| # taz.de -- Kommentar Trumps Syrienpolitik: Schlingernd zum Bombenwurf | |
| > Trumps wankelmütige Syrienpolitik ist eine Gefahr. Die internationale | |
| > Gemeinschaft muss ihr eine eigene Strategie entgegensetzen. | |
| Bild: Trump übt Knöpfchen drücken | |
| Nichts kann den Einsatz von Giftgasen gegen Menschen rechtfertigen. Es ist | |
| ein abscheuliches Verbrechen. Es verstößt gegen jede Moral, gegen das Recht | |
| und gegen internationale Konventionen. In Syrien, wo am [1][Samstag erneut | |
| ZivilistInnen mit Giftgas ermordet worden sind], steht die internationale | |
| Gemeinschaft in der Pflicht. Sie muss aufklären und dafür sorgen, dass es | |
| nicht wieder passiert. | |
| Doch diese Pflicht darf nicht dazu führen, dass [2][jener, der am lautesten | |
| nach einer Strafe mit Bomben schreit] – und zwar noch bevor der Sachverhalt | |
| und die Verantwortlichen überhaupt aufgeklärt sind-, in Führung geht. Die | |
| Erfahrung mit den Propagandalügen, die in die beiden letzten Irakkriege | |
| führte, sollten als Warnung dienen. Da waren die Lügen über | |
| Massenvernichtungswaffen, und, ebenfalls erfundene, über Babys, die in | |
| Brutkästen in Kuwait ermordet wurden. Zusätzlich zur historischen | |
| Verantwortung der USA für die Zerstörungen im Nahen Osten, kommt bei Donald | |
| Trump noch hinzu, dass er nicht die geringste Strategie für Syrien hat und | |
| dass er sich mit Leuten umgeben hat, die auf eine Gelegenheit warten, | |
| endlich wieder Bomben in der Region abzuwerfen. | |
| Trump hat in seiner kurzen politischen Karriere oft bewiesen, wie | |
| wankelmütig und opportunistisch er ist. Das gilt besonders für seine | |
| Syrienpolitik. Sein Schlingerkurs begann 2013, als Barack Obama „rote | |
| Linien“ für Syrien definierte und angesichts eines Giftgasangriffs einen | |
| Vergeltungsschlag erwog. Damals tweetete Trump, Obama möge es nicht tun, | |
| ein Bombardement wäre ein Fehler. Im April 2017, als Trump selbst Präsident | |
| war und es in Syrien einen neuen schweren, Giftgasangriff gab, [3][handelte | |
| er im Gegensatz zu seinem eigenen Rat und bombardierte]. Doch direkt danach | |
| zog er sich wieder zurück. In den Folgemonaten ließ er zu, dass in Syrien | |
| weitere Angriffe mit giftgas-angereicherten Bomben geschahen, und dass | |
| Assads russische und iranische Alliierten ihren Einfluss ausbauten, während | |
| die von den USA finanzierten Oppositionellen ihre letzten Bastionen | |
| verloren. | |
| ## Bellizistisches Kabinett | |
| Trump nahm auch nicht an der Suche nach diplomatischen Lösungen teil. Als | |
| Putin, Erdoğan und Rohani in Ankara zu einem Syrien-Gipfel zusammen kamen, | |
| war Trump nicht einmal eingeladen. Und er betrachtete Syrien vor allem als | |
| einen Kostenfaktor, den die USA sich nicht leisten könnten: Erst vergangene | |
| Woche teilte Trump mit, er wolle die verbleibenden 2.000 US-Militärs „sehr | |
| bald“ abziehen. Als am Samstag Meldungen über einen neuen Giftgasangriff | |
| über die Ticker liefen, machte er eine neue Kehrtwende und spricht seither | |
| über Syrien wie Obama. | |
| Erschwerend kommt hinzu, dass er sich ein Kabinett zusammengestellt hat, | |
| das die Politik von George W Bush rehabilitiert, als wäre nichts geschehen. | |
| Mit Gina Haspel will Trump eine Person zur CIA-Chefin machen, die ein | |
| Folterzentrum im „Krieg gegen den Terror“ geleitet und anschließend dafür | |
| gesorgt hat, Beweismaterial verschwinden zu lassen. Mit Mike Pompeo, den er | |
| zum Außenminister nominiert hat, will er einen fundamentalistischen | |
| Christen holen, der auf „Beten und Kämpfen“ setzt und schon lange auf eine | |
| Gelegenheit wartet, das Iran-Abkommen aufzukündigen. | |
| Und mit seinem Berater für die Nationale Sicherheit, John Bolton, entschied | |
| sich Trump für einen der Architekten des Irakkriegs vor 15 Jahren, der | |
| nichts bereut und der die USA weiterhin für berechtigt hält, weltweit ihren | |
| Willen mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen. Trumps UN-Botschafterin | |
| Nikki Haley, die im Weltsicherheitsrat sagt, dass die USA notfalls auch | |
| allein vorgehen werden, komplettiert das Bild. Trump der als | |
| Nicht-Interventionist und Kriegskritiker in den Wahlkampf gezogen war, hat | |
| seit seinem Amtsantritt nicht nur die Zahl der US-Soldaten in Afghanistan | |
| aufgestockt. Er hat jetzt auch ein Kabinett zusammengestellt, das so | |
| bellizistisch ist, dass es ein neues Unsicherheitsrisiko für die Welt | |
| darstellt. | |
| ## Probleme zu Hause werden übertüncht | |
| Die Erfahrung zeigt, dass Trump, wenn er sich zu Hause in der Enge fühlt | |
| (erst am Montag gab es eine Razzia bei seinem privaten Anwalt), bereit ist | |
| zu radikalen internationalen Aktionen. Würde die internationale | |
| Gemeinschaft Trump in seiner jetzigen Forderung nach einem Luftschlag in | |
| Syrien folgen, würde das dem angeschlagenen US-Präsidenten zu Hause jene | |
| Aufwertung verschaffen, die er in diesem Wahljahr dringend braucht. Aber | |
| für die künftigen Beziehungen mit dem Iran, mit Russland und letztlich auch | |
| mit Nordkorea könnte es unberechenbare Folgen haben. | |
| Anstatt sich auf einen derart gefährlichen Partner zu verlassen, wären die | |
| europäischen Länder gut beraten, endlich eigene Strategien zu entwickeln. | |
| Für Syrien. Aber auch für den drohenden offenen Konflikt zwischen | |
| Washington und Teheran. | |
| 11 Apr 2018 | |
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| Dorothea Hahn | |
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