# taz.de -- Vor der Berliner Seniorenwoche: Armut und Alter, eine fatale Mischu… | |
> Am Samstag startet die Berliner Seniorenwoche. Beraterinnen aus Neukölln | |
> bezeichnen den Umgang mit Älteren als „beschämend“. | |
Bild: Ältere Menschen mit Einschränkungen können Hilfe und Beratung oft gut … | |
Ein kaputter Kühlschrank kann für einen Rentner ein echtes Problem sein. | |
Die Grundsicherung im Alter beträgt für eine allein lebende Person 416 Euro | |
pro Monat, Wohn- und Heizkosten werden extra bezahlt – nicht aber ein neuer | |
Kühlschrank. In solchen Fällen beantragt die Neuköllner Seniorenberaterin | |
Jana Langbein bei einer Stiftung Gelder für die Anschaffung. | |
Schwieriger wird es, wenn jemand dement ist und seine Lebenssituation nicht | |
mehr überblickt. Oder wenn jemand Mietschulden hat und aus seiner Wohnung | |
zu fliegen droht. „Verschuldung im Alter spielt eine immer größere Rolle“, | |
sagte Langbein bei einem Pressegespräch am Montag. | |
Mit Problemen wie diesen beschäftigt sich die Seniorenberatung, die der | |
Humanistische Verband seit zehn Jahren im Auftrag des Bezirks Neukölln im | |
Bürgerzentrum in der Werbellinstraße betreibt. Die Bilanz, die Langbein und | |
ihre Kollegin ziehen, ist hart: „Armut, Krankheit und Alter bilden eine | |
fatale Kombination“, schreiben sie in ihrem Jahresbericht 2017. Wenn vom | |
Regelsatz auch Telefon und Strom gezahlt werden müssen, wie solle dann vom | |
Rest noch ein menschenwürdiges Leben geführt werden, fragen sie. Manchmal | |
empfänden sie den Umgang mit älteren Sozialhilfeempfängern als | |
„beschämend“. | |
## Gegen die Einsamkeit | |
Fast jeder Vierte der 330.000 NeuköllnerInnen ist über 60 Jahre alt. Nur | |
ein kleiner Teil von ihnen wendet sich an die Beratungsstelle des Bezirks: | |
Um knapp 800 KlientInnen kümmerten sich Langbein und ihre Kollegin im | |
vergangenen Jahr, sie führten nach eigenen Angaben zirka 3.000 Beratungen | |
durch. | |
Die Zahlen sind seit der Gründung gestiegen: 2008 kamen 320 KlientInnen, | |
2012 waren es 600. Um den Bedarf abzudecken, hat der Bezirk die Mittel für | |
das Projekt aufgestockt: 2018 wurde eine halbe Stelle mehr eingerichtet, | |
138.00 Euro pro Jahr gibt Neukölln laut Sozialstadtrat Jochen Biedermann | |
(Grüne) für die Seniorenberatung inzwischen aus. | |
45 Prozent der Neuköllner haben einen Migrationshintergrund. In der | |
Beratungsstelle spiegelt sich das bislang nur teilweise wider. Ein Viertel | |
der KlientInnen seien nichtdeutscher Herkunft, schätzt Langbeins Kollegin | |
Renate Gascho. Gerade Hilfen für Menschen aus dem arabischen Raum steckten | |
noch in den Kinderschuhen, so Biedermann: „Das ist die große | |
Herausforderung: Wie können wir Angebote schaffen, die auch diese Menschen | |
erreichen?“ | |
Es gehe darum, die SeniorInnen zu unterstützen, damit sie in ihrem sozialen | |
Umfeld bleiben können. Das Thema Vereinsamung betreffe auch Migranten, sagt | |
Biedermann. „Wir merken, dass auch bei Zuwanderern die familiären Bindungen | |
loser werden.“ | |
Am Samstag startet die Berliner Seniorenwoche. Unter dem Motto „Altern | |
gestalten“ finden bis zum 4. Juli fast 500 Veranstaltungen statt. Weitere | |
Infos: [1][www.seniorenwoche.berlin] | |
19 Jun 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.seniorenwoche.berlin | |
## AUTOREN | |
Antje Lang-Lendorff | |
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