# taz.de -- Kenia verbietet lesbischen Liebesfilm: „Nicht reumütig genug“ | |
> Groß war die Freude bei Regisseurin, Crew und vielen Landsleuten, dass es | |
> zum ersten Mal ein kenianischer Film nach Cannes geschafft hat. | |
> Vergeblich. | |
Bild: Regisseurin Wanuri Kahiu (li.) und Hauptdarstellerinnen Samantha Mugatsia… | |
Zum ersten Mal überhaupt hat es ein kenianischer Film in die | |
zweitwichtigste Wettbewerbsreihe („Un Certain Regard“) von Cannes | |
geschafft, einem der weltweit renommiertesten Filmfestivals. | |
Nur werden KenianerInnen „Rafiki“ (Kisuaheli für „Freund“, wie sich | |
Homosexuelle untereinander nennen, um nicht aufzufallen) ihn leider nie zu | |
Gesicht bekommen – es sei denn, sie fahren ins Ausland oder nehmen das | |
Riskio in Kauf, sich strafbar zu machen. | |
Kurz vor Festivalbeginn verhängte die kenianische Filmzulassungbehörde ein | |
Verbot, den Film – eine Liebesgeschichte zwischen zwei jungen Mädchen in | |
Nairobi – zu vertreiben, vorzuführen oder auch nur zu besitzen. Und das, | |
obwohl ausgerechnet der Vorsitzende der Behörde Ezekiel Mutua die | |
Regisseurin des Filmes Wanuri Kahiu kurze Zeit vorher noch überschwänglich | |
lobte, wie der [1][Guardian] berichtet: Kahiu spreche wichtige Themen an, | |
die die Gesellschaft sonst unter den Teppich kehre. | |
Das Verbot kam demnach überraschend. Es wurde begründet mit den Worten, das | |
Ende des Films sei „zu hoffnungsvoll“ und „nicht reumütig genug“. Wobe… | |
Ende sogar ein offenes ist: Ob die beiden Protagonistinnen Kena und Ziki – | |
beide Töchter von rivalisierenden Politikern, aber aus unterschiedlichen | |
Schichten – es schaffen, entgegen aller Widerstände eine Beziehung | |
einzugehen, bleibt der Fantasie der ZuschauerInnen überlassen. | |
Die Behörde kritisierte, der Film würde Werbung machen für Homosexualität | |
und diese legalisieren – entgegen der „dominierenden Werte, der Kultur und | |
des Glaubens des kenianischen Volkes“. | |
## Schon „Fifty Shades of Grey“ wurden zensiert | |
[2][Behördenleiter Mutua] bat der Regisseurin, die lange in den USA gelebt | |
hat, bevor sie in ihre Heimat zurückkehrte – weil Afrika sie mehr | |
inspiriere, wie sie im [3][Interview mit France24] erzählt –, das Ende des | |
Films zu ändern. Sie entschied sich dagegen: „AfrikanerInnen als traurig | |
und verzweifelt darzustellen, ist weder mein Stil noch mein Ethos“, sagte | |
sie der [4][New York Times]. | |
Über die Einladung nach Cannes freue sie sich, allerdings sei sie sehr | |
enttäuscht darüber, dass ihr Film einem kenianischen Publikum vorenthalten | |
bliebe, sagte sie der [5][Nachrichtenagentur reuters]. „Das ist tragisch, | |
denn niemand versteht die Sprache, die Nuancen und das Setting so gut wie | |
KenianerInnen. Für die haben wir den Film eigentlich gemacht.“ | |
Es ist nicht das erste Mal, dass die kenianische Filmzulassungbehörde Werke | |
zensiert. So wurden der [6][New York Times] zufolge bereits „Fifty Shades | |
of Grey“, „The Wolf of Wall Street“ und ein in Kenia entstandener Remix d… | |
Musikvideos „Same Love“ von Macklemore & Ryan Lewis verboten. | |
Regisseurin Kahiu gibt sich im Gespräch mit France24 dennoch hoffnungsvoll, | |
dass sich Kenia schon bald Homosexualität gegenüber öffnet. „Wir haben | |
schließlich die Werte Friede, Liebe und Einheit in unserer Verfassung | |
stehen.“ | |
Noch ist Homosexualität in Kenia offiziell verboten. Auf | |
gleichgeschlechtlichen Sex stehen bis zu 14 Jahre Gefängnis – ein Gesetz, | |
das noch aus der Kolonialzeit stammt. Womöglich wird das Gesetz bald | |
gekippt, ein Gericht befasst sich aktuell damit. Bereits kassiert wurde der | |
New York Times zufolge kürzlich ein Gesetz, das der Polizei anale | |
Kontrollen zum Nachweis von Sex unter Männern gestattete. | |
11 May 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.theguardian.com/global-development/2018/apr/27/kenya-rafiki-fil… | |
[2] https://www.jetzt.de/liebe-und-beziehung/ezekiel-mutua-ueber-schwule-loewen | |
[3] http://www.france24.com/en/20180511-cinema-cannes-film-festival-rafiki-keny… | |
[4] https://www.nytimes.com/2018/04/27/world/africa/kenya-cannes-film-lesbians-… | |
[5] https://www.reuters.com/article/us-filmfestival-cannes-rafiki/kenyan-filmma… | |
[6] https://www.nytimes.com/2018/04/27/world/africa/kenya-cannes-film-lesbians-… | |
## AUTOREN | |
Lea Wagner | |
## TAGS | |
Cannes Cannes | |
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes | |
Queer | |
Kenia | |
Schwerpunkt LGBTQIA-Community | |
Komödie | |
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes | |
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes | |
Schwerpunkt Filmfestspiele Cannes | |
Cannes Cannes | |
Plastiktüten | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ungewöhnliche deutsche Komödie: Sag „VPN-verschlüsselt“! | |
Ein Mann, eine Frau und die Costa Concordia: „Liebesfilm“ von Emma Rosa | |
Simon und Robert Bohrer ist ein wunderbar unstimmiges Ungetüm. | |
Kolumne Cannes Cannes: Was ist real? | |
Kafkaesk und komisch: „Se Rokh“, das neue Werk des iranischen Regisseurs | |
Jafar Panahi, lässt die Grenzen der Realität verschwimmen. | |
Kolumne Cannes Cannes: Liebe im Krieg und in der Unterwelt | |
Es geht erfrischend weiter. Mit Filmen über gescheiterte Liebe aus Polen | |
und China. Godard verstört das Publikum mit Bildern über den IS. | |
Kolumne Cannes Cannes: Die Drastik des Realen | |
Der Eröffnungsfilm „Everybody Knows“ von Asghar Farhadi ist nicht gerade | |
sein bestes Werk. Und Sergei Loznitsas „Donbass“ erschreckt. | |
Kolumne Cannes Cannes: Zum Auftakt ein Gerichtstermin | |
Das Festival in Cannes beginnt spannend. Wird Terry Gilliams neuer Film | |
noch gezeigt werden? Schon die Dreharbeiten waren sehr langwierig. | |
Kenias strenges Verbot von Plastiktaschen: Einigen fehlt die Tüte | |
Seit Sommer 2017 hat Kenia das weltweit strikteste Anti-Plastiktüten-Gesetz | |
– sogar Haftstrafen sind möglich. Gerade Arme leiden oft darunter. |