# taz.de -- Kolumne Geht’s noch?: Deutschland wird zur Falle | |
> Der Familiennachzug bleibt beschränkt. Das vergeudet die Lebenszeit von | |
> Frauen und Kindern im Ausland. Und von den Vätern in Deutschland. | |
Bild: Den Migrationspolitikern aus Union und SPD geht es nicht um Integration | |
Nur mal zum Nachrechnen: Mindestens 60.000 EhepartnerInnen und Kinder von | |
Flüchtlingen, die in Deutschland subsidiären Schutz genießen, warten im | |
Ausland darauf, zu ihren Angehörigen, meist den Ehemännern und Vätern, | |
ziehen zu können. Kommt eine Große Koalition, wird der Familiennachzug auf | |
12.000 Personen im Jahr beschränkt. Geht man nur nach Wartezeit, könnte | |
dann erst nach fünf Jahren die letzte Ehefrau, das letzte Kind aus der | |
Gruppe dieser subsidiären Flüchtlinge nach Deutschland kommen und hier mit | |
Weiterbildung oder Schule anfangen. Fünf Jahre Lebenszeit sind dann | |
verloren. Fünf Jahre, in denen das Kind hätte Deutsch lernen, den hiesigen | |
Unterrichtsstoff hätte pauken können. Die Chancen auf eine qualifizierte | |
Ausbildung wären mit diesen fünf Jahren Schulzeit viel besser gewesen. | |
Das wissen natürlich auch die Migrationspolitiker aus Union und SPD. Aber | |
sie wollen gar nicht mehr so viele Menschen integrieren, im Gegenteil: | |
Möglichst viele der Flüchtlinge, die subsidiären Schutz genießen, sollen | |
möglichst schnell zurück ins Herkunftsland. Und möglichst wenige Menschen | |
aus Kriegs- und Krisengebieten sollen noch nach Deutschland kommen. | |
Die Kehrtwende ist so radikal, dass sich viele Flüchtlinge durch die | |
Aussetzung und dann durch die mögliche Beschränkung des Nachzugs getäuscht | |
fühlen. Es sind Leute, die ihren Besitz verkauft haben, um Schlepper zu | |
bezahlen, die den Berichten über Arbeitskräftemangel und Integrationskurse | |
in Deutschland glaubten und jetzt hier sind ohne Familienperspektive. | |
Während im Herkunftsland immer noch kein Frieden herrscht. | |
Zwar kann man die Migrationspolitiker verstehen, die keine so hohen | |
Flüchtlingszahlen wie im Herbst 2015 mehr wollen und Wert darauf legen, | |
Begrenzungssignale zu senden; aber man hätte über eine Stichtagsregelung | |
sprechen können, ähnlich wie sie auch von OECD-Migrationsexperten | |
vorgeschlagen wurde: Wer bis Ende des Jahres 2017 kam und subsidiären | |
Schutz erhielt oder erhält, darf die Familie nachholen. Ab dann wird es | |
schwieriger. | |
Aber um Lösungen dieser Art geht es nicht mehr. Für viele der hier lebenden | |
Geflüchteten gilt stattdessen: „Geht möglichst bald wieder dorthin zurück, | |
wo ihr herkommt!“ Wer hier in Deutschland viel Lebenszeit darauf verwenden | |
soll, eine schwierige Sprache zu lernen, die fast nirgendwo sonst auf der | |
Welt von Nutzen ist, der muss sich betrogen fühlen. Deutschland ist nicht | |
nur kein Paradies. Ohne die Möglichkeit, die Familie nachzuholen, wird es | |
für Geflüchtete zur Falle. | |
20 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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