# taz.de -- Neue Obdachlosenzeitung: Schnelle Nachfolge für Strassenfeger | |
> Die Sozialgenossenschaft Karuna bringt eine neue Obdachlosenzeitung | |
> heraus, Jugendliche „im Abseits“ machen mit bei der Redaktion. | |
Bild: „Sehr, sehr dankbar“: Sozialsenatorin Elke Breitenbach (3.v.l, hinten… | |
Das ging fix. Nur zehn Tage nach dem Aus für den Strassenfeger gibt es eine | |
neue Obdachlosenzeitung. Die erste Ausgabe von Karuna Kompass wurde am | |
Donnerstag vor dem Abgeordnetenhaus von Sozialsenatorin Elke Breitenbach | |
(Linke) und dem Initiator Jörg Richert von der Sozialgenossenschaft Karuna | |
vorgestellt. „Wir sind Karuna sehr, sehr dankbar, dass sie nach dem Aus des | |
Strassenfeger so schnell eingesprungen sind“, sagte Breitenbach und kaufte | |
symbolisch für 20 Euro einen Stapel Exemplare. | |
Den Strassenfeger gab es seit 1994, zunächst unter dem Namen mob-Magazin. | |
200 bis 250 Verkäufer kauften zuletzt die Zeitung für 60 Cent und | |
verkauften sie für 1,50 Euro weiter. Vor allem finanzielle Gründe zwangen | |
den Verein mob e. V. in der vorigen Woche, sich von dem | |
Hilfe-zur-Selbsthilfe-Projekt zu verabschieden. Zudem gab es zunehmende | |
Beschwerden, dass manche die Zeitung nur als „Vorwand“ zum Betteln | |
benützten. | |
Die Genossenschaft Karuna kümmert sich mit zahlreichen Projekten in der | |
Stadt um obdachlose Jugendliche, etwa in der Erstanlaufstelle Drugstop und | |
der Jugendinitiative Momo. Mitglieder der Genossenschaft sind zudem | |
Organisationen, Firmen und Einzelpersonen, darunter das Unternehmen | |
Independent Connectors. Dieses habe die erste Ausgabe von Karuna Kompass | |
aus Ideen von Jugendlichen realisiert, so Richert zur taz. | |
## Nächste Ausgabe mit Obdachlosen gemeinsam | |
„Die Zeitung war also ohnehin da, es gab noch viele Exemplare. Da hatten | |
wir die Idee, sie den Obdachlosen zu schenken“, erklärt Sophie Röder. Die | |
21-Jährige macht seit April ihren Bundesfreiwilligendienst bei Momo. Die | |
nächste Ausgabe – die Zeitung soll ab August monatlich erscheinen – würden | |
sie mit Obdachlosen gemeinsam gestalten, so Röder. Finanziell sei das | |
Projekt für das erste Jahr gesichert, so Richert. Die Druckkosten von | |
monatlich 2.000 bis 3.000 Euro werde die Genossenschaft übernehmen, man | |
wolle zudem Stiftungen ansprechen und Anzeigenkunden werben. Redaktion und | |
Layout arbeiteten ehrenamtlich. | |
Neu ist, dass die Zeitung umsonst an Verkäufer ausgegeben wird. Dies sei | |
für manche, die sich nicht einmal den Ankauf einiger weniger Exemplare | |
leisten konnten, „sehr wichtig“, lobt Werner Franke, der über elf Jahre den | |
Vertrieb des Strassenfegers organisiert hat. Dass Karuna allerdings nicht | |
kontrollieren will, wer sich Zeitungen nimmt – beim Strassenfeger gab es | |
einen „Ausweis“ für registrierte Verkäufer –, sieht er skeptisch. | |
Richert hält dagegen: Karuna werde die Verkäufer nicht kontrollieren. „Wer | |
sich Zeitungen holt, wird es nötig haben.“ Sollte es aber Probleme geben | |
durch zu viele Verkäufer an einem Ort – etwa dem Hauptbahnhof –, werde man | |
das prüfen. | |
28 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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