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# taz.de -- Kolumne Kapitalozän: Saufen gegen den Handelskrieg
> Die USA erheben bald Zölle, jetzt haben alle Angst vorm Wirtschaftskrieg.
> Unser Kolumnist hat eine Idee, wie die Apokalypse zu verhindern ist.
Bild: Mit Schmierseife vermischt kann man aus Whisky übrigens auch ein Mittel …
Bald ziehe ich in den Krieg. Den Handelskrieg. So werde ich weinend
Abschied nehmen von der Liebsten und unserem Baby: Wir stehen dann auf
einem Kai im Hamburger Hafen, sie trägt eine Blume im Haar, der dampfende
Truppentransporter tutet tief, der Sohn brabbelt: Pa-pa! Ich schultere
meinen Seesack, an meinen Oberarm blitzt ein Tattoo mit der deutschen
Exportstatistik. Wir küssen uns. All my bags are packed. Ich gehe an Bord,
das Schiff ist voller Banker, Manager, Ökonomen, die in die Schlacht
ziehen. Im Atlantik sterben wir alle, wir sinken, gemeinsam mit dem DAX.
Ab Freitag erheben die USA Zölle auf Stahl und Aluminium, dann gibt es kein
Zurück mehr. Die EU wird kontern, mit Abgaben auf Whiskey, die Folgen sind
unabsehbar: Berechnungen zeigen, dass der Preis einer Coladose um zwei Cent
steigen wird. Furchtbar. Eine Jacky-Cola könnte gar bis zu fünf Cent teurer
werden. Dann kommen womöglich Zölle auf das Allerheiligste. Auf DEUTSCHE
AUTOS. Auf Mercedes-Benze, auf BMWs, auf VWs. Wir werden alle verarmen und
dann, wie 1933, Nazis wählen.
So ungefähr sieht es aus, das Szenario der Wirtschaftsapokalypse. Ist
gerade sehr gefragt, vermutlich, weil der Atomkrieg auf der koreanischen
Halbinsel Pause macht.
Sehen Sie, normalerweise ist Handelspolitik sehr dröge. WTO,
Freihandelsverträge, Brüssel, gähn. Interessiert niemanden. Wer Freihandel
toll findet, der führt sämtliche Errungenschaften der Moderne, vom
fünflagigen Toilettenpapier bis zum Chiasamenknuspermüsli, auf ebendiesen
Freihandel zurück. Alternativ ist man Globalisierungsgegner, dann ist die
Globalisierung an allem Unbill unserer Zeit schuld. In China bauen sie
Badeenten.
Mit Donald Trump ist alles anders. Mit dem Irren im Weißen Haus fetzt das
Thema Handel richtig. Da lassen sich Eskalationsspiralen gedanklich drehen
und drehen, Zeitenwenden ausrufen, am Ende kollabiert die
Nachkriegsordnung, VW geht pleite, in Wolfsburger Industrieruinen ist
endlich Platz für Technoclubs.
## Das nutzen die Außerirdischen für eine Invasion
Ist halt wie mit allen Szenarien: Kann man sich blutig ausmalen. Ja, es
kann alles ganz schlimm werden, wenn China und die EU durchdrehen und auf
Zölle mit immer mehr Gegenzöllen antworten, auf immer mehr Produkte, dann
stockt der Handel, die Börsen stürzen ab, Rezession, das nutzen die
Außerirdischen für eine Invasion, alle tot. Ist aber unwahrscheinlich, weil
alle, außer Trump, wissen, dass angesichts der verflochtenen Weltwirtschaft
hohe Zölle allen schaden. Deutsche Autobauer produzieren zwei Drittel ihrer
Fahrzeuge im Ausland.
Ist außerdem sehr wahrscheinlich, dass die Republikaner in Washington alles
daran setzen werden, den Kurs ihres kirren Präsidenten so weit wie möglich
zu korrigieren. Denen sitzen nämlich Tausende von Konzernlobbyisten mit
Millionen Wahlkampfspenden im Nacken, die keinen Bock auf Handelskrieg
haben. Die haben mehr Pfeile im Köcher als Trump. Das sagt einer meiner
linken Glaubensgrundsätze: Konzerne regieren die Welt. Nicht Präsidenten.
Zeigt, was ihr drauf habt, ihr Höllenhunde der Wall Street, ihr Schergen
des Profits. Lobbyiert den Handelskrieg weg. Endlich braucht man euch mal.
Ich schließe mit einem Friedensappell: Saufen Sie sofort amerikanische
Waren. Wenn wir mehr Ami-Zeug importieren, dann sinkt auch unser
Exportüberschuss von 50 Milliarden Euro mit den USA. Das will ja Donald
Trump erreichen, er wäre also besänftigt. Wenn alle Deutschen, vom Greis
bis zum Säugling, Whisky im Wert von 609 Euro kauften, dann wäre die
Handelsbilanz mit den USA ausgeglichen. Ich haue mir jetzt eine Flasche
Jacky rein und swing mich auf meine Harley. No war!
22 Mar 2018
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Zölle
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