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# taz.de -- Dieselmotoren in den USA: Trump lässt Killer-Trucks rollen
> Die US-Umweltbehörde lässt zu, dass uralte Dieselmotoren in neue Laster
> eingebaut werden. Zum Schaden der Gesundheit und der Umwelt.
Bild: Dreckschleuder? Ein Laster auf einer US-Landstraße
New York/Washington dpa | Abgasforscher wähnen sich in einem „Zombie-Film“,
doch die Trump-Regierung meint es ernst: Die Umweltbehörde EPA will
strengere Regeln für veraltete Dieseltechnik kippen, die wegen hoher
Schadstoffbelastung eigentlich längst totgeglaubt war.
Konkret geht es um die Ausstattung neuer Lkw mit alten Motoren, die die
Luft viel stärker verpesten als Lastwagen mit moderner Abgasreinigung.
Diese „Glider Trucks“ genannten Abgasschleudern schaden der Umwelt mehr als
Volkswagens Abgasbetrug, meinen die Wissenschaftler, die den VW-Skandal mit
aufdeckten.
„Die EPA bringt die ältesten und dreckigsten Dieselmotoren von den Toten
zurück – sie werden in glänzenden neuen Karosserien verkleidet“, sagt
Rachel Muncrief vom Umweltverbund ICCT, der bereits 2012 die Untersuchungen
zu VWs Abgasaffäre in Gang gebracht hatte.
Dass alte Dieselmotoren in neue Lkw eingebaut werden dürfen, liegt an einer
Ausnahmeregel. Sie sollte eigentlich dafür sorgen, dass unbeschadete
Bauteile nach Unfällen wiederverwendet werden können. Händler nutzen dieses
Schlupfloch jedoch schon seit Jahren, um verschärfte Emissionsregeln bei
Neuwagen zu umgehen.
Die US-Abgasvorschriften wurden seit 2010 immer strenger, parallel dazu
nahm das Geschäft mit „Glider Trucks“ stark zu. Wegen des Verzichts auf
moderne Abgasreinigung können die Lkw deutlich günstiger angeboten werden.
Nach ICCT-Schätzungen stiegen die jährlichen Verkäufe von weniger als 1000
auf rund 10.000 solcher Trucks. Die Regierung von Barack Obama wollte die
Praxis beenden und brachte striktere Regeln auf den Weg, doch unter Donald
Trump und seinem EPA-Chef Scott Pruitt hat sich das Blatt gewendet.
## Enorme Umweltschäden
Die Schäden für die Umwelt sind enorm: Dem ICCT zufolge übersteigt der
Ausstoß des Schadstoffs Stickoxid bei den pro Jahr verkauften „Glider
Trucks“ den der rund 482.000 kleineren vom Dieselskandal betroffenen
VW-Autos um etwa das 13-fache. „Die Motoren dieser Lkw sind im wahrsten
Sinne des Wortes Killer“, meint Forscherin Muncrief. In den nächsten zehn
Jahren würden US-Bürger durch diese Trucks zusätzlichen 1,5 Millionen
Tonnen Stickoxid und zusätzlichen 16.000 Tonnen an Feinstaub ausgesetzt,
was die Gesundheitskosten um zwölf Milliarden Dollar erhöhen dürfte.
Was verspricht sich die EPA von lascherer Regulierung? Offiziell wird die
von Pruitt beabsichtigte Aufhebung der Obama-Regeln, die das Geschäft unter
anderem auf jährlich 300 „Glider Trucks“ pro Firma begrenzen sollen, mit
mangelnder Zuständigkeit seiner Behörde und dem Erhalt von Arbeitsplätzen
begründet. Doch betroffen sind nur relativ wenige Jobs, der Lkw-Vertrieb an
sich würde auch gar nicht behindert – es geht nur darum, die alten
Dieselmotoren aus dem Verkehr zu ziehen. Sogar große Truck-Hersteller wie
Volvo oder Navistar und Flottenbesitzer wie der Paketdienst UPS sprechen
sich dafür aus.
Die New York Times lieferte nun die Hintergründe der umstrittenen
EPA-Entscheidung. Es ist eine Geschichte dubioser Lobbyeinflüsse, die von
Spendengeldern, einer zweifelhaften Auftragsstudie und einflussreichen
Verbindungen zur Trump-Regierung handelt. Im Zentrum der Affäre stehen die
Unternehmerfamilie Fitzgerald aus Tennessee und EPA-Chef Pruitt – ein Mann,
der sich als Anwalt dem Kampf gegen striktere Umweltgesetze verschrieben
hatte, bis US-Präsident Trump ihn zum obersten Umweltschützer ernannte.
## „Make Trucks great again“
Die Fitzgeralds, die den größten „Glider Truck“-Handel in den USA
betreiben, hatten Trump bereits im Wahlkampf unterstützt. In Anlehnung an
dessen Slogan „Make America Great Again“ verkaufen sie neben Lkw auch
Kappen mit der Aufschrift „Make Trucks Great Again“. Die Familie spendete
bei der Gouverneurswahl in Tennessee zudem üppig für die Kampagne der
Republikanerin Diane Black, die ihr Anliegen bei EPA-Chef Pruitt
vorantrieb. Eine Sprecherin Blacks verteidigte dies als legitimes Bemühen,
Jobs in Tennessee zu schützen.
Um die Regierung in Washington zu überzeugen, wurde auch eine Studie der
Tennessee Technological University vorgelegt. Sie sollte angeblich belegen,
dass die Schadstoffbelastung der Dieselmotoren harmloser als angenommen
sei. Pruitt zitierte die Ergebnisse, als er im November empfahl, die
Obama-Regulierung zurückzudrehen.
Unterlagen der Uni zeigen jedoch, dass Fitzgerald für diese Studie nicht
nur bezahlt hat, sondern auch den Bau eines neuen Forschungszentrums auf
einem Firmengelände anbot. An der Fakultät ist der Ärger deshalb groß, es
läuft eine interne Untersuchung. ICCT-Forscherin Muncrief bezeichnet die
Ergebnisse der Studie schlicht als „Schwindel“.
## Verdacht der Günstlingswirtschaft
Dem Bericht der New York Times nach profitieren die „Glider Trucks“ auch
noch von anderen Schlupflöchern wie Steuervorteilen und einer
Ausnahmeregelung bei elektronischen Tracking-Systemen, die Fahrer vor
Übermüdung schützen sollen. Den Verdacht der Günstlingswirtschaft weist man
in Washington aber zurück.
Pruitt sehe sich der Luftqualität verpflichtet, versicherte eine
EPA-Sprecherin. Er stimme jedoch mit den Argumenten von Fitzgerald überein,
wonach die Behörde die Verkäufe nicht begrenzen dürfe.
Fitzgerald-Eigentümer Tommy Fitzgerald sagte, was Pruitt mache, sei „gute
Politik“ und kein spezielles Entgegenkommen für sein Geschäft.
Noch ist man jedoch nicht am Ziel – die EPA muss ihre Pläne noch
vervollständigen, und die Mühlen der US-Bürokratie mahlen langsam. Zudem
könnte die Angelegenheit wegen Klagen von Umweltschützern vor Gericht
landen, was die Beseitigung der Obama-Regeln weiter verzögern würde.
16 Feb 2018
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