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# taz.de -- Aufgelöste Kurden-Demo in Köln: 20.000 gegen Erdoğan
> Tausende Menschen haben gegen den Angriff der Türkei auf Kurden in Syrien
> demonstriert. Wegen zahlreicher PKK- Symbole löste die Polizei die Demo
> auf.
Bild: „Ein Kniefall vor Erdoğan“: Die Polizei beendete die Demo wegen PKK-…
Köln taz | Linkspartei-Chefin Katja Kipping steht in Sichtweite des Köln
Doms neben einem riesigen Wasserwerfer. Mehr als 20.000 Menschen
protestieren am Samstag am Rhein gegen den türkischen Militäreinsatz im
kurdischen Nordsyrien – doch die Polizei hat ihre Demonstration angehalten
und dann aufgelöst.
Vor dutzenden JournalistInnen macht Kipping deshalb ihrem Ärger Luft: „Ein
Kniefall vor Erdoğan“ sei das Kundgebungsverbot. Der autoritäre türkische
Staatschef führe gegen die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt Afrin
einen „Vernichtungs-Angriffskrieg“, donnert die Parteivorsitzende. Eine
Verurteilung der Invasion durch die Bundesregierung sei überfällig – ebenso
wie der Rückzug deutscher Soldaten aus „Awacs“-Aufklärungsflugzeugen der
Nato, mit deren Informationen die türkische Militärführung ihren Vormarsch
plane.
Die DemonstrantInnen aber können Kippings Kritik nicht hören. Von
Polizeiketten abgeriegelt und von Hundertschaften eingekesselt stehen sie
gegen halb drei am Nachmittag wenige Meter entfernt auf der Zeughausstraße.
Trotz Verbots haben sie zuvor hunderte Fahnen mit dem Bild von PKK-Führer
Abdullah Öcalan geschwenkt – die in der Türkei verbotene Arbeiterpartei
Kurdistans wird auch in der Bundesrepublik als terroristische Vereinigung
eingestuft.
Der Polizeikessel ist deshalb ein Ende mit Ansage: Wegen verbotener Symbole
hat sich der Demo-Zug schon am Mittag mit einer Stunde Verspätung in
Bewegung gesetzt. „Jeder darf hier demonstrieren – sobald die Öcalan-Fahnen
raus sind“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Baldes dazu.
## Volksfeststimmung auf der Demo
Dabei bleibt die Protestaktion, zu der die PKK-nahe Kurdenorganisation Nav
Dem aufgerufen hat, weitgehend friedlich. Zwar hat der Bundesvorsitzende
der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, schon am Freitag vor
„kurdischen Aktivisten, teils unterstützt von womöglich gewaltbereiten
Demonstranten aus der linksextremen Szene“, gewarnt – doch von Gewalt ist
auf dem Kölner Ebertplatz in Sichtweite des Hauptbahnhofs schon am Morgen
nichts zu spüren.
Stattdessen herrscht beinahe Volksfeststimmung: Viele der DemonstratInnen
mit zumeist kurdischem Migrationshintergrund freuen sich einfach, dass der
hunderte Meter weite Platz prall gefüllt ist. Von einem zum
Lautsprecherwagen umfunktionierten alten Mercedes-LKW kritisieren
RednerInnen die Offensive des „türkischen Faschisten Erdoğan“ gegen Afrin
immer wieder scharf: Das Militärbündnis „Demokratische Kräfte Syriens“,
dessen Kern die Kurdenmiliz YPG stellt, klagte bereits am Freitag über 59
tote und 134 verletzte ZivilistInnen, darunter auch Frauen und Kinder.
Erdoğan sei selbst „Terrorist“, „Frauenmörder“, „Kindermörder“, …
die DemonstratInnen deshalb, viele von ihnen schwenken auch Fahnen der YPG.
Der türkische Präsident beteuert dagegen, sein Militär habe „kein Blut von
Frauen, kein Blut von Unschuldigen an den Händen, und das wird auch nie
passieren“. Ziel der türkischen Offensive sei es aber, die gesamte,
faktisch unter kurdischer Selbstverwaltung stehende Region Rojava, in der
Afrin liegt, bis zur irakischen Grenze „von Terroristen säubern“ zu wollen.
Allerdings kommt die türkische Armee trotz massiver Überlegenheit durch
Panzer und Kampfflugzeuge in Nordsyrien offenbar nur langsam voran.
Eingesetzt werden dabei auch von Deutschland gelieferte Panzer vom Typ
Leopard 2. In der Kritik der Kölner DemonstrantInnen steht deshalb auch die
Politik der SPD: „Herr Gabriel, was haben Sie dem türkischen Außenminister
außer Tee noch angeboten“, fragt ein Transparent. „SPD-Friedenspolitik =
Waffenexporte für 25 Milliarden“ steht auf einem anderen.
## Kein Deal mit der Polizei
SPD-Außenminister Sigmar Gabriel hatte zuvor Vorwürfe zurückgewiesen, er
habe seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu im Austausch gegen in
der Türkei festgehaltene Deutsche wie den Journalisten Deniz Yücel eine
Nachrüstung der Leopard-Panzer angeboten. Die von Deutschland gelieferte
Leopard-Version 2A4 gilt als anfällig gegen Panzerabwehrraketen und Minen –
Waffen also, über die auch die kurdische YPG verfügt. Auch [1][Yücel selbst
hat erklärt], er stehe „für schmutzige Deals nicht zur Verfügung.“
Auch in Köln wollen die DemonstrantInnen zunächst keinen Deal. Auf das
Angebot der Polizei, sie ohne Öcalan-Fahnen weiterziehen zu lassen, gehen
sie nicht ein, harren stattdessen mehr als zwei Stunden auf der
Zeughausstraße aus. Den Kessel dürfen sie danach nur durch ein schmales
Spalier aus PolizistInnen verlassen. Viele ziehen danach noch einmal zum
Ebertplatz. Auch hier sind wieder viele Öcalan-Fahnen zu sehen. Aber die
interessieren offenbar niemanden mehr.
28 Jan 2018
## LINKS
[1] /Deniz-Yuecel-ueber-moegliche-Freilassung/!5478153
## AUTOREN
Andreas Wyputta
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