| # taz.de -- Flüchtlingspolitik der Großen Koalition: Training für den SPD-Pa… | |
| > Der Bundestag debattiert über den Familiennachzug für Flüchtlinge. Die | |
| > SPD verteidigt das Sondierungsergebnis, ärgert sich aber über die Union. | |
| Bild: Verteidigen die Groko-Kompromisse: Eva Högl und Andrea Nahles (SPD) am F… | |
| Berlin taz | Eva Högl klingt am Freitag, als würde sie schon mal für den | |
| Parteitag am Sonntag trainieren. Die Innenpolitikerin der SPD rechtfertigt | |
| im Bundestag, was sie selbst in den Sondierungen mit der Union zur | |
| Flüchtlingspolitik vereinbart hat. „Natürlich ist aus SPD-Sicht das | |
| Ergebnis nicht zufriedenstellend“, sagt sie. „Aber immerhin ist es, wenn es | |
| dazu kommt, ein Kompromiss, mit dem Familiennachzug für subsidiär | |
| Schutzberechtigte wieder möglich sein wird.“ Ein bisschen ist besser als | |
| gar nichts, das ist die Botschaft der Groko-Befürworterin an ihre Partei. | |
| Zehntausende Flüchtlinge warten in Deutschland darauf, ihre Partner, Kinder | |
| oder Eltern aus dem Ausland nachholen zu dürfen. Für Ausländer mit | |
| subsidiärem Schutzstatus (zum Großteil Syrer) ist das Recht auf diesen | |
| Nachzug nämlich seit März 2016 ausgesetzt. In den Sondierungen einigten | |
| sich Union und SPD darauf, ihn wieder zu erlauben – allerdings erst ab | |
| August und nur für maximal 1000 Menschen im Monat. | |
| Im Bundestag steht das Thema am Freitag auf der Tagesordnung, weil die | |
| bisherige Aussetzung am 16. März ausläuft. Würde bis dahin nichts | |
| passieren, dürften bis zur geplanten Neuregelung im Sommer unbegrenzt viele | |
| Familienangehörige einreisen. Um das zu verhindern, haben CDU und CSU jetzt | |
| beantragt, die Aussetzung noch einmal zu verlängern. | |
| Auch dieser Schritt steht im Sondierungspapier. Trotzdem ärgern sich viele | |
| in der SPD-Fraktion über das Vorgehen der Union: Erstens hätten die | |
| Sozialdemokraten das Thema gern auf die nächste Sitzungswoche und damit auf | |
| die Zeit nach ihrem Parteitag verschoben. Zweitens stören sie sich an den | |
| Details des Antrags von CDU und CSU. | |
| Wie lange die Aussetzung gelten soll, ist darin nicht verbindlich | |
| festgeschrieben. Laut Högl wird die SPD aber nur zustimmen, wenn als Frist | |
| „das Datum 31.7. ganz fest vereinbart wird damit wir keine Aussetzung bis | |
| in alle Ewigkeit bekommen“. Außerdem fordert sie, dass die Behörden schon | |
| ab März wieder Anträge der Betroffenen annehmen und bearbeiten, so dass die | |
| ersten Angehörigen im Falle einer Neuregelung tatsächlich ab August | |
| einreisen könnten. Beide Punkte werden nun Thema im Hauptausschuss, in den | |
| der Bundestag den Antrag nach der Debatte überweist. | |
| ## Innenminister gegen Integration | |
| Im Plenarsaal verteidigt zuvor Thomas de Maizière (CDU) die geplante | |
| Begrenzung des Nachzugs auf 1.000 Personen im Monat. „Wer Angehörige | |
| nachholt, dessen Aufenthalt verfestigt sich“, sagt der Innenminister. | |
| Abschiebungen würden dadurch erschwert. Zudem würde es eine „Sogwirkung“ | |
| entfalten, wenn Deutschland den Nachzug wieder unbegrenzt erlaubt. | |
| Eigene Anträge zum Thema brachten die Oppositionsparteien ein. Die AfD | |
| fordert, das Recht auf den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte | |
| komplett zu streichen. Die FDP fordert eine Härtefallregelung, in der | |
| Einzelfälle geprüft werden. Die festen Kontingente aus dem | |
| Sondierungspapier lehnt sie ab. „1.000 kann mal zu viel sein, 1.000 kann | |
| mal zu wenig sein. Es kann mal mehr als 1.000 Härtefälle geben, es kann mal | |
| weniger geben“, sagt der Abgeordnete Stephan Thomae. | |
| Linkspartei und Grüne wiederum fordern in ihren Anträgen, den | |
| Familiennachzug überhaupt nicht mehr zu beschränken. „Wer das Grundrecht | |
| auf Familienschutz hier in Frage stellt, spaltet nicht nur unsere | |
| Gesellschaft, sondern macht auch jegliche Integration kaputt“, sagt Ulla | |
| Jelpke (Linke). Katrin Göring-Eckardt (Grüne) forderte dazu auf, sich in | |
| die betroffenen Menschen hineinzuversetzen. „Was wäre denn, wenn es mein | |
| Kind wäre, meine Frau wäre, mein Mann wäre? Keine Landtagswahl in Bayern | |
| und kein Parteitag kann wichtiger sein als diese Frage“, sagt sie. | |
| 19 Jan 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Tobias Schulze | |
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