# taz.de -- Kommentar Merkel, Macron und die EU: Einigung auf das Naheliegende | |
> Das Treffen in Meseberg kann nicht als großer Wurf gelten, auch wenn | |
> Macron auf so etwas aus ist. Es bleibt trockene merkelsche Realpolitik. | |
Bild: Sie ist Macrons EU-Reformplänen eher abgeneigt: Bundeskanzlerin Angela M… | |
Reden wir ausnahmsweise mal nicht von Flüchtlingen, von Angela Merkels | |
Kanzlerschaft im Dämmerlicht, vom Aufstand der CSU. Reden wir von Emmanuel | |
Macron. Man kann viel gegen den französischen Präsidenten einwenden, etwa | |
dass seine Reformen den gleichen Defekt haben wie Hartz IV in Deutschland. | |
Vom Versprechen von Sicherheit und Flexibilität bleibt am Ende nur die | |
Forderung übrig, dass die Unterschicht flexibel zu sein hat. | |
Auch der gespreizte Grande-Nation-Habitus ist befremdlich, jedenfalls für | |
pathosferne Bundesdeutsche. Aber Macron hat etwas Seltenes getan. Er hat | |
für die bürokratisch verholzte EU, deren historische Begründung als | |
Friedensgarant ausbleicht, ein verwegenes Ziel entworfen: eine föderale | |
europäische Republik. | |
Alle französischen Reformvorschläge zielen in diese Richtung: der | |
Eurozonenhaushalt, der europäische Finanzminister, die europäische erhobene | |
Digitalsteuer. Mehr gemeinsames Militär, ein europäisches Grenzregime, | |
eine gemeinsame Flüchtlingspolitik. Macron, jungenhaft freundlich, und | |
Merkel, recht aufgeräumt, haben sich in Meseberg alle Mühe gegeben, | |
Erfolgsmeldungen zu verbreiten. Wir sind uns einig, so die Botschaft. | |
Macron verkündet vollmundig, dass „die zweite Etappe in der Existenz des | |
Euro“ anbricht. Die Franzosen haben scheinbar ein wesentliches Ziel | |
erreicht: den Eurozonenhaushalt, wenn auch, auf Merkels Drängen, nicht als | |
ganz neue Struktur. Macron lobt überschwänglich, dass es ab 2021 ein | |
europäisch verwaltetes Eurobudget geben wird. Doch bis jetzt ist da viel | |
Schein und wenig Sein. Die Etathöhe ist unklar, woher das Geld fließen | |
soll, auch. Wohl aus der Finanztransaktionsteuer, die nach französischen | |
Vorstellungen indes extrem eng gefasst wird und entsprechend wenig Geld | |
einbringt. Oder aus nationalen Haushalten. Weiß das die CSU schon? | |
## Kein großer Wurf | |
Kurzum: Vom hochfliegenden Plan, mit einem Eurohaushalt massiv im Süden zu | |
investieren, bleibt, wenn nicht alles täuscht, nur eine hübsche Verpackung. | |
Die Eurosteuer für Google und Co. mussten die Franzosen wegen mangelnder | |
Unterstützung der anderen EU-Staaten bereits beerdigen. | |
In puncto Migration ziehen Berlin und Paris wie erwartet an einem Strang. | |
Beide wollen einen Dreierschritt: die EU-Grenzen gegen Migranten absichern, | |
am besten Migration schon vorher stoppen, Flüchtlinge in der EU fair | |
verteilen. Der Weg, bis dies auch Konsens in der EU wird, ist viel länger, | |
als die CSU ertragen kann. | |
Meseberg ist kein großer Wurf, keine Wende, auch wenn Macron dieses | |
Vokabular zum Klingen bringen will. Sondern trockene merkelsche | |
Realpolitik: so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Ein Kompromiss, die | |
Einigung aufs Naheliegende: Macron bekommt das Symbol, das er braucht, | |
Deutschland muss kaum mehr zahlen. Man muss Macron nicht mögen, um | |
bestürzend zu finden, wie seine Ideen zerschellen an der Wirklichkeit eines | |
Europa des nationalen Egoismus. | |
19 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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