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# taz.de -- Entschädigung für algerische Juden: Späte Gerechtigkeit für Ver…
> Deutschland erklärt sich zu Zahlungen an jüdische Opfer des Vichy-Regimes
> bereit. Etwa 2.000 Juden wurden innerhalb Algeriens deportiert.
Bild: Französische und deutsche Soldaten haben miteinander kooperiert.
Mehr als 75 Jahre nach der Befreiung erhalten algerische Juden eine
Entschädigung für ihre Verfolgung durch den deutschen Staat. Die Claims
Conference teilte am Montag mit, man habe sich mit der Bundesregierung auf
eine einmalige Zahlung von jeweils 2.556 Euro verständigt. Die Summe
entspricht den 5.000 DM, die Deutschland ab 1980 in einer Härtefallregelung
an zuvor nicht entschädigte osteuropäische Juden zahlte.
Der Einigung gingen nach Angaben der Claims Conference jahrelange
Verhandlungen voraus. Von der nun getroffenen Regelung dürften etwa 25.000
algerische Juden profitieren, von denen die meisten in Frankreich leben.
Rund 3.900 Betroffene wohnen in Israel. Die allermeisten Überlebenden sind
allerdings längst verstorben.
Die 1951 gegründete Conference on Jewish Material Claims against Germany,
kurz Claims Conference genannt, ist der jüdische Dachverband für die
Durchsetzung von Forderungen der Holocaust-Überlebenden oder deren Erben.
Dank ihrer Hilfe profitieren nicht nur Einzelpersonen, auch Institutionen
wie Altersheime werden unterstützt.
Der konkrete Fall betrifft Juden, die zwischen Juli 1940 und November 1941
in Algerien lebten. „Dies ist eine lange überfällige Anerkennung für eine
große Gruppe von Juden in Algerien, die unter antijüdischen Maßnahmen von
Nazi-Verbündeten wie dem Vichy-Regime litten“, sagte Greg Schneider,
Vizepräsident der Claims Conference dazu. Die Überlebenden aus Algerien
seien die vermutlich letzte große Gruppe, die eine solche Entschädigung von
Deutschland erhalten werde, sagte er der israelischen Zeitung Haaretz.
Kollektiver Entzug der Staatsbürgerschaft
Die algerischen Juden fielen ab 1940 unter die Herrschaft des Vichy-Regimes
im unbesetzten Teil Frankreichs, das eng mit Nazi-Deutschland kooperierte.
Entsprechend übernahmen die französisch-algerischen Behörden auch die
antisemitischen Bestimmungen aus Vichy: So wurde ihnen 1940 kollektiv die
französische Staatsbürgerschaft entzogen.
Bei der Definition, wer als Jude einzuschätzen sei, ging Vichy unter
Marschall Philippe Pétain nach rassistischen Kriterien vor, sodass auch zum
Christentum oder dem Islam konvertierte Juden den antisemitischen Gesetzen
unterlagen.
Die algerischen Juden wurden aus dem öffentlichen Dienst ausgeschlossen,
aber auch aus der Armee, den Medien, der Filmindustrie und dem Theater.
Juden sollten aus Banken, Versicherungsgesellschaften und der Börse
entfernt werden; dazu gründete das Kolonialregime ein „Arisierungs“-Büro.
Nicht einmal in Frankreich, wohl aber in Algerien wurde jüdischen Kindern
verboten, weiterführende Schulen zu besuchen.
Deutschland trägt die Verantwortung
Etwa 2.000 Juden deportierte das Regime in Arbeits- und Konzentrationslager
innerhalb Algeriens. Viele starben dort an Misshandlungen, andere an
Seuchen oder den grausamen Lebensbedingungen. Erst die Eroberung Algeriens
durch US-amerikanische Truppen im November 1942 beendete das Leid der
algerischen Juden, wiewohl manche Verfolgungen noch bis 1944 anhielten.
Die Deutschen hatten es nicht nötig, ihre französischen Verbündeten zur
antisemitischen Politik zu zwingen. Das erledigten die Kollaborateure in
Algier und Vichy ganz von selbst. Es ist aber unbestritten, dass
Deutschland letztlich die Verantwortung für die Zustände auch in Algerien
zukommt, weil die Existenz des Vichy-Regime eine Folge der deutschen
Eroberungskriege war.
Rüdiger Mahlo von der Claims Conference in Deutschland begrüßte die Zahlung
als „kleinen Teil der Gerechtigkeit, die diese Überlebenden verdient
haben“.
5 Feb 2018
## AUTOREN
Klaus Hillenbrand
## TAGS
Entschädigung
Jewish Claims Conference
NS-Verfolgte
NS-Opfer
Holocaust
Algerien
Besatzung
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Ghetto
Holocaust
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