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# taz.de -- Kolumne Leuchten der Menschheit: Tee predigen, Wein saufen
> Nicht singen, kein Sex: Die Autorinnen Fariba Vafi und Dima Wannous
> sprechen über die Eigenheiten regionaler Regime sowie Literatur.
Bild: Dima Wannous und Fariba Vafi mit Übersetzerin Jutta Himmelreich, Frankfu…
Jedes Land, jede Öffentlichkeit bringt gewisse Eigenheiten hervor.
Minderheiten ringen mit Mehrheiten und umgekehrt, roh oder gesittet, je
nach Stand gesetzlich verankerter demokratischer Rechte. Am letzten
Wochenende umschrieb die iranische Schriftstellerin Fariba Vafi auf den
Litprom-Literaturtagen in Frankfurt am Main die Spielregeln der Zensur im
Iran (ihr Roman „Tarlan“ erschien 2015 im Sujet Verlag).
So sollte im iranischen Gottesstaat eine Frau nicht einmal fiktional aus
einer Menschenmenge heraus singend dargestellt werden. Die religiösen
Autoritäten könnten dies für unangemessen halten. In der iranischen
Literatur gibt es auch keine Weintrinker. In der Fiktion konsumieren alle
nur Tee. Auch wenn die Fakten andere sind, sich das halbe Land regelmäßig
privat besäuft, viele Heroin schnüffeln. Darüber spricht besser nicht
öffentlich, wer wie Vafi weiterhin im Iran leben und schreiben möchte.
Die Litprom-Literaturtage 2018 standen unter dem Motto „Kartographien des
Weiblichen“. Im Frankfurter Literaturhaus diskutierten Autorinnen, aus
Senegal, Indonesien, Indien oder Argentinien. So kam auch die Syrerin Dima
Wannous mit der Iranerin Vafi in den öffentlichen Austausch. Wannous
(„Dunkle Wolken über Damaskus“, Nautilus 2014) lebt zurzeit im Londoner
Exil. Sie gehört der laizistischen syrischen Opposition an. Und kann sich
in Vafi, die preisgekrönte iranische Schriftstellerin, hineinversetzen,
vermeidet daher zu heikle Themen. Ihr gemeinsames Gespräch funktioniert
über vielsagende Auslassungen.
Über sich selbst und Syrien spricht Wannous hingegen relativ offen. Eine
oppositionelle Öffentlichkeit und Kultur kann dort im Inland nur noch unter
prekärsten Bedingungen im Untergrund existieren.
Probleme mit religiös-nationalistischen oder autoritär-patriarchalen
Strukturen kennt auch die indonesische Schriftstellerin Laksmi Pamuntjak.
Ihr Roman „Alle Farben Rot“ erschien 2015. Indonesien, der Staat mit der
größten islamischen Bevölkerung der Welt, war damals Ehrengast der
Frankfurter Buchmesse. Seit 2015 hat sich die Lage dort aber eher
verschlechtert und zugespitzt.
Islamisten und korrupte Eliten bedingen sich gegenseitig. Beliebtes
Angriffsziel ist die hedonistische städtische Mittelschicht, der auch
Pamuntjak angehört, die mit Blasphemie-Paragrafen und Scharia-Moral
bedrängt wird.
Was tun?
Meena Kandasamy („Fräulein Militanz“, Wunderhorn 2014) plädierte in
Frankfurt für eine radikale Auseinandersetzung mit patriarchalen
Traditionen. Sie bekämpft das indische Kastensystem, lustvoll, frech,
literarisch souverän. Solidarität erfährt auch sie aus dem Ausland. Diese
sowie der internationale Kulturaustausch sind bedeutende Verstärker. Lesen
kann durchaus politisch sein.
3 Feb 2018
## AUTOREN
Andreas Fanizadeh
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