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# taz.de -- Israeldebatte im Bundestag: Oberflächlicher Konsens
> Alle Fraktionen sind sich einig, dass das Existenzrecht Israels zur
> Staatsräson Deutschlands gehört. Trotzdem werden zwei Anträge zur Debatte
> gestellt.
Bild: Abgeordnete mit Kippa: Sind sich die Bundestagsfraktionen wirklich so ein…
„Masel tov, Israel“ – mit diesen Worten des Glückwunschs beendeten einige
der Abgeordneten am Donnerstagmorgen ihre Reden im Bundestag. Anlass war
der 70. Jahrestag der Gründung des israelischen Staates am 14. Mai 1948,
der Tag, an dem David Ben Gurion die israelische Unabhängigkeitserklärung
verlas.
Geschlossen, inklusive der AfD-Politiker Alexander Gauland und Beatrix von
Storch, unterstrichen die Abgeordneten das Existenzrecht des Staates
Israel, für dessen Gründung die Shoa den wichtigsten Grund gegeben habe.
Deshalb sei die besondere Verantwortung für Israel und die besondere
Freundschaft zu diesem Land Teil der Staatsräson Deutschlands, so der
Duktus der meisten Reden.
FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sagte, er bedauere es, dass nicht
alle Fraktionen unter dem Antrag „ 70 Jahre Gründung des Staates Israel –
In historischer Verantwortung unsere zukunftsgerichtete Freundschaft
festigen“ zusammengekommen seien. Tatsächlich hatten Bündnis 90/ Grüne und
die Linke einen eigenen Antrag unter dem Titel „70 Jahre Staat Israel“
formuliert.
Streit über Haltung zu BDS
Für Lambsdorff ließ sich das mit der unkritischen Haltung beider Parteien
zur Boykottbewegung „BDS“ erklären. Die Linke sei eine Partei, „die sich…
der Vergangenheit durch Fraternisierung mit radikalen, gewalttätigen
arabischen Gruppen hervorgetan hat und deren Anhänger viele Maßnahmen der
sogenannten BDS-Bewegung unterstützen“, sagte Lambsdorff unter
Zwischenrufen. Außerdem bemängelte er eine Feststellung im Antrag der
Grünen und Linken, laut der die Uneinigkeit der palästinensischen Hamas und
PLO ein Problem für die Zweistaatenlösung sei. Diese Formulierung
kritisierte Lambsdorff, weil die Hamas nicht nur wegen dieser Uneinigkeit
ein Problem sei, sondern vor allem weil sie Israel das Existenzrecht
abspreche.
Zustimmung erhielt der FDP-Politiker von Volker Kauder, dem Vorsitzenden
der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion: Boykottforderungen im Ton eines „Kauft
nicht bei Juden“, die Kauder dem linken Spektrum zuordnete, seien „in
unserem Land unzulässig.“
## Zweitantrag als Ergänzung?
Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken, wies die Kritik zurück.
Er verstehe nicht, dass Lambsdorff und die FDP „ausgerechnet heute mit
einer so kleinteiligen, innenpolitischen Münze bezahlen und das angesichts
der Geschichte Ihrer Partei“, begann er seine Rede. Katrin Göring-Eckardt,
Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Grüne, sprach von einem
„faszinierenden und widersprüchlichen“ Israel und bekräftigte, dass ihre
Partei dem ersten Antrag zustimmen werde. Der zweite enthalte wichtige
Ergänzungen, wie etwa die Forderung nach der doppelten Staatsbürgerschaft
für israelische Bürger.
Tatsächlich findet sich bereits im ersten Absatz des Antrags von CDU/CSU,
SPD und FDP eine klare Absage an die „Aktivitäten der BDS-Bewegung, die zum
Boykott und zur Isolierung Israels aufruft“. Im Antrag der Linken und
Grünen findet sich die Ablehnung allein der „deutschen BDS-Bewegung“
dagegen auf Seite drei von fünf, dafür fordern beide Parteien, „die
völkerrechtswidrigen Siedlungen als Hindernisse auf dem Weg zum Frieden
klar zu benennen“.
Das Wort „Zweistaatenlösung“ fällt in den Reden beider Antragssteller imm…
wieder als Zukunftsvision, wenn auch als eine Utopie, die in weiter Ferne
scheint. In der Abstimmung wurde der Antrag von CDU/ CSU, SPD und FDP auch
mit Stimmen der Grünen angenommen, der zweite Antrag wurde abgelehnt.
## Antisemitismus in Deutschland
Aktuelle Debatten über Antisemitismus in Deutschland kamen in den meisten
Reden ebenfalls zur Sprache. Erst für gestern hatte die jüdische Gemeinde
in Berlin zum Protest gegen zunehmende antisemitischen Vorfälle aufgerufen.
Anlass war auch der Angriff auf einen Mann mit Kippa, der vergangene Woche
im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg von einem arabischsprachigen Mann mit
einem Gürtel geschlagen worden war. In Berlin demonstrierten Mittwochabend
2.500 Menschen in Solidarität mit Jüdinnen und Juden.
Berechenbar einseitig äußerte sich AfD-Fraktionsvorsitzender Gauland zu
diesem Thema: „Wer den Davidstern verbrennt und Kippaträger angreift, hat
das Gastrecht in diesem Lande missbraucht und damit auch verwirkt“. Bei
seinen Mitrednern löste er mit diesen Worten den Verdacht aus, die Debatte
zur Gründung Israels innenpolitisch instrumentalisieren zu wollen.
26 Apr 2018
## AUTOREN
Volkan Ağar
## TAGS
Israel
BDS-Movement
Israelkritik
Shoa
Lesestück Recherche und Reportage
Antisemitismus
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Schwerpunkt AfD
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