# taz.de -- Militärschlag gegen Syrien: Vorerst Ruhe nach dem Twitter-Sturm | |
> Führt ein westlicher Angriff auf das syrische Regime zu einer | |
> internationalen Konfrontation? Diplomatie soll das verhindern. | |
Bild: Geglättete Wogen: Können diplomatische Bemühungen einen Militärschlag… | |
BERLIN taz | In den USA, Großbritannien und Frankreich schreiten die | |
Planungen für einen Militärschlag gegen das Assad-Regime in Syrien weiter | |
voran. Die Regierung in Washington berief für Donnerstag eine Sitzung des | |
Nationalen Sicherheitsrates ein, auf der Entscheidungen über einen | |
Militäreinsatz getroffen werden könnten. Die britische Premierministerin | |
Theresa May wollte im Laufe des Tages auf einer Kabinettssitzung Pläne zur | |
Beteiligung Großbritanniens absegnen lassen, gefolgt von einer Sitzung des | |
britischen Sicherheitskabinetts „Cobra“. | |
„Alle Optionen sind auf dem Tisch“, hatte zuvor die Sprecherin des Weißen | |
Hauses, Sarah Sanders, gesagt. Ihr Chef Donald Trump stiftete in bewährter | |
Manier am frühen Morgen (Ortszeit) Verwirrung auf Twitter, indem er | |
mitteilte, eine Militäraktion könne „sehr bald oder gar nicht bald“ | |
stattfinden und er habe nie einen präzisen Zeitpunkt genannt. Frankreichs | |
Präsident Emmanuel Macron erklärte in einem TV-Interview am | |
Donnerstagmittag, dass Entscheidungen „zum gegebenen Zeitpunkt, wenn wir es | |
für am nützlichsten und effizientesten halten“ getroffen werden würden. Er | |
hängte sich auch am weitesten aus dem Fenster, was den von medizinischen | |
Helfern bestätigten Giftgasangriff auf Zivilisten in der Stadt Douma bei | |
Damaskus am vergangenen Samstagabend angeht: „Chemische Waffen wurden | |
eingesetzt, zumindest Chlor, und sie wurden vom Assad-Regime eingesetzt“, | |
so Macron; dafür habe er „Beweise“. | |
Sollte es zu einem Militärschlag gegen Assad kommen, wird er ohne | |
Deutschland stattfinden. „Deutschland wird sich an eventuellen – es gibt ja | |
keine Entscheidung, ich will das noch mal deutlich machen – militärischen | |
Aktionen nicht beteiligen“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am | |
Donnerstag in Berlin. „Aber wir sehen und unterstützen, dass alles getan | |
wird, um Zeichen zu setzen, damit dieser Einsatz von Chemiewaffen nicht | |
akzeptabel ist.“ | |
Deutschland scheint einen Militärschlag aber zumindest politisch | |
mitzutragen. „Es ist ganz wichtig, dass wir uns abstimmen und in diesen | |
Fragen zusammenbleiben“, sagte Bundesaußenminister Heiko Maas bei einem | |
Treffen mit seinem britischen Amtskollegen Boris Johnson auf einer | |
Militärbasis bei Oxford. Zuvor hatte Maas in Irland gesagt: „Wenn man den | |
Druck auf Russland aufrechterhalten will, dann können die westlichen | |
Partner jetzt nicht auseinanderlaufen.“ | |
## Die Zeichen stehen auf Deeskalation | |
Nach der Aufregung, die die vermeintliche Ankündigung eines Raketenangriffs | |
auf Syrien durch Trump am Mittwoch verursacht hatte – in einem Tweet, der | |
vor allem eine Antwort auf die russische Drohung darstellte, US-Raketen | |
abzuschießen –, standen die Zeichen am Donnerstag insgesamt eher auf einen | |
langen Atem und den Versuch, jede geopolitische Eskalation im Vorfeld zu | |
vermeiden. | |
Wichtigstes Anzeichen dafür sind Kontakte zwischen den Generalstäben in den | |
USA und Russland, über die unter anderem die russische Zeitung Kommersant | |
berichtete. Ein Punkt dabei soll sein, dass Russland von den USA erwartet, | |
vor einem Angriff die Koordinaten der Angriffsziele zur Verfügung zu | |
stellen, damit keine Russen zu Schaden kommen. Die USA wiederum erwarten, | |
dass Russland im Gegenzug auf einen eigenen Gegenschlag verzichtet. | |
„Wir suchen keine Eskalation“, sagte eine Sprecherin von Russlands | |
Außenminister Sergei Lawrow am Donnerstagnachmittag vor Journalisten in | |
Moskau. In den Tagen zuvor hatten russische Politiker mehrfach gedroht, | |
auch die Abschussorte von US-Raketen, die auf Syrien abgefeuert werden, | |
anzugreifen – also US-Kriegsschiffe im Mittelmeer. | |
Verschiedene Berichte sprechen auch von Vermittlung der Türkei und Israels. | |
Der türkische Präsident Erdoğan und der israelische Regierungschef | |
Netanjahu haben sowohl zu Washington als auch zu Moskau gute Beziehungen | |
und haben eigene wichtige Interessen im Syrienkonflikt. Sie haben sowohl | |
mit Putin als auch mit Trump telefoniert, wird von offiziellen Stellen | |
bestätigt. Auch der „heiße Draht“ zwischen den Generälen der USA und | |
Russlands in der Region, der in vergangenen Jahren beispielsweise | |
Konfrontationen zwischen den jeweiligen Luftwaffen im syrischen Luftraum | |
vermieden hat, ist wieder aktiv. | |
In Erwartung der Option, dass Russlands Militär bei einem westlichen | |
Angriff auf Syrien verschont bleibt, hat Berichten zufolge Syriens | |
Regierung ihre gesamte Luftwaffe mittlerweile auf russische Basen | |
verbracht. Syriens Regierung verzeichnet auch einen weiteren Etappensieg: | |
Die Rebellengruppe Dschaisch al-Islam (Armee des Islam) übergab die Stadt | |
Douma, die letzte noch von Rebellen gehaltene Stadt in der Region | |
Ost-Ghouta östlich der syrischen Hauptstadt Damaskus, am Mittwoch offenbar | |
kampflos an die russische Militärpolizei. Die Rebellenführer ließen sich in | |
das von türkischen Truppen gesicherte syrische Rebellengebiet im Norden | |
Syriens evakuieren. (mit dpa, afp) | |
12 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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