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# taz.de -- Geschlechtseintrag bei Behörden: Bremen wartet ab
> Ämter und Behörden müssen bis Ende des Jahres eine dritte Option für den
> Geschlechtseintrag einführen. Obwohl die Umsetzung auch Ländersache ist,
> tut Bremen derzeit nichts.
Bild: Aller guten Dinge sind drei: Banner für eine dritte Option beim Geschlec…
BREMEN taz | Friederike Boll und Jesper Jacob Kleinfeld sind
deutschlandweit mit der „Aktion Standesamt 2018“ unterwegs. In Bremen haben
sie am Montag Halt gemacht, um „für ein queeres Personensstandsrecht, das
intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen berücksichtigt und effektiv
vor Diskriminierung schützt“ aufmerksam zu machen. Das scheint auch bitter
nötig zu sein, denn Bremen scheint sich nicht sonderlich für die Umsetzung
des Eintrags der „dritten Option“ zu interessieren.
Dabei muss bis Ende 2018 von den Standesämtern und Behörden die dritte
Option für den Geschlechtseintrag in Geburtsurkunden geschaffen werden. Die
Umsetzung, beispielsweise das Aufklären von Mitarbeitenden und das
Einhalten des Diskriminierungsschutzes, ist Sache der Länder, und während
dafür zum Beispiel in Hamburg Konzepte und Aktionspläne ausgearbeitet
werden, geschieht in Bremen: nichts. Die Standesämter „müssen zunächst die
geplante Änderung des Personenstandsgesetzes durch den Bundesgesetzgeber
abwarten“, begründet das die Innenbehörde.
Bereits im Jahr 2012 schrieb der deutsche Ethikrat: „Mittelfristig gilt es,
den rechtlichen Zwang zur Einordnung in die Binärstruktur männlich-weiblich
im Personenstandsregister aufzuheben sowie nicht-binärgeschlechtlichen
Personen eingetragene Lebenspartnerschaften zu ermöglichen“. Weiterhin
sprach er sich dafür aus, Betroffenen Unterstützung und Respekt zu
gewähren.
Im November 2017 beschloss das Bundesverfassungsgericht, dass die momentane
Regelung zum Eintragen des Geschlechts verfassungswidrig ist. Demnach darf
von Behörden entweder gar kein Geschlechtseintrag vorgeschrieben werden
oder es muss eine dritte Option geschaffen werden. Hierbei handelt es sich
um eine bundesgesetzliche Regelung. Bundesinnenminister Horst Seehofer
(CSU) schlug vor, den dritten Geschlechtseintrag als „anderes“ zu
bezeichnen, was im Justiz- und Familienministerium allerdings abgelehnt
wurde. Von diesen drei Ministerien soll der Gesetzesentwurf erarbeitet
werden.
Die Umsetzung in den Standesämtern, genau wie die Umsetzung des
Diskriminierungsschutzes ist Ländersache, und so beschloss bereits im März
die Hamburgische Bürgerschaft einstimmig die Unterstützung zur zügigen
Umsetzung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, notfalls mithilfe
einer Bundesratsinitiative. Der Senat wurde zur Beseitigung der
Diskriminierung im Personenstandsrecht beauftragt.
Bereits Anfang 2017 veröffentlichte der Hamburger Senat den „Aktionsplan
für Akzeptanz geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“. Er entstand aus der
Zusammenarbeit verschiedener Behörden, darunter auch die Innenbehörde.
In Bremen forderte die grüne Bürgerschaftsfraktion in einem Antrag im Juni
den Senat auf, erste Schritte in die Wege zu leiten. Auf Nachfrage der taz,
ob das schon geschehen sei, heißt es aus der Innenbehörde: „Es handelt sich
um bundesgesetzliche Regelungen. Bremen wird im Rahmen der Abstimmung
zwischen dem Bund und den Ländern beteiligt. Die Standesämter werden das
künftige Gesetz umsetzen“. Ohnehin rechne man nicht damit, „dass die
Standesämter mit einem hohen Antragsaufkommen konfrontiert werden“.
Das hoffen Friederike Boll und Jesper Jacob Kleinfeld natürlich nicht. Das
Team um ihre Aktion besteht aus Trans*, Inter* und queeren Gruppen und
Einzelpersonen. Boll und Kleinfeld arbeiten mit vielen Anwält*innen in ganz
Deutschland zusammen, die zur Änderung der Geschlechtseintragung juristisch
beraten. Weiterhin haben sie im Team viele Musteranträge entwickelt, die
sie im Oktober zum einjährigen Jubiläum des
Bundesverfassungsgerichtsurteils an möglichst viele Standesämter stellen
wollen. Jede Person, die eine Änderung des Geschlechtseintrags möchte,
könne sich gern an das Team wenden, so Boll: „Wir beraten gerne“.
Die Veranstaltung in Bremen regte großes Interesse: Alle Stühle des
Infoladens waren bis auf den letzten Platz besetzt. Nach dem Vortrag von
Kleinfeld und Boll wurden viele Fragen zu den Anträgen oder der Aktion
gestellt.
20 Jul 2018
## AUTOREN
Florian Maier
## TAGS
Dritte Option
Geschlechter
Bremen
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Intersexuelle
Dritte Option
Trans-Community
Geschlechtsidentität
Schwulen- und Lesbenpolitik
Intersexualität
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