# taz.de -- Auftritt im EU-Parlament: Macrons ausgebremster Ehrgeiz | |
> Frankreichs Präsident hat große Pläne für Europa. Im EU-Parlament will er | |
> am Dienstag für seine Zukunftsideen werben. Doch ausgerechnet Berlin | |
> tritt auf die Bremse. | |
Bild: Eins und doch uneins: Macron und Merkel | |
Straßburg dpa | Angesichts [1][stockender EU-Reformen] will Frankreichs | |
Staatschef Emmanuel Macron vor dem Europaparlament in Straßburg erneut für | |
seine Zukunftsideen werben. Unter anderem aus Deutschland schlug Macron mit | |
seinen weitreichenden Plänen für die Europäische Union zuletzt Widerstand | |
entgegen. | |
Die Grünen warfen der großen Koalition in Berlin vor, Frankreich in der | |
Debatte um die Zukunft Europas alleine zu lassen. Der Bundesverband der | |
Deutschen Industrie (BDI) rief die Bundesregierung zu mehr Mut auf. | |
Der Auftritt Macrons vor den Europa-Abgeordneten folgt etwas mehr als ein | |
halbes Jahr nach dessen [2][viel beachteter Rede] an der Pariser | |
Sorbonne-Universität zur Zukunft der EU. Damals hatte er weitreichende | |
Reformen angeregt. Unter anderem sieht Macrons Europaprojekt einen | |
europäischen Finanzminister und einen gemeinsamen Haushalt für die Eurozone | |
vor. Daneben schwebt dem Präsidenten ein europäisches Asylamt vor sowie | |
eine Innovationsagentur, die die digitale Revolution vorantreiben soll. | |
In seiner Rede am Dienstagmorgen wolle Macron vor den Parlamentariern | |
unterstreichen, dass es angesichts jüngster Wahlsiege von EU-Skeptikern in | |
Ungarn und Italien dringenden Handlungsbedarf in der Staatengemeinschaft | |
gebe, hieß es vorab aus dem Élysée-Palast. Eine neue Sorbonne-Rede werde es | |
in Straßburg nicht geben, Macrons Vorschläge lägen auf dem Tisch. Der | |
Präsident wolle sich vielmehr recht kurz halten und die Gelegenheit zum | |
Austausch mit den EU-Abgeordneten nutzen. | |
Der 40-Jährige musste mit seinem Reformeifer lange auf die | |
Regierungsbildung in Deutschland warten. Nun tritt in Berlin vor allem die | |
CDU von Kanzlerin Angela Merkel auf die Bremse. Vor der Einführung eines | |
eigenen Euro-Haushalts müssten erst Finanzierungsprobleme gelöst werden, | |
die durch den Brexit und angesichts neuer Aufgaben auf die EU zukämen, hieß | |
es am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien. Auch von | |
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) waren am Wochenende verhaltene Töne | |
zu hören. | |
## Was sagt Merkel? | |
Merkel will am Dienstag in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ihre Ansätze zur | |
EU-Reform erläutern. Aus dieser wurden zuletzt vor allem von | |
Haushaltspolitikern Bedenken laut. Am Donnerstag empfängt Merkel Macron in | |
Berlin, um über das Thema zu sprechen. Deutschland und Frankreich wollen | |
sich bis Juni auf gemeinsame Positionen verständigen. | |
Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagte der Deutschen Presse-Agentur, Macron | |
stehe mit seinen Reformideen „allein auf weiter Flur“, weil Merkel und | |
Scholz „die proeuropäischen Signale verweigern“. Eine vertiefte Union sei | |
„im ureigenen Interesse der Bundesregierung“, um sich für die Zukunft | |
krisenfester aufzustellen. Mit dem ehemaligen SPD-Chef Martin Schulz sei | |
„offensichtlich der letzte Europäer der GroKo von Bord gegangen“. | |
BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang sagte der dpa: „Die Bundesregierung | |
muss den europäischen Reformkurs konstruktiv und mit eigenen Vorschlägen | |
gestalten.“ Für die Industrie in Deutschland sei die Reform der | |
Währungsunion von überragender Bedeutung. | |
Eckhardt Rehberg (CDU), Chefhaushälter der Unionsfraktion im Bundestag, | |
sagte der Passauer Neuen Presse: „Das Vorhaben der EU-Kommission, den | |
Euro-Rettungsfonds ohne Vertragsänderung zum Europäischen Währungsfonds | |
auszubauen und die nationalen Parlamente außen vor zu lassen, ist ein | |
klarer Affront aus Brüssel. Das werden wir nicht akzeptieren.“ | |
## Europäische Zusammenarbeit essenziell | |
Der energiepolitische Sprecher der Fraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), mahnte | |
in den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (Dienstag), es gelte | |
zu prüfen, ob Macrons Vorschläge auch im Interesse Deutschlands seien. | |
Unions-Fraktionsvize Carsten Linnemann sagte der dpa, die europäische | |
Zusammenarbeit sei essenziell, um Wachstum und Stabilität in Deutschland | |
und Europa zu sichern. In dieser Frage bestünden keine | |
Auffassungsunterschiede zwischen Deutschland und Frankreich. „Wir müssen | |
aber sehr genau schauen, auf welche Weise wir zu einer weiteren Stärkung | |
Europas kommen“, sagte der CDU-Politiker. | |
So sei etwa eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik ein | |
Projekt mit europäischem Mehrwert und Integrationswirkung. „Beim | |
Europäischen Währungsfonds ist für mich unabdingbar, dass er konsequent auf | |
dem Haftungsprinzip aufbaut. Nur dann kann er die nötige Akzeptanz in allen | |
EU-Mitgliedstaaten finden“, so Linnemann. | |
Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok kritisierte die Skepsis in seiner | |
Partei. Der Rhein-Neckar-Zeitung sagte er, Macrons Vorschläge dürften | |
„nicht einfach vom Tisch gewischt werden“. Die Fraktion müsse Merkel die | |
Freiheit geben, „mit Macron Kompromisse auszuhandeln“. | |
Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Gunther Krichbaum | |
(CDU), mahnte in der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten: | |
„Wir dürfen Macron nicht im Regen stehen lassen und müssen konstruktiv mit | |
seinen Vorschlägen umgehen.“ | |
Innerhalb des Europaparlaments fallen die Erwartungen an Macrons Auftritt | |
unterschiedlich aus. Die Grünen beispielsweise erhoffen sich von dem jungen | |
Staatschef vor allem weitere Impulse im Kampf gegen Steuervermeidung in | |
Europa, wie Fraktionschefin Ska Keller mitteilte. | |
Macron hatte in seiner Sorbonne-Rede vorgeschlagen, die Steuersysteme in | |
der EU aneinander anzugleichen. Außerdem will er einen einheitlichen | |
Mindestsatz für Unternehmensteuern durchsetzen. | |
Manfred Weber, Chef der konservativen EVP-Fraktion, zu der unter anderem | |
die CDU/CSU gehört, erklärte in einem schriftlichen Statement: „Wir | |
erwarten von Macron, dass er in seiner Rede die Initiativen für Europa | |
fortführt und konkretisiert.“ Weber sprach sich aber indirekt gegen ein | |
einsames Vorpreschen des ehrgeizigen Präsidenten aus. Nötig sei ein klares | |
Signal, dass Macron seine Vorhaben „im Miteinander gestalten“ will. „Wir | |
brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung.“ | |
17 Apr 2018 | |
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