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# taz.de -- Urteil in Argentinien: Lebenslang für Mord an trans Frau
> Die argentinische Transgender-Aktivistin Diana Sacayán wurde im Oktober
> 2015 brutal ermordet. Der Täter wurde jetzt verurteilt.
Bild: Diana Sacayán im Mai 2015
In Argentinien ist erstmals ein Angeklagter wegen der Ermordung einer trans
Frau aus Hass zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die
39-jährige Diana Sacayán war am 13. Oktober 2015 ermordet in ihrer Wohnung
aufgefunden worden. Die ersten Augenzeugen am Tatort sprachen von einem
„Horrorfilm“. In seinem Autopsiebericht notierte der Gerichtsmediziner die
„äußerst grausame Ermordung“ des Opfers.
Der 25-jährige Angeklagte wurde des „Mordes aus geschlechtsspezifischem
Hass und geschlechtsspezifischer Gewalt“ für [1][schuldig befunden,
erklärte der Richter] des vierten Bundesgerichts der Hauptstadt Buenos
Aires am Montag den Schuldspruch. Obwohl das Verbrechen mutmaßlich von
mehreren Personen verübt wurde, konnte kein weiterer Täter identifiziert
werden. Die Urteilsbegründung wird am 6. Juli bekanntgegeben.
Im Saal löste der Richterspruch Beifall und Tränen aus. „Diana ist
Gerechtigkeit widerfahren, und genau dies gebührt ihr auch,“ sagte Sasha
Sacayán, der Bruder des Opfers. Deutlich waren die Rufe der Zustimmung und
Erleichterung, der vor dem Gerichtsgebäude versammelten Menschen, zu hören.
Auf einer Großleinwand hatten sie die Bekanntgabe des Urteils verfolgt.
„Wir haben es geschafft, dass die Justiz erstmals darüber geurteilt hat,
was tatsächlich bei der Ermordung einer unserer Compañeras geschieht,“ so
Sasha Sacayán.
Die Anklage lehnte sich an den Femizid an, der seit 2012 im argentinischen
Strafrecht verankert ist, und den Mord an einer Frau aus
geschlechtsspezifischer Gewalt mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe
belegt. „Die Rechtsfigur des „travesticidio“ ist im Strafrecht nicht
berücksichtigt, aber da die Staatsanwaltschaft erstmals darauf verwies,
werden die Dinge endlich bei ihrem wirklichen Namen genannt,“ sagte Luciana
Sánchez, die Anwältin der Familie Sacayán. Vorrangig sei, welche
Geschlechterzugehörigkeit das Opfer gewählt habe, so Sánchez.
Mit Diana Sacayán hatte Argentiniens Transgenderbewegung eine ihrer
führenden AktivistInnen verloren. Mit siebzehn bekannte sie sich zur ihrer
Identität als trans Frau und begann, sich gegen die Übergriffe von Polizei
und staatlichen Behörden nicht nur gegen Transvestiten und Transgender zu
wehren. Sie wurde Sekretärin der Vereinigung der Lesben, Schwulen und
Bisexuellen in Lateinamerika (ILGA-LAC) und war die treibende Kraft bei dem
2012 verabschiedeten Gesetz über die Geschlechteridentität.
Seither kann in Argentinien die Geschlechtszugehörigkeit allein durch das
innere und individuelle Erleben des Geschlechts bestimmt werden, unabhängig
von der Geschlechtsbestimmung bei der Geburt. Der zuvor notwendige
medizinische Nachweis einer Geschlechtsangleichung wurde abgeschafft und
die nationalen Meldestellen verpflichtet, Änderungen in Geburtsurkunden und
Ausweispapieren zügig und gratis vorzunehmen. Diana Sacayán kam als erste
in den Genuss des Gesetzes. Persönlich überreichte ihr die damalige
Präsidentin Cristina Kirchner ihre neuen Ausweispapiere.
21 Jun 2018
## LINKS
[1] https://www.cij.gov.ar/nota-30695-Caso-Diana-Sacay-n--condenaron-al-acusado…
## AUTOREN
Jürgen Vogt
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