| # taz.de -- Reisemesse ITB vom 7. bis 11. März: Dort, wo viel Weite zu schauen… | |
| > Mecklenburg-Vorpommern ist 2018 das Partnerland der ITB. Das Land am Meer | |
| > mit einer Weite – in der es einem auch eng werden kann. Eine Heimatkunde. | |
| Bild: Oh, wie schön ist Panama … äh: Hiddensee! | |
| Jetzt, wo Horst Seehofer auch auf Heimatminister machen wird – sollte es | |
| zur neuen Regierung kommen –, musste ich immer mal wieder an meine | |
| Schultage in DDR-Zeiten denken. Von der ersten bis zur vierten Klasse | |
| hatten wir das Fach Heimatkunde. | |
| Einerseits ging es um Naturbeobachtungen in der unmittelbaren Region, also | |
| unserer Heimat, und das war Westmecklenburg: Was für Bäume wachsen bei uns | |
| zu Hause, wie sehen die Blätter, die Rinde aus? Welche Tiere leben im Wald | |
| oder im Fluss, wie pflanzen sie sich fort, welche Spuren hinterlassen sie? | |
| Seitdem weiß ich, was das Wort „Losung“ auch bedeuten kann. | |
| Andererseits führte das Fach ans gesellschaftliche Leben der DDR heran. Ich | |
| erinnere mich gut daran, dass wir 1976 als Drittklässler den IX. Parteitag | |
| der SED zum Thema hatten. In ein kleines Heftchen sollten wir alle | |
| Parteitagsbeschlüsse hineinschreiben. Ich wusste nicht wirklich, was ich da | |
| tat. | |
| ## Heimat wie sie nun mal ist | |
| Das mit der Heimat Westmecklenburg ist geschummelt. Zu DDR-Zeiten waren die | |
| Länder abgeschafft, die sozialistische Republik bestand aus Bezirken. In | |
| Heimatkunde ging es also um den Bezirk Schwerin und meinen Heimatkreis | |
| Hagenow und die Kreise und Bezirke drum herum – aber nur östlicherseits. | |
| Als Kind nimmt man seine Heimat, wie sie ist. Man stellt sie nicht in | |
| Frage. | |
| Das kam erst mit und nach der Pubertät. Ich habe meine Heimat hassen | |
| gelernt. Das lag vor allem am sozialen Klima des dörflichen Milieus, wo | |
| jeder jeden kennt, wo jeder Schritt beäugt wird, wo die soziale Kontrolle | |
| unendlich groß ist, wo jedes bisschen Anderssein Getuschel und Blicke auf- | |
| und nach sich zieht. Nichts wie weg aus Mecklenburg-Vorpommern! 1992 ging | |
| ich zum Studium nach Berlin. | |
| Mit Abstand und zunehmendem Alter sieht man alles milder. Natürlich auch | |
| die alte Heimat, die früher als Synonym für Enge stand. | |
| ## Lieblingsecken | |
| Heute hat sich das umgekehrt. Heute steht Meck-Pomm für Weite. Nach 26 | |
| Jahren Berlin vermisse ich das manchmal sehr. Nicht das ganze Land, sondern | |
| ein paar liebe Menschen und meine Lieblingsecken. | |
| Hiddensee ist eine davon, die autofreie Insel, was sie mit einer geradezu | |
| luxuriösen Stille ausstattet. Die Ostsee an sich ist ein Sehnsuchtsort – | |
| schauen Sie doch auf das Bild auf dieser Seite: Das Licht! Das Meer! Die | |
| Unendlichkeit! Was braucht es mehr? Ich vermisse es im Großstadtmoloch, den | |
| Blick auf einen so weiten Horizont zu richten. Sicher deshalb ist in Berlin | |
| das Tempelhofer Feld so beliebt. Dort kann man weit schauen. Das tut der | |
| Seele gut. | |
| Na klar, es lässt sich auch viel anschauen in Mecklenburg-Vorpommern. Die | |
| alte Hansestadt Wismar, deren historische Altstadt in die | |
| Unesco-Welterbeliste aufgenommen ist. Hier drehte 1922 Friedrich Wilhelm | |
| Murnau seinen Filmklassiker „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“. Oder | |
| fahren sie mal nach Stralsund oder Greifswald. Oder ins Biosphärenreservat | |
| Schaalsee, der mit bis zu 72 Meter einer der tiefsten Seen der Republik | |
| ist. | |
| ## Nicht nur Stand | |
| Ein Geheimtipp ist die Stadt Ludwigslust, die sich die Herzöge von | |
| Mecklenburg-Schwerin auf dem Reißbrett entwerfen und bauen ließen. Das | |
| Barockschloss nebst saniertem Schlossgarten mit Wasserkaskaden, Fontänen | |
| und so fort laden zum Verlustieren ein. Lulu, wie die Einheimischen sagen, | |
| wird auch „Versailles des Nordens“ genannt. Das ist nicht übertrieben, ich | |
| habe in der Stadt vier Jahre lang gelebt. Ach, ich hätte da noch mehr | |
| Beispiele zur Hand, aber man muss sich ja begrenzen. | |
| Aber nicht so: Wenn jetzt der Wirtschaftsminister Mecklenburg-Vorpommerns, | |
| Harry Glawe, aus Anlass der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) sagt, | |
| dass „der Strandkorb der wichtigste Botschafter ist, den das Land hat“, | |
| stimmt das irgendwie schon. Doch verengt das den Blick auf all das, was | |
| Mecklenburg-Vorpommern, diesjähriges Partnerland der ITB, touristisch noch | |
| so zu bieten hat. | |
| 5 Mar 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Hergeth | |
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