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# taz.de -- Kolumne American Pie: Verhängnisvolle Jugendsünde
> Drei erfolgreiche US-Baseballer werden öffentlich kritisiert. Sie haben
> vor Jahren homophobe, rassistische und sexistische Tweets abgesetzt.
Bild: Sean Newcomb fiel durch einen diskrimierenden Tweet aus seiner Jugend auf
„Ich bedauere die Fehler, die ich in der Vergangenheit gemacht habe“, sagt
Josh Hader. „Es war dämlich, was ich damals getan habe“, sagt Sean Newcomb.
Und Trea Turner: „Es gibt keine Entschuldigung für meine unsensible und
beleidigende Sprache auf Twitter.“
Drei Baseball-Spieler, drei Mal dasselbe Problem: Das Internet vergisst
nicht. Auch keine rassistischen, homophoben Tweets. Das mussten Hader,
24-jähriger Pitcher der Milwaukee Brewers, der 25-jährige Newcomb, der bei
den Atlanta Braves ebenfalls als Pitcher angestellt ist, und zuletzt
Turner, 25 Jahre alt und Shortstop der Washington Nationals, in den
vergangenen Tagen erfahren. Von den drei etablierten Profis waren politisch
inkorrekte Tweets aus den vergangene Jahren aufgetaucht, die wiederum
Empörung in den sozialen Medien auslösten.
Die Tweets stammen allesamt aus den Jahren 2011 oder 2012, in denen die
drei Spieler unabhängig voneinander meist noch zur High School gingen und
bloß hoffnungsvolle Talente waren. Die Verteidigungsstrategie war deshalb
schnell gefunden: Wir waren jung und wir wussten es nicht besser. Newcomb,
der unter anderem eine homophobe Zeile aus einem Song des Rappers Drake
zitiert hatte, nannte seine Hate Speech aus den Tiefen des Netzes „dummes
Zeugs“ und sagte: „Ich bin seitdem erwachsen geworden. Ich habe mir damals
nichts dabei gedacht. Es war einfach etwas Dummes, was ich vor langer Zeit
getan habe.“
Auch Turner, der per Twitter einen rassistischen Witz und
schwulenfeindliche Kommentare verbreitet hatte, bemüht in seinem
offiziellen Statement seine Jugend als Entschuldigung: „Ich wollte damals
niemanden beleidigen, und ich werde dafür sorgen, dass so etwas nicht
wieder vorkommt.“
## Aufrichtige Entschuldigung
Der Erste, von dem zweifelhafte Tweets auftauchten, war Josh Hader.
Ausgerechnet während des All-Star-Spiels, zu dem Hader das erste Mal in
seiner Karriere eingeladen war, wurden homophobe, frauenfeindliche und
rassistische Tweets des damals 18-Jährigen bekannt. Vor dem Spiel freute er
sich noch über die Ehre, als einer der Besten der Liga ausgewählt worden zu
sein. Während er auf dem Feld stand, liefen die sozialen Kanäle heiß, und
auf den Zuschauerrängen wurde schon eifrig diskutiert.
Hader selbst erfuhr erst nach dem Spiel von der Aufregung und musste sich
unvorbereitet den Reportern stellen. „Ich glaube, ich hab damals ein paar
Rap-Texte getweetet“, sagte Hader in der Büßerecke, „aber ehrlich gesagt,
weiß ich nicht mehr genau, was alles da draußen ist. Ich war jung, kindisch
und dämlich. Ich bedauere meine Fehler zutiefst. Diese Tweets haben nichts
mit dem Menschen zu tun, der ich heute bin.“
Haders Entschuldigung, das konnte man seiner Stimme anhören, kam von
Herzen. Und wurde von der Öffentlichkeit auch akzeptiert. Als er
vergangenen Freitag mit seinen Brewers zum ersten Mal auswärts antreten
musste, wurde er in San Francisco, bekanntlich eine besonders offene und
liberale Stadt, zwar von einigen wenigen Buhrufen empfangen, aber größere
Proteste blieben aus.
Auch die Liga nannte Haders Tweets zwar „inakzeptabel“, aber verzichtete
auf eine Suspendierung, verdonnerte Hader allerdings zu einem
Sensitivitäts-Training. Der Profi traf sich daraufhin prompt mit dem
Ex-Profi Billy Bean, der seit seinem Outing nach seinem Karriereende in der
LGBT-Bewegung aktiv ist.
Trotz dieser drei Fälle, die in kurzer Zeit öffentlich wurden, ist eine
breitere Diskussion wie in Deutschland nach dem Özil-Rücktritt vorerst
ausgeblieben. Das könnte sich allerdings dann ändern, wenn noch mehr der
ungefähr 1.200 auf höchstem Niveau aktiven MLB-Spieler auffällig werden
sollten. Aber noch fragt sich in den USA niemand ernsthaft, ob der
Profi-Baseball generell rassistisch, frauen- und schwulenfeindlich ist.
Tatsächlich ist es wohl auch so: Der Baseball ist nicht nur ein abendliches
Vergnügen für die ganze Familie, sondern eben auch ein Abbild der
Gesellschaft. Seine Probleme mit Homophobie, Rassismus und Misogynie
dürften auch nicht größer sein als in den typischen amerikanischen
Kleinstädten, aus denen die drei Twitterer stammen, egal ob sie in
Massachusetts (Newcomb), Florida (Turner) oder Maryland (Hader) groß
geworden sind.
1 Aug 2018
## AUTOREN
Thomas Winkler
## TAGS
Schwerpunkt Rassismus
Homophobie
Twitter / X
Sexismus
MLB
Baseball
American Pie
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