet sagte Pompeo: „Die Führer des Staates […] werden
die qualvollen Folgen ihres Handelns zu spüren bekommen.“ Der Druck werde
erst dann nachlassen, wenn in der iranischen Politik eine spürbare und
dauerhafte Wende vollzogen werde.
Doch die US-Regierung will nicht nur wirtschaftlichen Druck ausüben. Nach
eigenen Angaben plant sie, die Unzufriedenen und Protestierenden in Iran zu
unterstützen. Geplant sei etwa ein Fernseh- und Radiosender, der auch über
das Internet zu empfangen sein soll. Iranerinnen und Iraner sollen zudem
Hilfe erhalten, um die Filterung von sozialen Netzwerken zu umgehen.
Laut einem Reuters-Bericht haben die USA bereits eine Propagandaoffensive
unter Leitung von Pompeo und Sicherheitsberater John Bolton gestartet, um
Unruhe im Land zu stiften, die iranische Staatsführung zu diffamieren und
die Probleme des Landes überspitzt darzustellen. „Lassen Sie mich deutlich
betonen, dass wir keinen Regimewechsel in Iran anstreben, sondern einen
Wechsel der Politik und des Verhaltens des Regimes“, wird ein hochrangiger
Angestellter des Außenministeriums zitiert. Letztendlich werde das Regime
„sich für einen Wechsel entscheiden oder die Folgen seines zerstörerischen
Treibens ertragen“.
Die Chance, dass es den Reformern und Gemäßigten gelingt, die Konflikte mit
den USA auf diplomatischem Weg zu lösen, ist allerdings gering.
Wahrscheinlicher ist, dass die Regierung Rohani dem Druck nicht standhalten
kann – und den Platz für die Hardliner und Erzkonservativen räumen muss.
Mit Donald Trump im Weißen Haus und den Hardlinern an der Macht in Teheran
könnte die Lage weiter eskalieren. Die Folge könnte ein neuer Krieg im
Nahen Osten sein – mit verheerenden Folgen.
6 Aug 2018
## AUTOREN
Bahman Nirumand
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