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# taz.de -- Debatte um Rettungschiff „Lifeline“: Soll Niedersachsen helfen …
> Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich für die
> Aufnahme der Bootsflüchtlinge ausgesprochen. Der Koalitionspartner CDU
> rät davon ab.
Bild: Tagelanges Warten: Geflüchtete auf dem Rettungsschiff „Lifeline“
HANNOVER taz | In Asylfragen läuft die große Koalition in Niedersachsen
noch nicht rund. Die Koalitionäre äußern sich allzu gern in den Medien und
kümmern sich danach um den Frieden im eigenen Bündnis.
[1][Erst in der Debatte über die Ankerzentren], bei der die CDU-Fraktion
bei einem Pressefrühstück einen eigenen, nicht abgesprochenen Entwurf zur
Ausgestaltung vorgestellt hat, nun mit einer schnellen Pressemitteilung von
CDU-Chef Bernd Althusmann zu den Geflüchteten auf dem Schiff „Lifeline“.
Der SPD-Innenminister Boris Pistorius hatte am Mittwoch bei einer
Pressekonferenz verkündet, dass das Bundesland bereit wäre, einige der
Geflüchteten in Niedersachsen aufzunehmen.
Die Reaktion des Koalitionspartners kam prompt. In seiner Mitteilung
schrieb Althusmann, dass er davon abrate, die Geflüchteten von der
„Lifeline“ „vorschnell durch die Länder unabgestimmt“ aufzunehmen. „…
eine Prüfung spricht nichts, ich bin aber skeptisch.“
Das Schiff durfte tagelang nicht in den Hafen von Senglea vor Maltas
Hauptstadt Valletta einfahren. Zuvor musste geklärt werden, welche
europäischen Länder die 234 Geflüchteten aufnehmen werden. Deutschland
beteiligt sich – aufgrund der Blockade des Bundesinnenministers Horst
Seehofers (CSU) – nicht daran, obwohl mehrere Bundesländer, darunter auch
Schleswig-Holstein und Niedersachsen, ihre Bereitschaft bereits erklärt
hatten (siehe Kasten).
Innenminister Pistorius hatte bei der Pressekonferenz am Mittwoch die
Position vertreten, dass allen geholfen sei, wenn jeder ein klein wenig
tue. Niedersachsen hätte allerdings nur Menschen aufgenommen, die ihre
Identität und Herkunft in irgendeiner Art hätten beweisen können.
„Der Anspruch zu wissen, wer ins Land kommt, ist berechtigt“, sagte
Pistorius. Zudem betonte der niedersächsische Innenminister, dass die
Geflüchteten ein normales Asylverfahren hätten durchlaufen müssen – „mit
allen Varianten des Ausgangs eines solchen“.
Er habe über die Aufnahme der Menschen mit Ministerpräsident Stephan Weil
(SPD) gesprochen und dieser im Anschluss mit seinem Koalitionspartner
Althusmann. Trotzdem haperte die Kommunikation. „Uns wäre es lieber
gewesen, an die Öffentlichkeit zu treten, wenn alle Detailfragen geklärt
sind“, sagt der Fraktionschef der CDU in Niedersachsen, Dirk Toepffer. Dass
den Geflüchteten von der „Lifeline“ geholfen werden müsste, „ist uns al…
klar. Da gibt es eine humanitäre Pflicht.“
Auch in der Staatskanzlei will man an dieser Stelle keinen „Dissens“
erkennen. Sowohl Pistorius als auch Althusmann hätten betont, dass die
Aufnahme der betroffenen Menschen „nur unter bestimmten, klar umgrenzten
Voraussetzungen überhaupt denkbar ist“, sagt Regierungssprecher Olaf
Reichert.
Ebenso sieht das Althusmann selbst: Die Koalition arbeite gut und
professionell zusammen. “Unseren Innenminister Pistorius schätze ich sehr“,
sagte der CDU-Chef der taz. Dieser habe deutlich gemacht, dass eine
vorschnelle oder leichtfertige Aufnahme nicht in Frage komme. „Genau dieses
habe ich noch einmal betont“, sagt Althusmann. „Die Interpretation eines
Streits in der Groko ist völlig überzogen.“ Letztlich bleibe es Aufgabe der
Bundesregierung über die Aufnahme der Menschen zu entscheiden.
In seiner Pressemitteilung kritisierte Althusmann zudem die
Hilfsorganisationen, die mit ihrem Verhalten den Auftrag der libyschen
Küstenwache konterkarierten. „Wir brauchen endlich europäische Ankerzentren
in den Ländern Nordafrikas, damit die Menschen sich nicht auf den oft
tödlichen Weg über das Mittelmeer begeben“, sagte Althusmann.
Den innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Ulrich Watermann, regt das
auf. Es sei völlig unklar, was mit Ankerzentren in Nordafrika gemeint sei.
Nicht einmal in Deutschland gebe es für diese Einrichtungen ein fertiges
Konzept. „Das sind alles nur Worthülsen“, kritisiert Watermann. „Durch
solche Diskussionen stärkt man rechten Populismus.“ In so einer Notlage
müsse man einfach erst einmal helfen. Alles weitere könne man danach sehen.
Zwischen den Fraktionen der CDU und SPD sei es „offenkundig so“, dass sie
beim Thema Asyl unterschiedliche Positionen hätten. „Deshalb funktioniert
aber trotzdem die Zusammenarbeit“, sagt Watermann. Die Grünen hätten auch
nie Autobahnen bauen wollen.
Auch CDU-Mann Toepffer sieht keine großen Schwierigkeiten: „Gemessen an
dem, was in Berlin passiert, klappt die Koalition in Niedersachsen
allerbestens.“ Zudem entspreche es seinem Verständnis von Parlamentarismus,
dass die Fraktionen auch eigenständig Ideen entwickelten – so wie die CDU
beim Entwurf für Ankerzentren in Niedersachsen.
Diesen habe er bewusst nicht vorher mit der SPD besprochen, sagt Toepffer.
„In Koalitionen gibt es das Bestreben, geräuschlos zu arbeiten, sodass
manchmal fast eine Friedhofsruhe droht.“ Dazu wolle er nicht beitragen.
29 Jun 2018
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## AUTOREN
Andrea Maestro
## TAGS
Lifeline
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