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# taz.de -- Streit um Werkstatt der Kulturen: Die Adresse eines Richtungsstreits
> Die Neuausschreibung der Werkstatt der Kulturen sorgt für Empörung. Ein
> Protestbrief an den Kultursenator nennt sie „einzigartiges Modell“.
Bild: Philippa Ebéné 2008 kurz nach ihrem Antritt als WdK-Leiterin
In einem [1][offenen Brief an Kultursenator Klaus Lederer] (Linke) haben
der Berliner Migrationsrat, Vertreter*innen von
Migrant*innenselbstorganisationen und Unterstützer*innen aus Kunst,
Kultur und Wissenschaft ihre Bestürzung über dessen [2][Neuausschreibung
der Werkstatt der Kulturen (WdK)] zum Ausdruck gebracht. „Kämen Sie auf die
Idee, die Volksbühne auszuschreiben als ‚Ausschreibung Kulturstandort
Linienstraße 227/Mitte‘?“, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten
Schreiben: „In diesem Schritt erkennen wir eine hegemoniale
Überheblichkeit, die bestehende Arbeit ignoriert und zivilgesellschaftliche
Bemühungen missachtet.“ Tatsächlich ist die Werkstatt auf der Webseite der
Senatskulturverwaltung als „Kulturstandort Wissmannstr. 32/Neukölln“
ausgeschrieben.
Die landeseigene Kulturstätte wird seit 2008 von Philippa Ebéné geleitet.
Ebénés Arbeitgeber ist der Verein „Brauerei Wissmannstraße“, 1993 zum Zw…
der Trägerschaft der WdK gegründet, als diese von der damaligen
Ausländerbeauftragten des Senats Barbara John als Ort für interkulturellen
Austausch und „Kulturveranstaltungen ethnisch-kultureller Minderheiten“ in
der ehemaligen Brauerei in der Neuköllner Wissmannstraße ins Leben gerufen
wurde.
Die Neuausschreibung der WdK ist im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag von
2016 vereinbart, in dem auch die künftige „auskömmliche Finanzierung“ des
Karnevals der Kulturen (KdK) festgeschrieben ist, dessen Ausrichterin die
Werkstatt vom ersten Karneval 1996 bis 2015 war.
Hintergrund ist ein seit Jahren währender Streit über die inhaltliche
Ausrichtung der Werkstatt und den KdK, der sich 2014 zwischen der damals
für beide zuständigen Senatsintegrationsverwaltung und der WdK zugespitzt
hatte. Ebéné hatte von einer Absage des Festes gesprochen, nachdem der
Senat zunächst kein Geld für ein mit wachsenden Besucher*innenzahlen
notwendig gewordenes verstärktes Sicherheitskonzept zur Verfügung stellen
wollte. Im Februar 2015 übertrug die damalige Integrationssenatorin die
Organisation des Karnevals an die landeseigene Veranstaltungsagentur
Kulturprojekte Berlin.
## „Strafmaßnahme gegen Ebéné“
Im Februar 2018 hatte die Senatsverwaltung für Kultur, seit Rot-Rot-Grün
für Karneval und Werkstatt zuständig, mit einem „Ideenwettbewerb“ für die
Werkstatt der Kulturen, mit dem laut damaliger Ausschreibung eine neue
„Idee für den Ort“ gefunden werden sollte, Empörung ausgelöst. Eine
„Strafmaßnahme“ gegen Ebéné nannte das damals Moctar Kamara vom Zentralr…
der afrikanischen Gemeinde in Deutschland: Die Werkstatt der Kulturen sei
„vielleicht die wichtigste Institution für den interkulturellen Austausch
in Berlin – und die einzige große Kultureinrichtung, die von einer Frau mit
afrikanischen Wurzeln geleitet wird“, [3][so Kamara im Februar 2018 der
taz.]
Tatsächlich ist Ebéné die einzige schwarze Frau an der Spitze einer
landeseigenen Kultureinrichtung in Berlin. Die gelernte Schauspielerin
ergänzte das Angebot der Werkstatt um Eigenproduktionen und Literatur-,
Film- und Konzertreihen zu Themen wie Flucht, Globalisierung und dem
postmigrantischen sowie postkolonialen Dialog.
„Die Werkstatt der Kulturen stellt ein einzigartiges Modell dar, bei dem
marginalisierte und rassistisch markierte Akteur*innen aus der
Zivilgesellschaft einen Raum für Empowerment geboten bekommen“, heißt es in
dem Protestbrief an den Kultursenator: „Welche anderen Berliner
Kulturinstitutionen können eine vergleichbare enge Vernetzung mit
Akteur*innen unterschiedlichster marginalisierter Communities vorweisen?“
Mit der Ausschreibung der Werkstatt als „Kulturstandort Wissmannstraße“
verschleiere Lederer „die Signifikanz eines Kulturortes, an dem eine post-
und dekoloniale Erinnerungskultur praktiziert worden ist, noch lange bevor
Sie mit der aktuellen Koalition eine postkoloniale Erinnerungskultur auf
die Agenda Ihrer Kulturpolitik setzen konnten“.
Die Unterzeichner*innen, zu denen Professor*innen der Humboldt
Universität, der Universität Basel, der kalifornischen Universitäten in San
Diego und Los Angeles sowie der Universität von Hongkong gehören, fordern
klare Auskunft über die Pläne der Kulturverwaltung mit der Werkstatt sowie
die „Aussetzung des Ausschreibungsverfahrens, bis ein transparentes, faires
und partizipatives Verfahren unter Einbeziehung verschiedener Akteur*innen
der Stadt gesichert ist“.
24 Jun 2019
## LINKS
[1] http://www.migrationsrat.de/offener-brief-zivilgesellschaftlicher-akteure-z…
[2] https://www.berlin.de/sen/kultur/foerderung/foerderprogramme/interkulturell…
[3] /Interkultur/!5484746/
## AUTOREN
Alke Wierth
## TAGS
Karneval der Kulturen
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Integration
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