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# taz.de -- Buch über widersprüchlichen Lebensstil: Die imperiale Lebensweise…
> Klimawandel, Finanzkrise, Rechtsruck. Die Probleme sind klar, doch nichts
> ändert sich. Dazu trägt laut einer Studie das westliche Konsummodell bei.
Bild: SUV fahren und auf dem Biomarkt einkaufen – wie das zusammenpasst, anal…
Wir leben in einer paradoxen Situation. Ausgerechnet in einer Zeit, in der
das Bewusstsein über der Zuspitzung der weltweiten ökologischen Krise
zunimmt, nimmt auch die Nachfrage nach ressourcen- und emissionsintensiven
Autos wie den Sport Utility Vehicles (SUVs) zu. 17,4 Prozent der in
Deutschland 2014 neu zugelassenen Autos waren derartige Vehikel.
Rund 3,2 Millionen dieser Geländewagen, die oft nie einen Feldweg zu sehen
bekommen, waren 2015 in Deutschland zugelassen – Tendenz steigend. Im
SUV-Boom manifestieren sich imperiale Lebensweise und ihre tendenzielle
Verallgemeinerung auf anschauliche Weise, schreiben der Politologe Ulrich
Brand und der Soziologe Markus Wissen. Die beiden Forscher sind der Frage
auf den Grund gegangen, warum Menschen einen SUV fahren und zugleich auf
dem Wochenmarkt Bioprodukte aus regionaler Produktion einkaufen.
Diesem Widerspruch gehen die beiden im sechsten Kapitel ihres Buches
„Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen
Kapitalismus“ nach und zeigen auf, dass der Siegeszug der SUVs zwar auch
etwas mit dem gesteigertem Sicherheitsbedürfnis zu tun hat, viel mehr
jedoch mit einer automobilimperialen Lebensweise, die sich vom Fordismus
bis heute verfestigt hat. Und sich auch in den nationalen Staatsapparaten
breitgemacht hat. Bestes Beispiel dafür ist der Umgang mit dem Abgasskandal
bei VW und der Vehemenz, mit der sich Berlin gegen strengere Abgasnormen
auf EU-Ebene wehrt, so die Autoren.
Das führen sie auf die „imperiale Lebensweise“, wie sie es nennen, zurück,
die sich immer mehr Menschen im globalen Norden und zunehmend auch im
globalen Süden zu eigen machen. „Sie bedienen sich der ökologischen und
sozialen Ressourcen anderorts, der billigen Arbeitskräfte im Süden, der
Futtermittel, die die Fleischproduktion im Norden ermöglichen, oder der
billigen Industriemetalle, die es uns ermöglichen, Autos zu produzieren und
zu kaufen“, so Ulrich Brand. Diese konsumorientierte Lebensweise setzt sich
auch in den Zentren des Südens mehr und mehr durch. „Wer in China, in
Brasilien oder in Indien zu Geld kommt, verfolgt die Idee, so zu leben wie
die da im Norden“, erklärt Brand der taz.
## Ein Viertel der Weltbevölkerung lebt ausbeuterisch
Dabei sorgen internationale Organisationen wie die G20 für die
Stabilisierung des Modells, das sich in einer latenten Krise befinde. Dafür
stehen Finanzkrisen, Klimawandel, steigender Rohstoffhunger und immer neue
ökologische Desaster. So wie der Dammbruch im brasilianischen Mariana, wo
sich die giftigen Schlämme aus einem gigantischen Rückhaltebecken einer
Eisenerzmine in den Rio Doce in Minas Gerais ergossen.
Der Dammbruch war die Folge einer Marktflutungstrategie: Mehr produzieren,
um sinkende Weltmarktpreise zu kompensieren, so lautete die desaströse
Devise von Samarco Mineração, dem Betreiberunternehmen der Mine. Kehrseite
der Produktionslogik, die Brand und Markus Wissen unter die Lupe nehmen
und die sich in die DNA der westlich orientierten Gesellschaften
eingebrannt habe und sich mit der Globalisierung weiter verbreite. Rund ein
Viertel der Weltbevölkerung lebe derzeit nach diesen Wachstums- und
Ausbeutungsparametern – Tendenz steigend.
Der Druck auf den Rest der Weltbevölkerung nehme ständig zu, so die
Autoren. Sie treten für Rohstoffabkommen ein, die die Lieferländer auch bei
sinkender Nachfrage absichern. Ein anderer konkreter Vorschlag der Autoren
ist das Plädoyer, Rohstoffe wie die klimaschädliche Steinkohle im Boden zu
lassen, um die Vertreibung der lokalen Bevölkerung in den Abbauregionen zu
bremsen. Schon heute, so schreiben Brand und Wissen, verkörpern die
Geflüchteten das universelle Leiden an der imperialen Lebensweise. Und
allen Prognosen zufolge wird ihre Zahl zunehmen, warnen die Autoren.
„Wir brauchen so etwas wie ressourcenleichten Wohlstand, einen
solidarischen Wohlstand“, fordert Brand, der wenig von der grünen
Modernisierung der [1][imperialen Lebensweise] hält. Das würde nur zur
Verlagerung der Problem führen. Nötig sei eine Umverteilung von Macht und
eine Orientierung an den Bedürfnissen der Menschen und nicht an den
Profiterwartungen einer Elite, appelliert der in Wien lehrende
Politikwissenschaftler. Ein brisantes Buch, das nicht nur die multiplen
Krisen unserer Zeit verstehen hilft, sondern auch Ansätze aufzeigt, sie zu
überwinden.
15 Feb 2018
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## AUTOREN
Knut Henkel
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