# taz.de -- Interview zur Werkstatt der Kulturen: „Ein Symbol der Zugehörigk… | |
> Im Streit über die Zukunft der Werkstatt der Kulturen plädiert Koray | |
> Yılmaz-Günay vom Migrationsrat für ein transparenteres Verfahren. | |
Bild: Vor allem kleinere Einwandercommunities sind in der Berliner Kulturlandsc… | |
taz: Herr Yılmaz-Günay, wie wichtig ist die Werkstatt der Kulturen für | |
Berlin (WdK) aus Sicht des Migrationsrates? | |
Koray Yılmaz-Günay: Viele MigrantInnenorganisationen haben keine eigenen | |
Räume, schon gar keine Bühne für größere kulturelle Veranstaltungen. Aber | |
die kommen auch sonst nirgendwo vor – die WdK schließt damit eine Lücke im | |
Berliner Kulturbetrieb. Sie ist wichtig für das soziale, kulturelle und | |
künstlerische Überleben, die Sichtbarkeit und Repräsentation von | |
EinwanderInnen, aber auch deutschen Schwarzen und Roma. Sie ist damit auch | |
ein Symbol der Zugehörigkeit zu dieser Stadt und diesem Land. | |
Leiterin Philippa Ebéné hat das Angebot der Werkstatt seit ihrem Antritt | |
2008 verändert und dafür auch Kritik geerntet. Wie sehen Sie diese | |
Veränderungen? | |
Angesichts der schwierigen finanziellen Situation der Werkstatt … | |
… die keine Projektmittel vom Senat erhält … | |
… hat sie aus dem Ort wesentlich mehr gemacht, als vielen möglich schien. | |
Lateinamerikanische, karibische, afrikanische, asiatische Veranstaltungen | |
und Produktionsperspektiven findet man anderswo kaum. Ohne Philippa Ebéné | |
wären diese Events kleine Communitygeschichten geblieben und nie so in der | |
Öffentlichkeit angekommen. Mir würde diesbezüglich mehr Kritik an den | |
Horten der Hochkultur einfallen, den Opern und Theatern, wo diese | |
vermeintlich weniger hohe Kultur extrem unterrepräsentiert ist – gerade | |
auch angesichts der Unterschiede in den Etats. | |
Der Senat hat dem bisherigen Trägerverein der Werkstatt gekündigt und sucht | |
derzeit mit einem [1][Ideenwettbewerb] nach einem neuen Konzept. Wie finden | |
Sie das? | |
Für uns kam das sehr unvermittelt. Es hatte aus dem Parteienspektrum immer | |
wieder Kritik an der Werkstatt gegeben, vor allem von den Grünen. Aber es | |
wurde nie ordentlich abgewogen, was an der Arbeit denn nun gut war und was | |
schlecht sein sollte. Dann tauchte die Umstrukturierung ohne weitere | |
Erklärung im Koalitionsvertrag auf, und nun sind wir mit einem Wettbewerb | |
konfrontiert. Dass die Werkstatt mit Rot-Rot-Grün aus der | |
Integrationsverwaltung zum Kultursenator übergegangen ist, finden wir super | |
– da gehört sie hin. Deshalb haben wir früh angeboten, diesen Wechsel mit | |
unseren Erfahrungen und unserem Wissen zu flankieren: Wir als Verbund aus | |
sehr heterogenen Vereinen haben uns ja auch in der Werkstatt gegründet. | |
Aber bei dem Wettbewerb geht es nicht darum, diverse, vielleicht auch | |
widersprüchliche Bedürfnisse und Interessen zu berücksichtigen. Das ist ein | |
Verfahren für Leute, die wissen, wie so etwas geht, bei dem aber nicht klar | |
ist, was am Ende daraus wird. | |
Was erwarten Sie stattdessen? | |
Wir wünschen uns einen transparenten Prozess und eine offene Kommunikation. | |
Die Werkstatt sollte endlich mit Programmgeldern ausgestattet werden. Gegen | |
eine Umstrukturierung, die Planungssicherheit erlaubt, spricht aus | |
unserer Sicht gar nichts. Aber es sollte dabei erstens zur Kenntnis | |
genommen werden, was alles in der Werkstatt passiert ist und bis heute | |
passiert. Und zweitens müssen wir berücksichtigen, wie weiß-deutsch die | |
restliche Kulturlandschaft selbst in Berlin noch immer ist. In welcher | |
Berliner Spielstätte finden Sie Jazz, außereuropäische oder | |
migrantisch-europäische Musik? Diese Einzigartigkeit darf nicht per Dekret | |
unter die Räder gestoßen werden. | |
Das bedeutet? | |
Das bedeutet, dass alle wichtigen Akteure schleunigst an einen Tisch | |
gehören: die Werkstatt der Kulturen, die Kulturverwaltung, | |
MigrantInnenorganisationen, Kulturschaffende. Dann kann in einem breiten | |
Beteiligungsprozess darüber diskutiert werden, wie es besser weitergeht – | |
wenn schon nicht vor dem Ideenwettbewerb, dann wenigstens im Vorfeld der | |
Ausschreibung einer neuen Trägerschaft. | |
28 Feb 2018 | |
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## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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