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# taz.de -- EU-Japan-Handelsabkommen Jefta: Wasser auf die Mühlen der Skeptiker
> KritikerInnen fürchten, dass der Handelspakt zwischen EU und Japan zu
> Privatisierung in der deutschen Wasserwirtschaft führen könnte.
Bild: In Berlin stiegen die Wasserpreise nach der Privatisierung stiegen die Pr…
Draußen ist nichts zu sehen, aber im Netz ist richtig was los: In wenigen
Tagen haben mehr als eine halbe Million Menschen [1][den Aufruf der
Onlinekampagnenagentur Campact] gegen das [2][Freihandelsabkommen zwischen
Japan und der EU (Jefta)] unterzeichnet. Fast wie in alten Zeiten. Gegen
die transatlantischen Wirtschaftsabkommen TTIP und Ceta [3][hatten
Hunderttausende demonstriert].
Der Protest gegen Jefta entzündet sich am Umgang mit dem Trinkwasser. „Die
Wasserversorgung muss explizit von Liberalisierung und Privatisierung
ausgenommen werden“, fordert Campact. Der Appell richtet sich an die
SPD-PolitikerInnen Andrea Nahles und Olaf Scholz. „Wir wollen erreichen,
dass die SPD Druck auf Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ausübt,
damit er das Abkommen im EU-Ministerrat am Freitag nicht unterschreibt“,
sagt Campact-Sprecherin Svenja Koch.
Aber auch danach wird die Unterschriftensammlung weiterlaufen, denn das
Abkommen wird erst am 11. Juli unterzeichnet. Damit es Anfang 2019 in Kraft
treten kann, muss es außerdem noch vom EU-Parlament verabschiedet werden.
Das ist für Dezember geplant.
Die Wasserwirtschaft in Deutschland ist kein freier Markt, betont Jörg
Rehberg vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Die Kommunen
entscheiden über Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung. „Es ist
wichtig, dass die Entscheidungshoheit der Kommunen bleibt und es keinerlei
Zwang zu einer Privatisierung gibt“, sagt Rehberg.
## Teuer für VerbraucherInnen
Die in Jefta festgehaltenen Ausnahmebestimmungen seien nicht ausreichend.
Seine Befürchtung: Die Kommunen in Deutschland könnten dank Jefta künftig
zur Liberalisierung ihrer Wasserbetriebe gezwungen werden.
Das Problem: Für VerbraucherInnen ist der [4][Verkauf der Wasserversorgung
an Privatinvestoren teuer]. „Schlechtere Qualität, höhere Preise: darüber
klagen Menschen dort, wo die Wasserversorgung privatisiert wurde“, sagt
Matthias Flieder von Campact.
Beispiel Berlin: Dort hatte das Land 1999 fast 50 Prozent seiner Anteile an
den Wasserbetrieben verkauft. Innerhalb weniger Jahre nach der
Privatisierung stiegen die Preise für die Verbraucher um 35 Prozent. Das
Land kaufte seine Anteile im Jahr 2013 zurück. Die Investoren hatten dank
vertraglich garantierter Mindestgewinne [5][eine Gesamtrendite von rund 70
Prozent] eingefahren. In Portugal stiegen die Preise nach der
Privatisierung sogar um 400 Prozent.
Die neuen Handelsabkommen der Europäischen Union, wie das mit den USA
geplante, aber vorerst gescheiterte TTIP, sowie das mit Kanada
unterzeichnete Ceta sehen nicht nur den Abbau von Zöllen, sondern auch von
sogenannten nichttarifären Handelshemmnissen vor. Dazu gehört der
eingeschränkte Zugang zu Märkten in einem Land, etwa durch gesetzliche
Regelungen.
## Eigenes Wasser-Kapitel bei Ceta
Mithilfe der Abkommen können Länder gezwungen werden, ihre Märkte – etwa
die Wasserwirtschaft – für private Anbieter zu öffnen. Das gilt aber nicht
für Bereiche, die auf einer sogenannten Negativliste ausdrücklich
ausgenommen sind.
Im europäisch-kanadischen Handelsabkommen Ceta, das in Teilen in Kraft ist
und zurzeit von den EU-Mitglieder ratifiziert wird, gibt es ein eigenes
Kapitel zu Wasser. Das ist bei Jefta nicht der Fall. Fachleute der
Stadtwerke Karlsruhe haben die Regelungen zu Wasser zwischen Ceta und Jefta
verglichen.
Ihr Ergebnis: Jefta fällt hinter Ceta zurück. Und dabei wird auch Ceta vom
Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft kritisch gesehen. „Ceta hat
Ansätze für eine Liberalisierung, aber immerhin klare Aussagen zur Wasser-
und Abwasserwirtschaft“, sagt Rehberg.
Zwar gibt es bei Jefta wie bei Ceta eine sogenannte Negativliste. Sie deckt
in Bezug auf Wasser für Europa die wichtigsten Bereiche ab, zum Beispiel
Wasserentnahme, -aufbereitung und -verteilung. Aber: In dem Abkommen
verpflichten sich beide Seiten grundsätzlich zu einer schrittweisen
weiteren Liberalisierung mit gegenseitigem Marktzugang.
## Abwasser nicht auf Negativliste
„Das schafft Rechtsunsicherheit, denn es ist unklar, welche Bestimmung
Vorrang hat“, sagt Rehberg. Da Japan für sich auf Schutzklauseln für Wasser
verzichtet, fürchten Kritiker, dass an dieser Stelle Druck auf die
Wasserliberalisierung in der EU entstehen wird.
Bei Ceta hatte Deutschland in die Negativliste einen Vorbehalt hinsichtlich
Abwasser eintragen lassen. Das fehlt im Jefta-Abkommen. „Dies steht im
Widerspruch zu der hoheitlich kommunalen Pflichtaufgabe der
Abwasserentsorgung in Deutschland“, kritisiert der Bundesverband der
Energie- und Wasserwirtschaft.
Das Bundeswirtschaftsministerium weist die Kritik zurück. Das
Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in Wasserfragen und die
Abwasserentsorgung als hoheitliche Aufgabe würden nicht eingeschränkt,
sagt ein Sprecher. Sie seien über das Allgemeine
Dienstleistungsübereinkommen (GATS) abgesichert, das für alle Mitglieder
der Welthandelsorganisation (WTO) bindend sei.
Deutschland und Japan sind Mitglieder der WTO. Jefta enthalte den gleichen
Schutz wie Ceta. „Vermeintliche Unterschiede im Vergleich zum Ceta-Text
beruhen auf einer abweichenden technischen Darstellung der Regelungen, die
aber keine inhaltlichen Auswirkungen haben“, sagt er.
5 Jul 2018
## LINKS
[1] https://www.campact.de/wasser-jefta/
[2] /Neues-Freihandelsabkommen-Jefta/!5423482
[3] /Anti-TTIP-Demo-in-Berlin/!5240723
[4] /Kommentar-Wasser-Privatisierung/!5479834
[5] /!5053355/
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Jefta
Europäische Union
Japan
Privatisierung
Freihandel
Schwerpunkt TTIP
Jefta
Vereinte Nationen
Wasser
Jefta
Freihandelsabkommen
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