# taz.de -- Eurogruppe uneins über EU-Reform: Adieu, Macrons Visionen! | |
> Stabilität statt Solidarität: EU-Haushaltskommissar Oettinger schrumpft | |
> das neue Euro-Budget. Es gibt Streit um die Bankenunion und | |
> Währungsfonds. | |
Bild: Allein auf weitem Flur: Emmanuel Macron | |
Einen „neuen Aufbruch für Europa“ hat die Große Koalition in spe in Berlin | |
versprochen. Vor allem auf Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will man | |
zugehen. Bei der Reform-Agenda gebe es ein hohes Maß an Übereinstimmung mit | |
dem französischen Präsidenten“, sagte Kanzlerin Angela Merkel im | |
Video-Podcast. Doch bei der EU in Brüssel sieht das ganz anders aus. Der | |
deutsche Haushaltskommissar Günther Oettinger und der geschäftsführende | |
Bundesfinanzminister Peter Altmaier (beide CDU) bremsen Macrons Pläne | |
systematisch aus. Beim Treffen der Eurogruppe an diesem Montag droht Ärger. | |
Besonders weit gehen die Vorstellungen bei der Zukunft der Eurozone | |
auseinander. Macron fordert einen Euro-Finanzminister mit einem eigenen | |
milliardenschweren Budget. Damit ließen sich konjunkturelle Schocks | |
abfedern und Investitionen anstoßen, so Macron. Ziel sei eine „souveräne | |
Währungsunion“, ergänzt Finanzminister Bruno Le Maire. | |
Rückendeckung bekamen beide zuletzt von IWF-Chefin Christine Lagarde. Ein | |
Euro-Budget würde „eine antizyklische Finanzpolitik möglich machen, wenn | |
nötig“, sagte die mächtige Französin bei einem Treffen mit Le Maire in | |
Paris. Es gehe auch um mehr Solidarität in der Eurozone. | |
Doch Lagarde hat die Rechnung ohne Oettinger gemacht. Merkels Mann in | |
Brüssel ist – wie die Kanzlerin – strikt gegen ein eigenes Euro-Budget. | |
Stattdessen will er „mindestens“ 25 Milliarden Euro aus dem laufenden | |
EU-Budget abzwacken – allerdings erst ab 2021, und das auch noch verteilt | |
über sieben Jahre. | |
## Oettinger will „Strukturreformen“ fördern | |
„Lächerlich“, kritisiert der Finanzexperte der Linken, Fabio de Masi. So | |
kämen nur 0,03 Prozent des Eurozonen-BIPs zusammen – zu wenig. „Wer die | |
Binnennachfrage in der Eurozone schwächt und auf Leistungsbilanzüberschüsse | |
setzt, wird neue Schuldenkrisen provozieren“, warnt der frühere | |
Europaabgeordnete. | |
Auch Macrons Ziel, den Euro zu stabilisieren und Schocks abzuwehren, greift | |
Oettinger nicht auf. Die geplante neue Haushaltslinie ist für andere Zwecke | |
gedacht: Oettinger will Länder wie Bulgarien an den Euro heranführen und | |
„Strukturreformen“ fördern, also neoliberale Arbeitsmarkt- und | |
Rentenreformen mit EU-Geld versüßen. | |
Der CDU-Politiker folgt damit einer umstrittenen Idee von Merkel. Auf dem | |
Höhepunkt der Eurokrise wollte sie Länder wie Spanien oder Italien durch | |
sogenannte Reformverträge zum Umbau der Wirtschaft bewegen. Der Vorschlag | |
stieß auf Widerstand im Europäischen Rat. Nun kommt er durch die Hintertür | |
der EU-Kommission zurück. | |
Auch Merkels Fiskalpakt, mit dem alle Euro-Länder zur „Schwarzen Null“ | |
verpflichtet werden sollen, steht auf der Agenda der Brüsseler Behörde. | |
Wenn es nach Oettinger geht, wird er sogar EU-Recht. | |
Auch Interims-Finanzminister Altmaier bremst französische Forderungen aus. | |
„Ich hatte die ehrenvolle Aufgabe, manche überzogenen Erwartungen zu | |
dämpfen“, sagte Merkels rechte Hand nach dem letzten Treffen der Eurogruppe | |
Ende Januar. Damals ging es vor allem um die Bankenunion. | |
## Altmaier hat es nicht eilig | |
Deutschland steht bei der gemeinsamen Einlagensicherung für die Banken der | |
Eurozone seit Jahren auf der Bremse. Spätestens beim EU-Gipfel im Juni | |
müsse die Bankenunion vollendet werden, erklärte Finanzminister Le Maire. | |
Doch Altmaier hat es nicht eilig. Bis zur Umsetzung könnten zehn Jahre | |
vergehen, sagte er. Erst müssten die Banken ihre faulen Kredite abbauen. | |
Auch am Montag werden die unterschiedlichen Vorstellungen aufeinander | |
prallen. Im Vordergrund steht der Euro-Rettungsfonds ESM. Deutschland | |
möchte ihn zu einem Europäischen Währungsfonds ausbauen, doch auch der | |
hängt im deutsch-französischen Hickhack fest. | |
Berlin hält am deutschen Vetorecht für Hilfskredite an strauchelnde | |
Euroländer fest. Paris fordert künftige Mehrheits-Entscheidungen, um | |
schneller helfen zu können. Dahinter stehen unterschiedliche Visionen für | |
die Eurozone – Berlin betont die Stabilität, Paris fordert mehr | |
Solidarität. | |
Eine Einigung zeichnet sich nicht ab. Doch immerhin steht die Reform des | |
ESM nun offiziell auf der EU-Agenda. Von Macrons hochfliegenden Plänen | |
hingegen ist nicht viel übrig geblieben. Über den Euro-Finanzminister wird | |
nicht einmal mehr diskutiert. | |
19 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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