# taz.de -- Winterklausur der CSU in Kloster Banz: Söder kümmert sich jetzt | |
> Wohnen, pflegen, abschieben: Markus Söder startet ins bayerische | |
> Wahljahr. Populistische Parolen vermeidet er. Hat sich da einer neu | |
> erfunden? | |
Bild: Gibt sich den Anschein eines Fürsorglichen, der nur das Land im Blick ha… | |
BAD STAFFELSTEIN taz | Das hätte man nicht von ihm gedacht: Da hat er das | |
Amt noch gar nicht mal angetreten, und schon denkt Markus Söder wieder ans | |
Aufhören. Zehn Jahre seien ja nun wirklich genug, meint der designierte | |
bayerische Ministerpräsident. Deshalb schlägt er jetzt eine | |
Verfassungsänderung vor, um die Amtszeit des Regierungschefs im Freistaat | |
entsprechend zu begrenzen. Es gebe da ja auch in anderen Ländern eine „gute | |
Form der demokratischen Tradition“, in den USA etwa oder Frankreich. Zehn | |
Jahre seien eine gute Zeit, sagt der 51-Jährige. Und: „Was man in zehn | |
Jahren nicht schafft, ist dann wahrscheinlich auch später nicht mehr | |
möglich.“ | |
Schon bei der Landtagswahl im Herbst möchte Söder mittels eines parallelen | |
Volksentscheids die Zustimmung des Volkes dazu einholen. Die von SPD, | |
Freien Wählern und Grünen scheint er schon zu haben. Der Wechsel gehöre zur | |
Demokratie, sagt Söder – ein Satz, den man in Bayern öfter hört, allerdings | |
eher von der Opposition. Schließlich regiert hier die CSU seit über 60 | |
Jahren ohne Unterbrechung. Die Amtszeitbegrenzung sei ein Signal für mehr | |
Demokratie, meint Söder, auch ein Signal nach Deutschland. Aber nein, als | |
Ratschlag an die Kanzlerin, solle seine Initiative nicht verstanden werden. | |
Den Vorstoß macht der künftige Ministerpräsident gleich zu Beginn der | |
Winterklausur der CSU-Landtagsfraktion in Kloster Banz und setzt damit | |
schon mal die neue Tonart fest. Hier präsentiert sich ein Söder, den man so | |
bisher nicht kannte; einer, der spätestens seit der krachenden Niederlage | |
der CSU bei der Bundestagswahl eine bemerkenswerte Metamorphose | |
durchgemacht hat. Als er merkte, dass das Ziel der | |
Ministerpräsidentenwerdung nun doch in greifbare Nähe rücken würde, | |
schaltete der ehemalige Polterer in den neuen Modus um, gab sich betont | |
staatsmännisch, geradezu unüberhörbar leise. Seine Äußerungen waren wohl | |
bedacht, fast schon diplomatisch. | |
„Bavaria First“, die von Horst Seehofer ausgegebene Parole, nein, das sei | |
nicht sein Stil, verkündete er etwa, das habe etwas von Ausgrenzung. Oder: | |
Es gebe nur einen bayerischen Ministerpräsidenten, keinen fränkischen oder | |
oberbayerischen. Man müsse die Transparenz erhöhen, wieder näher an den | |
Bürger ran; und natürlich zielt auch der überraschende Vorstoß der | |
Amtszeitbegrenzung in diese Richtung. | |
## Programmatisches Feuerwerk | |
Es soll nicht die Person sein, die im Vordergrund steht, und schon gar | |
nicht die seine. Und natürlich fällt dabei immer wieder das Wort „Demut“, | |
Söders neue Lieblingsvokabel. Im Machtkampf mit Noch-Ministerpräsident | |
Seehofer dürfte er im Hintergrund durchaus eine maßgebliche Rolle gespielt | |
haben, in der Öffentlichkeit hielt er sich zurück. Nur ein einziges Mal, es | |
war bei der Landesversammlung der Jungen Union, ließ er sich hinreißen: Als | |
die Parteijugend Schilder mit der Aufschrift „MP Söder!“ in die Kameras | |
hält, stellt er sich neben sie und lobt sie als „Rückgrat in der Partei“. | |
Banz nun, das hat Söder mit seinem baldigen Vorgänger vorab so vereinbart, | |
sollte sein erster großer Auftritt als Ministerpräsident in spe werden. Die | |
Bühne in dem ehemaligen oberfränkischen Kloster gehört allein ihm. Seehofer | |
schaute nur am Dienstag mal kurz vorbei, informierte die Abgeordneten über | |
die Sondierungsgespräche in Berlin, und reiste noch am gleichen Tag wieder | |
ab. Die Staatskanzlei rufe. | |
„Ausblick auf die Landtagswahl“ heißt der Tagesordnungspunkt schlicht, den | |
die Fraktion für Donnerstag, 10 Uhr, angesetzt hat. Referent: | |
„Staatsminister Dr. Markus Söder, MdL; Spitzenkandidat für die Landtagswahl | |
2018“. Doch der Vortrag hat es in sich. Denn es ist ein programmatisches | |
Feuerwerk, das Söder hier zündet. | |
„Wir können es schaffen“ | |
„Bayern geht’s super, aber nicht jedem geht’s super in Bayern“, ist Sö… | |
Leitsatz. Als Ministerpräsident will er sich vor allem derer annehmen, | |
denen es nicht so super geht. Söder, der Kümmerer – das ist das neue Bild, | |
das der Franke von sich zeichnet und mit dem er in den Wahlkampf ziehen | |
möchte – vor allem gegen die AfD, der auch in Bayern ein zweistelliges | |
Ergebnis prognostiziert wird. | |
„Wir wollen einen Aufbruch, wir trauen uns und wir können es schaffen“, | |
wird er von Teilnehmern der Sitzung zitiert. „Ziel muss sein: Wir | |
interessieren uns nicht nur für uns, sondern wir kümmern uns um die | |
Probleme der Menschen.“ Mittags tritt Söder dann gemeinsam mit | |
Fraktionschef Thomas Kreuzer vor die Presse und präsentiert auch hier | |
seinen „Zehn-Punkte-Plan“. | |
Das Programm, das sich Söder vorgenommen hat, ist Landespolitik pur. Ein | |
Schwerpunkt: der angespannte Immobilienmarkt. Eine staatliche | |
Wohnungsbaugesellschaft soll für 20.000 neue Wohnungen in Bayern sorgen, | |
4.000 davon sollen schon in den kommenden zwei Jahren entstehen, etwa auf | |
dem Areal der Münchner McGraw-Kaserne. Aber auch der Hausbau soll mit einer | |
Eigenheimzulage und einem Baukindergeld gefördert werden. | |
Die Zahl der Hospizplätze in Bayern will Söder verdoppeln, ein neues | |
Landesamt für Pflege soll die Ausbildung koordinieren, wer Angehörige zu | |
Hause pflegt, mit einem Landespflegegeld unterstützt werden. Den | |
Öffentlichen Personennahverkehr will Söder „gesamtbayerisch“ denken und | |
„total digital vernetzen“. Einheitliche Tickets in ganz Bayern, W-Lan in | |
Bussen und Regionalbahnen stehen hier auf Söders Agenda – auch wenn er | |
zugibt, dass das ein langfristiges Unterfangen sei. | |
Schnellere Abschiebungen und ein Bayern-BAMF | |
Bei der Forschung zum Thema Artenschutz soll Bayern einen Spitzenplatz | |
einnehmen, Glyphosat will Söder noch schneller vom Acker verbannen als der | |
Bund, und Start-Ups können sich auf ein „bürokratiefreies erstes Jahr“ | |
freuen. Und in der Staatskanzlei soll es künftig einen Bürgerbeauftragten | |
geben. Die Botschaft ist klar: Hier kommt einer, der nicht nur redet, | |
sondern der auch was tut. | |
Natürlich fordert Söder auch mehr Polizeipräsenz in den Innenstädten oder | |
schnellere Abschiebungen; eine eigene Zentralstelle für Asyl und | |
Abschiebung, „eine Art Bayern-BAMF“, soll sie sicherstellen. Darüber hinaus | |
soll es eine eigene, aus 500 Beamten bestehende bayerische Grenzpolizei | |
geben. | |
Insgesamt 1000 neue Polizeistellen kündigt Söder dafür an. Es ist ein | |
Spagat: Einerseits will Söder dem neuen Image des Landesvaters entsprechen, | |
andererseits aber auch seinen bisherigen Markenkern nicht völlig aufgeben, | |
um seine besonders treue Anhängerschaft bei der Stange zu halten. | |
Aber die ganz starken Sprüche, das ist offensichtlich, will er künftig zu | |
einem großen Teil anderen überlassen. Generalsekretär Andreas Scheuer etwa | |
oder dem Chef der CSU-Landesgruppe, Alexander Dobrindt, [1][der sich jüngst | |
als „konservativ-bürgerlichen Revolutionär“ in Szene gesetzt hat]. Söder | |
spricht stattdessen lieber von Bürgernähe und Empathie. Aber natürlich auch | |
von der bayerischen Identität und davon, dass ihm Brauchtum und Tracht sehr | |
wichtig seien. Und dann versichert der Franke einer Reporterin des | |
Bayerischen Rundfunks noch, dass ihm die Lederhose sehr gut stehe. Sie | |
dürfte demnächst häufiger zum Einsatz kommen. | |
18 Jan 2018 | |
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[1] /Kommentar-Dobrindts-Konservatismus/!5472148 | |
## AUTOREN | |
Dominik Baur | |
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