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# taz.de -- Nach Trumps Raketendrohung: Countdown läuft, Ende offen
> Wie sähe ein westlicher Militärschlag gegen Syriens Assad-Regime aus?
> Klar ist: Die erforderlichen Mittel sind erheblich, die Risiken auch.
Bild: US-Flugzeugträger auf dem Mittelmeer: Möglicher Ausgangspunkt für eine…
BERLIN taz | Führt die Internationalisierung des Syrienkonflikts zu einer
direkten Konfrontation zwischen den USA und Russland? Diese Angst geht um,
seit US-Präsident Donald Trump am Sonntag drohte, für den Einsatz
chemischer Kampfstoffe gegen die syrische Rebellenstadt Douma am
Samstagabend werde ein „hoher Preis zu zahlen“ sein, und direkt das „Tier
Assad“, Russland und Iran verantwortlich machte.
Seither wartet der Nahe Osten jede Nacht auf einen US-Militärschlag in
Syrien. Als Russlands Botschafter in Libanon am Mittwoch erklärte, man
werde einfliegende Raketen „abschießen“, fühlte sich Trump zu einem neuen
Tweet herausgefordert: „Russland schwört, jede und alle auf Syrien
gefeuerten Raketen abzuschießen. Haltet euch bereit, Russland, denn sie
werden kommen, schön und neu und ‚intelligent‘! Ihr solltet keine Partner
eines Gasmördertieres sei, der sein Volk tötet und dem das Spaß macht.“
Von Russland aus wird die Kriegsangst derweil im Verborgenen geschürt. Ein
unter dem Pseudonym Bryan MacDonald agierender Kolumnist des staatlichen
russischen Senders RT verbreitete am Mittwochnachmittag per Twitter,
Quellen im Kreml würden die Wahrscheinlichkeit eines Krieges mit den USA
mit „8 von 10“ einschätzen – nur um diesen Tweet zu löschen, sobald er
sorgenvolle Reaktionen erzeugt hatte.
Unstrittig ist, dass seit Montag in Washington, London und Paris intensiv
über eine, so Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, „starke koordinierte
Reaktion“ auf den Giftgasangriff von Douma nachgedacht wird.
US-Verteidigungsminister Jim Mattis sprach davon, das „Problem“ mit
„unseren Partnern, von der Nato bis Katar“, angehen zu wollen. Die
Planungen waren Berichten zufolge so weit gediehen, dass Beobachter mit
Militärschlägen schon in der Nacht zum Mittwoch rechneten.
## US-Angriff vom östlichen Mittelmeer?
Wie würde ein wirkungsvoller Militärschlag gegen Assad aussehen? Die Rede
ist immer von gezielten Luftangriffen auf Militär- und
Geheimdiensteinrichtungen. Da Russland Syriens Luftraum beherrscht, können
solche Luftangriffe aber nur von außerhalb des syrischen Luftraums erfolgen
– am besten von Kriegsschiffen oder U-Booten im östlichen Mittelmeer. Als
die USA vor einem Jahr in Vergeltung für einen Chemiewaffeneinsatz die
syrische Luftwaffenbasis Shayrat bombardierten, bestand der Angriff im
Abfeuern von 59 Cruise Missiles von den US-Zerstörern „Porter“ und „Ross…
im Mittelmeer.
Diese beiden Schiffe befinden sich derzeit im Nordatlantik. Zur Verfügung
für Syrien steht den USA derzeit der mit Lenkflugkörpern ausgestattete
Zerstörer „Donald Cook“. Er lief am Montag aus der Marinebasis Larnaca auf
Zypern Richtung Syrien aus. Auf der britischen Militärbasis Akrotiri auf
Zypern stehen zusätzlich britische Tornado-Bomber abflugbereit; sie haben
schon zahlreiche Einsätze gegen den „Islamischen Staat“ (IS) in Syrien
geflogen.
Frankreichs Regierung hat nach eigenen Angaben die ostfranzösische Basis
St. Dizier in Alarmbereitschaft versetzt. Die dortigen, mit Lenkflugkörpern
ausgerüsteten Rafale-Kampfflugzeuge könnten Syrien aus der Distanz
beschießen. Frankreich hat zudem eine Militärbasis in den Vereinigten
Arabischen Emiraten, Großbritannien eine auf Bahrain. Dazu kommen die
erheblichen westlichen Militärkapazitäten in Irak und Jordanien.
Gegen all dies steht die russische Präsenz in Syrien: Dutzende
Kampfflugzeuge und Kampfhubschrauber auf der Militärbasis Hmeimin unter
Schutz der modernsten Generation russischer Luft- und Raketenabwehr, dazu
die Marinebasis Tartus. Ohne Russlands Schutz aus der Luft könnte Syriens
Regime nicht überleben – am Boden auch nicht ohne Spezialkräfte aus dem
Iran und die libanesische Hisbollah-Miliz. Dies hat wiederum Israel auf den
Plan gerufen, das regelmäßig Einsätze gegen iranische Militärkapazitäten in
Syrien fliegt. Am Montag beschoss Israel iranische Einheiten auf der
syrischen Luftwaffenbasis T-4. Am Mittwoch erklärten israelische
Regierungsmitglieder laut Jerusalem Post, man werde Assad stürzen, sollte
es zu iranischen Angriffen auf israelische Interessen kommen. Irans
Revolutionsführer Chamenei sagte, Iran werde auf jede „Aggression“ gegen
Syrien reagieren.
## Reaktion Russlands bleibt schwer kalkulierbar
Aber kommt es daher wirklich zum großen Knall? Ein Angriff, der Assad
unwiderruflich schwächt, würde mehr militärische Mittel und mehr politische
Risikobereitschaft erfordern, als derzeit zur Verfügung stehen. Und je
länger die Vorbereitung dauert, desto mehr Zeit hat Syriens Regime, seine
militärischen Mittel in Sicherheit zu bringen.
Nach Angaben von Fachleuten haben die USA derzeit weniger Kriegsschiffe im
Mittelmeer als vor einem Jahr, zum Beispiel keinen einzigen Flugzeugträger.
Die 8. amerikanische Flugzeugträgerkampfgruppe mit 6.500 Soldaten,
bestehend unter anderem aus einem Flugzeugträger, sechs Zerstörern und
einem Lenkwaffenkreuzer, ist erst am Mittwoch von der US-Marinebasis
Norfolk im Bundesstaat Virginia aufgebrochen; sie wird mehrere Wochen
unterwegs sein, bevor sie das Hauptquartier der 6. US-Flotte in Neapel
erreicht.
Schwer kalkulierbar ist die mögliche russische Reaktion auf einen
Großangriff, der über den Abschuss einiger Raketen hinausgeht. Die
vorliegenden russischen Drohungen sind dahingehend interpretierbar, dass
nicht nur US-Raketen abgeschossen werden sollen, sondern auch deren
Abschussorte anzugreifen sind. Dazu müsste Russland ein US-Kriegsschiff und
damit mehrere hundert US-Marinesoldaten im Mittelmeer versenken. Das hätte
tatsächlich unkalkulierbare Folgen.
11 Apr 2018
## AUTOREN
Dominic Johnson
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