# taz.de -- Tourismus-Experte über Amsterdam: „Es geht um Monokultur“ | |
> Die Entwicklung des Tourismus in Amsterdam sei radikal, sagt der | |
> Reisefachmann Stephen Hodes. Also müsse die Stadt radikal eingreifen. | |
Bild: Amsterdam boumt als Reiseziel, aber nicht alle BewohnerInnen sind einvers… | |
taz: Herr Hodes, Sie haben [1][die „Disneyfizierung“ Amsterdams] | |
kritisiert. Wie meinen Sie das? | |
Stephen Hodes: Was diese Stadt besonders macht, ist die Balance von | |
Bewohnern, Besuchern und Betrieben, das sie in den letzten vierzig, fünfzig | |
Jahren hatte. Doch dieses Miteinander gerät aus dem Gleichgewicht. Es geht | |
verstärkt um Konsum und Spaß, um eine Monokultur, in der alles geregelt | |
ist. Nicht mehr um Einzigartigkeit und Authentizität, sondern um eine | |
sogenannte Erlebniserfahrung. Das, was die Stadt besonders macht, geht | |
dadurch verloren. An Unterhaltung ist nichts Falsches. Aber wenn sie zu | |
dominant wird, verliert die Stadt ihre Einzigartigkeit. | |
Ähnliche Kritik kennt man aus Berlin oder Barcelona. Ist das vergleichbar? | |
Es wird hier schneller manifest, weil wir eine enorme kosmopolitische | |
Anziehungskraft haben, aber, verglichen mit Berlin, Paris oder London, ein | |
Dorf sind. Davon abgesehen ist es ein globales Problem. 2010 bestand die | |
Mittelschicht weltweit aus 1,8 Milliarden Menschen. 2030 werden es 5 | |
Milliarden sein. Dazu gehört, dass man reist. Das betrifft Sie und mich ja | |
auch. Es geht nicht um „sie“, sondern wir sind alle Teil des Problems. | |
Sie sagten einmal, ohne sofortiges Handeln würde Amsterdams Zentrum „von | |
Touristen übernommen“. Schafft man damit nicht touristenfeindliche | |
Einstellungen? | |
Ich bin nicht gegen, sondern sehr für den Tourismus! Aber die künftige | |
Entwicklung ist radikal. Der Flughafen Schiphol will massiv wachsen, der in | |
Lelystad soll sich auf Billigflieger spezialisieren, und man will ein neues | |
Terminal für größere und mehr Kreuzfahrtschiffe bauen. Doch das | |
Absorptionsvermögen ist beschränkt. Wir müssen radikal eingreifen, dafür | |
will ich das Bewusstsein schaffen. | |
Was halten Sie von den Maßnahmen der Stadtregierung? | |
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber noch immer viel | |
Symbolpolitik. Das bierfiets hat mit Ursachen nichts zu tun. Es gibt zwar | |
einen Hotelstopp, aber mit einem besonderen Konzept kann trotzdem gebaut | |
werden. Nur das Verbot neuer Touristengeschäfte ist ein starkes Signal. | |
Was würden Sie stattdessen empfehlen? | |
Ein gesonderter Ansatz für Hotels oder Cruiseschiffe macht keinen Sinn. Wir | |
brauchen eine integrale, übergreifende Politik. Hotels begrenzen und mehr | |
Cruiseschiffe zuzulassen ist sinnlos. In der Kommune fällt Airbnb unter | |
Wohnen, Hotels unter Ökonomie, Cruiseschiffe unter Hafen. Alles | |
verschiedene Dezernenten, die nicht miteinander reden. | |
1 Jan 2018 | |
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[1] /Kampagne-gegen-Touristen-in-Amsterdam/!5464021 | |
## AUTOREN | |
Tobias Müller | |
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