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# taz.de -- Zweite S-Bahn-Stammstrecke in München: Der Trend geht zum Zweittun…
> Der Bau hat längst begonnen. Trotzdem versuchen Hauseigentümer weiterhin,
> ein S-Bahn-Milliardenprojekt gerichtlich zu verhindern.
Bild: Viele Münchner versuchen noch immer, das Projekt zu stoppen, obwohl der …
München taz | Es geht um viel Lärm und Dreck an diesem Mittwoch im
Sitzungssaal 5 des Verwaltungsgerichts München. Lärm und Dreck, mit dem
Anwohner über Jahre zu rechnen haben, während Bayerns derzeit größtes
Verkehrsprojekt, die zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn, gebaut wird.
Spatenstich war 2017, doch in diesem Jahr geht es richtig los. Dann fahren
die Laster auf, kommen Maschinen mit so schönen Namen wie Schlitzwandfräse,
Turmdrehkran und Bentonitanlage zum Einsatz.
Schallgutachter referierten vor dem 22. Senat des Bayerischen
Verwaltungsgerichtshofs über Bodenabsorptionswerte, Schallausbreitungswege
und Messverfahren, über ISO 9613-2 und VDI 2719. Nicht weniger als 78
Beweisanträge brachten die Kläger in das Verfahren ein. Die Kläger, das
sind die zwei Eigentümer eines Hauses am Orleansplatz, wo die neue
S-Bahn-Station des Ostbahnhofs gebaut werden soll, und eine
Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Häuser von den Arbeiten in den
Maximiliansanlagen am rechten Isar-Hochufer betroffen sind. Es ist ein
Kampf der Dreikäsehochs gegen Goliath: Beklagte ist die Bundesrepublik
Deutschland, Eigentümerin der S-Bahn-Betreiberin Deutsche Bahn.
„Nein, es geht nicht um Lärm und Dreck“, sagt Sabine Zimmermann, eine der
Klägerinnen. Für sie ist die Stammstrecke ein Unding. Sie stellt das ganze
Projekt infrage. In der Tat ist die Stammstrecke alles andere als
unumstritten. 15 Jahre dauert die Planungsphase nun, diskutiert wird über
den unterirdischen Bypass schon seit den frühen Neunzigern.
Denn mit der jetzigen elf Kilometer langen Stammstrecke zwischen Pasing im
Westen und dem Ostbahnhof hat man 1972 ein Nadelöhr geschaffen, das dem
Verkehrsaufkommen bereits nach kurzer Zeit nicht mehr gewachsen war. Fast
alle S-Bahnen Münchens verkehren auf dieser Strecke, knapp tausend am Tag.
## Fast doppelt so viele Züge wie bisher
Zwischen Ost- und Hauptbahnhof soll die neue Stammstrecke nun für
Entlastung sorgen. Sieben Kilometer lang, vierzig Meter tief, derzeit vier
Milliarden Euro teuer. Hier sollen Expresslinien verkehren, außer dem
Marienhof wird es keinen Zwischenhalt geben. Insgesamt, so rechnen die
Planer vor, könnten fast doppelt so viele Züge wie bisher fahren.
Zu den Pluspunkten zählen die Befürworter auch Verbesserungen für die
Umlandgemeinden. So soll der heute übliche 20-Minuten-Takt dort teilweise
durch einen 15- oder 10-Minuten-Takt ersetzt werden. Und auch die
Flughafenanbindung, in München beliebtes Thema hämischer Kommentare, soll
besser werden. Nur noch 28 Minuten dauert es dann vom Marienhof zum
Flughafen. Bisher dauert die Fahrt ab Hauptbahnhof rund 40 Minuten.
Die Kritiker sind zahlreich. Sie stoßen sich an den immensen Kosten und
daran, dass nur das Nadelöhr vergrößert werde, weiterhin aber alle
Fahrgäste durch die City geschickt werden. Die Hauptprobleme sehen sie
jedoch in den Außenbezirken. Eine Ringbahn und der Ausbau der
S-Bahn-Außenäste seien wirksamer, wenn man der Pendlerflut Herr werden
wolle.
Privat- und Geschäftsleute zogen vor Gericht. Mehr als zwei Dutzend
Prozesse sind mittlerweile abgeschlossen, teils wurde das
Eisenbahn-Bundesamt zum Schutz der Anwohner verpflichtet. Nur für den
Stadtteil Haidhausen sind noch zwei Klagen anhängig, die nun in dem
Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof verhandelt werden.
## Die Münchner haben die schlimmsten Staus
Auf einem der Tische im Saal liegt die Abendzeitung. Schlagzeile: „Raus aus
der Stau-Falle!“ Es ist das Thema der Lokalnachrichten an diesem Tag. Eine
amerikanische Studie hat Daten über die Staus in der ganzen Welt vorgelegt.
Das Ergebnis: Die Münchner sind die Stau-Sieger unter den deutschen
Städten. Letztes Jahr standen sie im Schnitt rund 51 Stunden im Stau.
Für viele der Pendler sind öffentliche Verkehrsmittel derzeit keine
Alternative: [1][S- und U-Bahnen] sind zu den Stoßzeiten brechend voll, der
Verkehrskollaps ist allgegenwärtig. Zudem legen Störungen auf der
Stammstrecke immer wieder den gesamten S-Bahn-Verkehr lahm.
Mit dem Tunnelprojekt würden jährlich 300 Millionen Kilometer weniger mit
dem Auto gefahren, argumentieren die Planer der Bahn. Bei dieser Berechnung
gehen sie von 25.000 Pendlern aus, die mit der neuen Stammstrecke ab 2026
auf die Bahn umsteigen. Dieser Zahl steht eine andere gegenüber: 300.000.
So viele neue Einwohner soll München in zehn Jahren beherbergen – wenn das
jetzige Wachstum anhält.
8 Feb 2018
## LINKS
[1] /Ohne-Fahrkarte-in-Bus-und-Bahn/!5479879
## AUTOREN
Dominik Baur
## TAGS
München
Verkehr
Schienenverkehr
Öffentlicher Nahverkehr
Stadtplanung
Ausstellung
Bayern
Schwerpunkt Stuttgart 21
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