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# taz.de -- Nachhaltiger Konsum: Discounter können auch Bio
> Aldi, Lidl und Co sind zu wichtigen Bio-Händlern geworden. Das erkennen
> sogar Umweltschützer an. Doch sie fordern strengere Gesetze.
Bild: Rund 70 Prozent aller Bio-Käufer*innen kaufen inzwischen im Discounthand…
Berlin taz | Die Preise ganz unten – und dann noch bio und regional, fair,
tierfreundlich und energieeffizient: Deutschlands Discounter können auch
nachhaltig. Das zumindest hat das Verbrauchermagainz Öko Test in seiner
jüngsten Untersuchung festgestellt.
Sie beobachten damit eine Entwicklung, die seit Jahren anhält: Für
Bio-Hersteller sind Discounter wie Aldi, Lidl und Co inzwischen die
wichtigsten Abnehmer geworden. Rund 70 Prozent aller Bio-Käufer*innen
erstehen ihre biologischen Lebensmittel inzwischen im Discounthandel. Aldi
bezeichnet sich daher bereits selbst als Bio-Marktführer – mit
Marktanteilen von 12 Prozent (Aldi Süd) und 14 Prozent (Aldi Nord) – und
erntet dafür auch bei Umweltschützern zunehmend verhaltenen Respekt. Bei
Greenpeace etwa.
Dirk Zimmermann, Experte für nachhaltige Landwirtschaft in der
Umweltschutzorganisation, sagt: „Da sind durchaus Dinge in Bewegung
gekommen.“ Echtes Engagement, so sagt Zimmermann allerdings auch, wäre
jedoch Engagement für die Sache. Das wiederum könne man in unserem
Wirtschaftssystem von Unternehmen nicht unbedingt fordern.
Das sieht auch die Sprecherin vom Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft,
Joyce Moewius, so: „Händler stellen ins Regal, was sich verkauft.“ Und „…
wo ‚bio‘ draufsteht wird auch alles eingehalten“, so Moewius. Das sei gut
so. Wenn man meine, dass Landwirtschaft und Ernährung sich ändern müssten,
könne man „bio“ eben nicht nur im Fachhandel verkaufen.
Zu wenige Kontrollen
Jenseits der Bio-Lebensmittel werden jedoch auch schnell die Grenzen des
Discounter-Engagements in Sachen Nachhaltigkeit sichtbar. So notiert auch
die Zeitschrift Öko Test etwa, dass das Label „regional“ rechtlich nahezu
undefiniert sei. Aufdrucke wie „Aus der Region“ oder „Von Hier“ verwies…
meist auf eine Herkunft aus dem jeweiligen Bundesland.
Siegel für das Tierwohl verwirrten die Verbraucher oft durch ähnliche Namen
und uneinheitliche Kriterien. Und während Discounter inzwischen Obst und
Gemüse mit Schönheitsfehlern als „Bio-Helden“ verkauften, sodass weniger
Lebensmittel weggeworfen werden, würden auch weiterhin massenhaft
Plastikgetränkeflaschen verkauft und so massig Müll produziert. Auch beim
Thema Fairness im Handel führten Discounter in ihren Lieferketten häufig zu
wenige Kontrollen durch.
Bei den Discountern ist also noch nicht alles nachhaltig, was grün angemalt
ist. Das sieht auch Moewius: „Die Händler machen das, was gesetzlich
erlaubt ist und was die Kunden wollen.“ Es sei zu kurz gegriffen, die
Verantwortung für nachhaltigen Konsum bei einem der Akteure allein zu
belassen. Neben den Discountern selbst seien daher auch Politik und
Kund*innen in die Pflicht zu nehmen. Als Leitsatz für Käufer*innen schlägt
Moewius vor: „Bio plus regional plus saisonal ist erste Wahl.“
Es braucht Gesetze
Allerdings weisen Fachleute wie der Professor Ulrich Hamm, der sich an der
Universität Kassel mit Agrar- und Lebensmittelmarketing beschäftigt, darauf
hin, dass sich das Konsumverhalten von Menschen meist nicht kurzfristig
ändere.
Auch Moewius sieht deshalb als wichtigen Ansatzpunkt den gesetzlichen
Rahmen des Lebensmittelhandels. „Da ist in Sachen Nachhaltigkeit noch Luft
nach oben.“ Aktuell gebe es viele schwer bezifferbare, externe Kosten, die
der Einzelhandel bei den Lebensmittelpreisen nicht berücksichtigen muss.
Hamm nennt als Beispiel etwa den problematischen Wasserverbrauch im
südeuropäischen Obst- und Gemüseanbau. Dem Einzelhandel und der Produktion
müsse ein gesetzlicher Rahmen bereitgestellt werden, der die Einpreisung
ökologischer Kosten vorschreibt.
Darüber hinaus setzt er auf die Verbreitung „gelernter Systeme“, wie die
gesetzliche Kennzeichnungspflicht für Eier. Bis zur Einführung im Jahr 2008
machten Eier aus Bio- und Freilandhaltung nur 10 Prozent des Umsatzes aus.
Heute sind es 25 Prozent. „Die Kennzeichnungspflicht war ein Riesenerfolg,
den man locker auf andere tierische Produkte hätte übertragen könnte“, sagt
Hamm.
6 Jun 2018
## AUTOREN
Frederik Richthofen
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Ramona Pop
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