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# taz.de -- Seenotrettungsschiff vor Malta: „Lifeline“ darf anlegen
> Das Schiff kann jetzt einen Hafen in Malta ansteuern. Mehrere
> Bundesländer wollen Flüchtlinge aufnehmen, doch Seehofer blockierte.
Bild: Erschöpft und seekrank: Die Geflüchteten sind bereits seit sechs Tagen …
Berlin taz | Das Seenotrettungsschiff „Lifeline“ darf in einen maltesischen
Hafen einlaufen. Das gab Maltas Ministerpräsident Joseph Muscat am
Mittwochmittag bekannt: Ich denke, dass das Schiff heute Abend unsere
Küsten erreichen wird.“ Die Flüchtlinge und Migranten an Bord werden auf
EU-Staaten verteilt, sagte Muscat.
Bereits am Dienstag hatte sich Malta prinzipiell bereit erklärt, das Schiff
anlegen zu lassen. Weil eine europäische Einigung über die Verteilung der
Flüchtlinge aber noch ausstand, ließ der Inselstaat die „Lifeline“
[1][weiter warten]. Am Mittwochvormittag erhielt das Schiff zunächst die
Berechtigung, in maltesisches Gewässer einzulaufen, „um Windschutz zu
suchen“, wie die Crew in einer Twitter-Mitteilung schrieb. Viele der mehr
als 230 Flüchtlinge an Bord sind seekrank.
Einem schnelleren Ende der seit vergangenen Donnerstag andauernden Odyssee
stand anscheinend Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im Weg, der sich
gegen eine Aufnahme der Geflüchteten stellte. Dabei hatten sowohl Italien,
Frankreich, Portugal sowie mehrere deutsche Kommunen und Bundesländer –
[2][unter anderem Berlin und Schleswig-Holstein] – ihre Bereitschaft
signalisiert, Flüchtlinge der „Lifeline“ aufzunehmen.
„Es gibt seit mindestens zwei Tagen einen europäisch ausgehandelten
Verteilungsdeal“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Manuel Sarrazin am
Mittwoch der taz. Sarrazin war am Wochenende selbst auf der „Lifeline“. Ihm
zufolge hatte zwar das Auswärtige Amt seine Zustimmungsbereitschaft
signalisiert, doch dass federführende Innenministerium Seehofers habe die
Umsetzung blockiert.
Einer Aufnahme der Menschen durch die Kommunen muss die Bundesregierung
nach dem Aufenthaltsgesetz ihre Zustimmung erteilen. Demnach kann
Ausländern aus „völkerrechtlichen oder humanitären Gründen“ eine
Aufenthaltserlaubnis erteilt werden. Eine Anfrage der taz an das
Bundesinnenministerium ist seit Dienstag unbeantwortet. Laut dpa weist das
Ministerium Vorwürfe einer Blockadehaltung von Seehofer zurück. „Dazu ist
mir nichts bekannt“, sagte Sprecherin Eleonore Petermann.
## Einigung im Innenausschuss
Am Mittwoch verständigte sich die Bundesregierung auf ihr Vorgehen. In
einer nicht-öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Bundestages
nannte Seehofer Bedingungen für eine mögliche Aufnahme der Flüchtlinge.
Eine Voraussetzung sei, dass das Schiff festgesetzt werde, sagte er.
Zwischen Libyen und Südeuropa dürfe es keinen „Shuttle“ geben. Außerdem
müsse die deutsche Crew zur Rechenschaft gezogen werden. „Wir müssen
verhindern, dass es zu einem Präzedenzfall wird.“ Das Auswärtige Amt solle
sich um die Details kümmern. Muscat kündigte an, Seehofers Wunsch zu
entsprechen: „Dieses Schiff war staatenlos, es wird festgesetzt.“ Auch
werde gegen die Besatzung ermittelt.
Die Hilfsorganisation wies die Vorwürfe zurück. Die „Lifeline“ habe sich
lediglich der Anweisung widersetzt, die geretteten Flüchtlinge in Tripolis
der „sogenannten libyschen Küstenwache“ zu übergeben, erklärte Mission
Lifeline in einer Stellungnahme. Die Organisation verweist auf den
Grundsatz der Nichtzurückweisung in der Genfer Flüchtlingskonvention.
Der Linke-Bundestagsabgeordnete Michel Brandt, der ebenfalls zu Besuch auf
der „Lifeline“ war, sagte der taz: „„Hier wird Symbolpolitik auf dem R�…
der Menschen ausgetragen“. Laut Brandt ist „jede weitere Stunde auf dem
Schiff eine absolute Zumutung“ für die Geflüchteten.
## Seehofer zunehmend isoliert
Mit seiner Verweigerungshaltung stand Seehofer immer mehr alleine. Schon am
Dienstag hatten Berlin und Schleswig-Holstein den Anfang gemacht, der
europäischen Abschottungspolitik zu widersprechen. Berlins Regierender
Bürgermeister Michael Müller (SPD) forderte die Bundesregierung auf, die
„humanitäre Katastrophe“ zu beenden.
Aus dem Kieler Innenministerium hieß es auf taz-Anfrage, Schleswig-Holstein
sei bereit, könne aufgrund der aktuellen Rechtslage aber nicht alleine
entscheiden: „Das geht nur, wenn das Bundesinnenministerium sein
Einvernehmen erklärt.“ Komme es zu einer Einigung der beteiligten Staaten,
werde Schleswig-Holstein „selbstverständlich seinen Beitrag leisten“.
Landesinnenminister Hans-Joachim Grote (CDU) betont: „Die in Aussicht
stehende Lösung zeigt einmal mehr, wie wichtig die europäische
Zusammenarbeit gerade in Flüchtlingsangelegenheiten ist.“
Am Mittwoch äußerte zudem die niedersächsische Große Koalition, sich an
einer Verteilung der auf dem Meer wartenden Flüchtlinge zu beteiligen.
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) schrieb auf Twitter: „Das Land
Niedersachsen erklärt sich bereit, eine begrenzte Zahl der Passagiere des
Rettungsschiffs Lifeline aufzunehmen.“ Eine konkrete Zahl nannte der
niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) nicht. Er wolle
anderen EU-Staaten und Bundesländern keinen Grund geben, „sich einen
schlanken Fuß zu machen“. „Wenn alle ein klein wenig tun, ist allen
geholfen“, sagte Pistorius.
Ein klassisches Aufnahmeprogramm sei das Angebot nicht. Die Menschen würden
in eine niedersächsische Erstaufnahmeeinrichtung kommen und ein normales
Asylverfahren durchlaufen – „mit allen Varianten des Ausgangs eines
solchen“, sagte Pistorius. Am Nachmittag sich CDU-Chef Bernd Althusmann. Er
teilte mit, er rate davon ab, Flüchtlinge von dem Schiff vorschnell von den
Ländern aufnehmen zu lassen.
Auch der Brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der einer
rot-roten Koalition vorsteht, kündigte die Bereitschaft seines Bundeslandes
an. „Brandenburg hat dazu die Kapazitäten und die Möglichkeiten. Allerdings
muss der Bundesinnenminister die rechtlichen Voraussetzungen schaffen“, so
Woidke gegenüber dem RBB.
Mit Esther Geißlinger, Andrea Schapen und dpa
27 Jun 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Erik Peter
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Michael Müller
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