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# taz.de -- Gerichtsentscheidung zum Datenschutz: Weiter keine Vorratsdatenspei…
> Das umstrittene Sammeln privater Informationen bleibt de facto
> ausgesetzt. Es verstößt laut Verwaltungsgericht Köln gegen EU-Recht.
Bild: Wer hat wann mit wem gesimst?
Die Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Europarecht. Das entschied jetzt
das Verwaltungsgericht (VG) Köln auf Klage der Deutschen Telekom. Die
umstrittene Praxis bleibt damit de facto ausgesetzt.
Der Bundestag hat die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung bereits
im Oktober 2015 beschlossen. Aufgrund einer Übergangsfrist sollte die
eigentliche Speicherpflicht aber erst am 1. Juli 2017 beginnen. Ab diesem
Zeitpunkt hätten Internet-Firmen laut Gesetz zehn Wochen lang speichern
müssen, wer sich wann mit welcher IP-Adresse ins Internet eingeloggt hat.
Telefonfirmen hätten zehn Wochen lang festhalten müssen, wer wann mit wem
telefoniert oder gesimst hat. Vier Wochen lang hätte gespeichert werden
müssen, wo sich ein Mobiltelefon befindet.
Doch im Juni 2017, kurz vor Ende der Frist, entschied das
Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster in einem Eilverfahren, dass der
Münchener Provider SpaceNet nicht speichern muss. Die
Vorratsdatenspreicherung verstoße gegen Europarecht. Wenige Tage später
setzte die [1][Bundesnetzagentur] (mit Billigung der damaligen
SPD-Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries) die Vorratsdatenspeicherung
faktisch aus. Die Agentur werde die Speicherpflicht gegenüber den Providern
nicht durchsetzen. Die Union war empört. „Geltendes Recht“ müsse angewend…
und auch durchgesetzt werden, erklärte Elisabeth Winkelmeier-Becker, die
rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU.
Um Klarheit zu erhalten, hat im Mai 2017 auch die Deutsche Telekom geklagt.
In ihrem Fall hat das Verwaltungsgericht Köln jetzt erstmals in der
Hauptsache entschieden und kam ebenfalls zum Schluss: Die
Vorratsdatenspeicherung ist rechtswidrig. Maßgeblich ist ein Urteil des
Europäischen Gerichtshof (EuGH) [2][vom Dezember 2016]. Damals waren
anlasslose Vorratsdatenspeicherungen in Schweden und Großbritannien
beanstandet worden. Der EuGH verlangt einen zumindest mittelbaren
Zusammenhang der gespeicherten Daten mit schweren Straftaten oder ihrer
Verhütung. Es sei unverhältnismäßig, vorsorglich die Kommunikationsdaten
der ganzen Bevölkerung zu speichern.
## Ratlosigkeit in Berlin
Die Bundesregierung ist nach wie vor ratlos, wie sie mit dem EuGH-Urteil
umgehen soll. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD findet sich zur
Vorratsdatenspeicherung kein Wort. Die gesetzliche Regelung wird aber auch
nicht abgeschafft oder verändert. Offensichtlich will die
Regierungskoalition den Fortgang des Rechtsstreits abwarten.
Tatsächlich ist das Kölner Urteil noch nicht rechtskräftig. Das OVG Münster
hat aber schon im Vorjahr erklärt, dass es die gleiche Position vertritt.
Das VG Köln ließ deshalb gleich die Sprungrevision zum
Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu.
Möglicherweise wird das Leipziger Gericht den Fall noch dem EuGH vorlegen,
weil er sich mit der Rechtslage in Deutschland noch nicht explizit befasst
hat. Auch das Bundesverfassungsgericht, bei dem mehrere Klagen gegen das
deutsche Gesetz vorliegen, erwägt den EuGH einzuschalten. Das alles ändert
aber nichts daran, dass bis auf weiteres in Deutschland keine
Vorratsdatenspeicherung stattfindet.
20 Apr 2018
## LINKS
[1] /Vorratsdaten-in-Deutschland/!5425384
[2] /EuGH-zur-Vorratsdatenspeicherung/!5368295
## AUTOREN
Christian Rath
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Datenschutz
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